Bewertung
Richard Eyre

Tagebuch eines Skandals

"Judas hatte die Würde sich selbst zu hängen, aber das nur Mätthäus zufolge, dem sentimentalsten der Apostel."

Foto: Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Inhalt

Barbara Covett (Judi Dench) ist ein Urgestein der St. George's School, von Kollegen geachtet und respektiert, bei den Schülern unbeliebt und gefürchtet, ein Drache wie er im Buche steht. Seit mehr als 30 Jahren unterrichtet sie das Fach Geschichte und hält es dabei nicht für nötig, etwas an ihrem Unterrichtsstil zu ändern. Abseits des Schulalltags ist ihr Leben trist, die alte Dame lebt allein mit ihrer Katze in einer Kellerwohnung und vertraut ihre Gedanken und Sehnsüchte statt einem Menschen lieber ihrem Tagebuch an.

Das ändert sich als Sheba Hart (Cate Blanchett) als Kunstlehrerin an die Schule kommt und sowohl das Lehrerkollegium als auch die Schüler mit ihrem engelhaften Auftreten verzaubert. Den harten Anforderungen des Schulalltags ist Sheba jdoch nicht gewachsen, weshalb sie auch froh ist als Barbara ihr eines Tages zur Hilfe kommt und ihre Schüler zur Räson bringt. Barbara fühlt sich immer mehr zu Sheba hingezogen und auch die junge Kunstlehrerin fasst mehr und mehr Vertrauen zu der alten Dame. Sie gesteht ihr, dass sie gern aus ihrem familiären Alltagstrott mit ihrem 20 Jahre älteren Mann (Bill Nighy) und ihren zwei Kindern ausbrechen würde.

Die scheinbar so unschuldige Freundschaft zwischen den beiden Frauen ändert sich schlagartig als Barbara bei einer Schulaufführung ihre Freundin mit dem 15-jährigen Schüler Steven Conolly (Andrew Simpson) erwischt und sie daraufhin zur Rede stellt. Sheba beichtet ihr die Affäre und ist überrascht als Barbara ihr verspricht, Stillschweigen zu wahren. Ihre wirklichen Motive hinter der scheinbar so großzügigen Geste erkennt Sheba freilich nicht. Für Barbara ist das die perfekte Gelegenheit die Freundschaft zu intensivieren, hat sie jetzt doch ein Druckmittel mit dem sie Sheba noch stärker an sich binden kann. Die Situation eskaliert jedoch als Sheba ihren Annäherungsversuchen zunehmend ausweicht und Barbara entdeckt, dass ihre Freundin die Äffäre mit ihrem Schüler nicht beendet hat. Die alte Dame setzt daraufhin alles daran, Shebas Leben komplett zu zerstören, um sie fortan ganz für sich allein zu haben.

"Tagebuch eines Skandals" basiert auf dem gleichnamigen Roman von Zoe Heller und wurde 2007 für vier Oscars nominiert.

Kritik

Schon die ersten Minuten des Films fesseln den Zuschauer. Mit viel Zynismus aus der Sicht von Barbara Covett erzählt, erkennt man sofort, dass mit der alten Dame nicht zu spaßen ist und man sie lieber nicht zur Feindin haben sollte. Allein schon wegen des schwarzen Humors lohnt es sich den Film anzusehen. Wer Judi Dench nur als M Darstellerin aus den Bond Filmen kennt, wird überrascht sein. Selten hat man die 72-jährige Engländerin in einer so düsteren Rolle gesehen. Und auch Cate Blanchett steht ihr schauspielerisch in nichts nach.

Der Film schafft es, dass man zeitweise Verständnis für Shebas Affäre mit ihrem Schüler (exzellent verkörpert durch Andrew Simpson) hat, aber man kann auch Barbaras Beweggründe für ihr Handeln nachvollziehen. Beide Frauen sehnen sich nach Liebe, Aufmerksamkeit und Zuneigung, und beide glauben, das in wesentlich jüngeren Partnern gefunden zu haben.

Mit der Zeit wird Barbaras Obsession gegenüber Sheba allerdings so stark, dass man Sheba vor dem Netz aus Intrigen, das die alte Lehrerin immer enger zieht, warnen möchte. Die Szene, in der Sheba endlich hinter die finsteren Machenschaften ihrer angeblich so guten Freundin kommt, gehört schauspielerisch zu den intensivsten, die man in den vergangenen Jahren auf der Leinwand bewundern durfte. Auch die Szenen, in denen sich Barbara und Sheba zärtlich berühren, werden dem Zuschauer in Erinnerung bleiben. Der Film ist bis zum Ende hin, das überaus geschickt die Handlung abrundet, so spannend, dass man es geradezu bedauert, dass der Streifen nur 92 Minuten lang ist. Sowohl Judy Dench (nominiert als "Beste Hauptdarstellerin") als auch Cate Blanchett (nominiert als "Beste Nebendarstellerin") hätten für ihre Rollen einen Oscar mehr als nur verdient gehabt.

Fazit

Wer schon immer einmal in die Abgründe der menschlichen Seele blicken wollte, für den ist dieser Film genau das Richtige. Selten ist es einem Regisseur so gut gelungen, aus einer Buchvorlage einen so bemerkenswerten Film zu konzipieren.

Danielle Scherbaum - myFanbase
01.03.2007

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