Bewertung
Peter Chelsom

Den Sternen so nah

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Den Sternen so nah
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Inhalt

Nathaniel Shepard (Gary Oldman) hat mit seinem Raumfahrtunternehmen Genesis eine Möglichkeit für die NASA geschaffen, zum Mars zu reisen und dort zu leben. Auf einer der Missionen stellt die Astronautin Sarah Elliot (Janet Montgomery) fest, dass sie schwanger ist und bringt ihr Kind direkt nach der Ankunft auf dem roten Planeten zur Welt. Während sie bei der Geburt stirbt, überlebt das Kind, ein Junge namens Gardner Elliot (Asa Butterfield), der aufgrund der Schwerelosigkeit während der Schwangerschaft und der anderen Gravitation des Mars' niemals auf der Erde leben kann. Als Gardner ein Teenager ist, lernt er online ein Mädchen namens Tulsa (Britt Robertson) kennen, die auf der Erde lebt. Um sie persönlich zu treffen und seinen Vater zu finden, setzt er alles daran, zur Erde reisen zu dürfen, was ihm schließlich gelingt. Doch sein Körper - insbesondere sein stark vergrößertes Herz - kommen mit den physikalischen Bedingungen auf der Erde nicht zurecht, weshalb es ein Wettlauf mit der Zeit wird, sein Ziel zu erreichen.

Kritik

Nachdem Mitte des 20. Jahrhunderts u.a. mit dem ersten Mensch im Weltall und den ersten Menschen auf dem Mond bedeutende technologische Errungenschaften gefeiert wurden, die vor allem durch den Wettstreit der Weltmächte des Kalten Krieges entstanden sind, setzt man in den letzten Jahrzehnten vor allem auf eine kooperative internationale Zusammenarbeit, um die Wissenschaft voranzubringen. Gerade in den letzten Monaten ist durch die Rover-Mission Perseverance, die uns nicht nur Bilder, sondern auch Geräusche vom Mars auf die Erde sendet, wieder ein großes Interesse an unserem Nachbarplaneten entstanden und nicht nur die Wissenschaft fragt sich, ob ein Leben auf unserem Nachbarplaneten möglich wäre. Kein Wunder also, dass der rote Planet auch immer wieder Thema von Filmen und Science-Fiction-Geschichten ist.

"Den Sternen so nah" geht davon aus, dass nicht nur die Reise zum Mars, sondern auch die Kolonialisierung möglich ist und so sind bereits erste Forscherteams vor Ort, um nicht nur Gesteinsproben zu untersuchen, sondern auch eine Basis-Station namens East Texas aufzubauen, die ein dauerhaftes Leben dort ermöglichen soll. An sich eine spannende Ausgangslage und soweit auch in sich logisch erzählt. Dass aber eine der Astronautinnen während ihrer Reise zum Mars feststellt, dass sie schwanger ist, halte ich dann doch für etwas abwegig, denn wer ein wenig verfolgt, wie selbst die Teams der ISS vorab durchgecheckt und für ihre Mission vorbereitet werden, kann sich einfach nicht vorstellen, dass sowas übersehen würde. Das hat für mich der Glaubwürdigkeit des Films leider einen kleinen Dämpfer verpasst, aber dennoch wollte ich mich weiter auf die Geschichte einlassen, denn was passiert nun mit dem Kind, das als Geheimnis von Genesis und der NASA zukünftig ausschließlich auf dem Mars leben muss? Wir erfahren es, als er bereits ein Teenager ist, der von Wissenschaftler*innen großgezogen wurde und demnach wohl keine andere Wahl hat, als ein kluges Köpfchen zu sein. Interessant fand ich hier das Spannungsfeld, dass wir Menschen davon träumen, zum Mars zu reisen, und dieser Junge, der den Mars nie verlassen darf, um sein Überleben zu garantieren, nichts sehnlicher will, als auf die Erde zu kommen. Dabei ist er vordergründig auf der Suche nach Informationen über seine Eltern, gleichzeitig hat er mit Tulsa aber auch jemanden kennengelernt, der ihn zu verstehen scheint, obwohl sie nichts über sein Geheimnis wissen darf und sie Millionen von Kilometer voneinander entfernt sind. Auch wenn er ein sehr besonderes Leben führt, ist einem das Bedürfnis nach Kontakt zu Gleichaltrigen und als Teenager dann auch eine erste Verliebtheit doch nicht zu verdenken.

Diese süße Liebesgeschichte zwischen den beiden Teenagern, die so komplett unterschiedlich aufgewachsen sind, aber die gleiche Einsamkeit kennen, ist dann auch der Kern des Films. Hier wird das Science-Fiction-Setting also mit einem Coming-of-Age-Film verbunden und das passt erstaunlich gut zusammen. Als es Gardener gelingt, zur Erde reisen zu dürfen, tut er alles, um zu Tulsa zu kommen, weil sie seine einzige Bezugsperson auf der Erde ist und damit sie gemeinsam seinen Vater suchen können. Als er aus der NASA-Einrichtung flüchtet, beginnt eine wilde Verfolgungsjagd und es ist dann schon irgendwie erbärmlich, wie schwer man sich tut, einen Jugendlichen einzufangen, der sich auf der Erde überhaupt nicht auskennt. Aber wir haben es eben nicht mit einem gewöhnlichen Jugendlichen, sondern einem Genie zu tun, und als er sich dann mit Tulsa zusammenschließt, die nicht nur eine Überlebenskünstlerin, sondern ebenfalls ein Technik-Geek ist, wird es etwas nachvollziehbarer, dass sie ihren Verfolgern immer einen Schritt voraus sind. Da kann man der Storyline willens also ein Auge zudrücken. Lustig ist es allemal mit anzusehen, welches Outfit Gardner wählt oder wie er seine Reise zu und mit Tulsa antritt.

Es ist unglaublich berührend zu sehen, wie Gardener die Welt entdeckt. Wie er sich vor Hunden oder Pferden erschreckt und eher von einer Raupe fasziniert ist als der grandiosen Aussicht über den Grand Canyon. Letztere Landschaften kennt er vom Mars zur Genüge, deshalb sind es Naturphänomene wie Regen, Wind oder das Meer, die ihn faszinieren und die auch mir als Zuschauerin wieder die Schönheit unseres Planeten vor Augen geführt haben. Während dieses Verhalten von Gardener absolut nachvollziehbar ist, musste ich bei so manch anderer Sache die Augen rollen. Ja, Gardner ist auf einem anderen Planeten aufgewachsen und hat hauptsächlich mit einem Roboter und einer wechselnden Gruppe von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zu tun gehabt, was ihn zu einem typischen Nerd hat werden lassen. Doch er wurde dennoch von Erdbewohnern sozialisiert, warum sind ihm also so viele Gepflogenheiten so fremd? Warum muss sich sein Verhalten teilweise so zuspitzen, dass man glaubt, er sein ein Außerirdischer in einem menschlichen Körper? Ja, er hatte keine normale Kindheit, wurde in keiner Schule sozialisiert und kennt einige Verhaltensweisen nur aus Filmen, aber teilweise wirkt es hier, als hätte er noch nie Kontakt mit einem Menschen gehabt, was mich dann zwischenzeitlich schon gestört hat. Diese Szenen wurden meiner Ansicht nach nur eingebaut, um mehr Humor in den Film zu bringen und auch wenn ich sicher über die ein oder andere Situation gelacht habe, wurde man oftmals einfach zu sehr mit der Nase darauf gestoßen.

Insgesamt habe ich mich von "Den Sternen so nah" aber dennoch gut unterhalten und berührt gefühlt. Der Film hat mit zwei Stunden zwar eine ordentliche Spieldauer, fühlt sich aber zu keinem Moment zu lang an. Am Ende wirkt es teilweise eher überhastet, wenn durch Gardners gesundheitlichen Zustand und der verzweifelten Suche nach Antworten über seinen Vater das erzählerische Tempo deutlich angezogen wird und sich die Ereignisse nur so überschlagen. Hier wirkt vieles hektisch und die Auflösung des Ganzen auch irgendwie zu einfach und schnell. Doch wahrscheinlich sind es der Cast und die zwischenmenschlichen Momente, die den Film tragen, nicht die Logik der Storyline, weshalb man soviel verzeiht und sich am Ende an die schönen Momente und Aufnahmen erinnert und nicht nur die Logiklöcher.

Fazit

Es ist schon ein seltsames Phänomen, wenn man einem Science-Fiction-Film mangelnde Logik vorwirft. Zum Glück überzeugen in "Den Sternen so nah" der Cast und die zwischenmenschlichen Momente. Man fühlt mit Gardner und seinem irdischen Gegenüber Tulsa und lässt sich von ihnen gerne mit auf eine Reise nehmen. Wer das ein oder andere Augenrollen verkraftet und sich auf die Figuren einlässt, darf sich auf gute Unterhaltung freuen.

Catherine Bühnsack - myFanbase
12.05.2021

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