Bewertung
Sofia Coppola

Verführten, Die

"Bravery is doing what is needed at the time."

Foto: Copyright: 2017 Universal Pictures International Germany
© 2017 Universal Pictures International Germany

Inhalt

Virginia, 1864. Die Mädchenschule von Martha Farnsworth (Nicole Kidman) hält sich im amerikanischen Bürgerkrieg so grade über Wasser. Es gibt lediglich fünf Schülerinnen, die von ihren Eltern in scheinbarer Sicherheit zurückgelassen wurden, und die Aushilfslehrerin Edwina Dabney (Kirsten Dunst). Als Schülerin Amy (Oona Laurence) im Wald den verletzten Soldaten John McBurney (Colin Farrell) findet und zur Schule führt, ist es mit der Ruhe inmitten des Krieges vorbei – nicht zuletzt, weil McBurney ein Soldat des feindlichen Regiments ist. Die Mädchen geraten in helle Aufruhr über den ungewöhnlichen Gast und die Nerven aller werden schnell auf die Probe gestellt.

Kritik

Mit "Die Verführten" hat Sofia Coppola einen Film kreiert, der viel verspricht, leider aber nicht alles halten kann. Keinesfalls ist der Film schlecht, dennoch bleibt er stark hinter seinem offensichtlichen Potential zurück. Zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs haben sich fünf Schülerinnen zusammen mit ihrer Lehrerin und einer Aushilfslehrerin in einem Herrenhaus zurückgezogen und befinden sich in relativer Sicherheit. Für den Zuschauer durchaus befremdlich sind die konstanten Kanonenschüsse, die immer wieder die Stille der Schule stören. Die Schüsse sind jedoch dumpf und nur im Hintergrund hörbar, und etablieren gleichzeitig eine gewisse Atmosphäre für den ganzen Film. So fällt immer wieder auf, dass selbst wenn die eigentliche Handlung viel Bewegung und Aufregung beinhaltet, die Bildsprache dennoch sehr ruhig ist. Hier hat Sofia Coppola einen wundervollen Gegensatz geschaffen, der den Film durchaus zu etwas Besonderem macht. Ein klarer Fokus liegt in den einzelnen Szenen immer wieder auf dem Dialog und der sehr akzentuierten Mimik und Gestik der einzelnen Charaktere.

Die Geschichte von "Die Verführten" beginnt mit Amy, die im Wald Pilze für das Abendessen sucht und dabei, zu Tode erschrocken, den Soldaten John McBurney verletzt und an einen Baum gelehnt findet. Er gehört zum gegnerischen Regiment, aber Amy sieht sich ihrer christlichen Erziehung gemäß, gezwungen, ihn dennoch zu retten und bringt ihn zur Schule. Mit Entsetzen stellen die anderen Mädchen und ihre Lehrerinnen fest, wen Amy dort in ihr Haus gebracht hat. Beratungen finden statt, was mit dem "Feind" geschehen soll. Sofia Coppola hat hier besonders darauf geachtet, dass einzelne Blicke von der Kamera eingefangen werden und eine extreme Detailtreue an den Tag gelegt wird. Doch auch wenn visuell auf diese Details geachtet wird, so scheint der Dialog immer nur an der Oberfläche zu kratzen, in verzweifelten Versuchen, den Gesprächen Tiefe zu verleihen. Hier ist definitiv Potential verschenkt worden, denn die einzelnen Charaktere scheinen mitunter interessanter als John McBurney als vermeintlicher Mittelpunkt der Geschichte.

Die Mädchen befinden sich in heller Aufruhr, dass ein Mann und dann auch noch ein Soldat von der gegnerischen Seite im Haus residiert, bis er wieder gesund ist und sich von seinen Verletzungen erholt hat. Zwischenzeitlich müssen auch die vorbeiziehenden Soldaten der eigenen Seite inklusive des Captains (Wayne Pére) davon abgehalten werden, ins Haus zu kommen und John McBurney zu entdecken. Auf Anweisung von Mrs Farnsworth ist es für die Schülerinnen strengstens verboten, den Raum, in dem der Verletzte sich erholt, zu betreten. Dies führt natürlich wie jedes Verbot dazu, dass sich einige Mädchen heimlich zu ihm schleichen. Amy, weil sie sich in gewisser Weise mit ihm verbunden fühlt, da sie ihn gefunden hat. Edwina und Alicia (Elle Fanning) haben auch ihre Gründe; die gefallen Mrs Farnsworth allerdings überhaupt nicht, da sie ihre eigene Agenda durchkreuzen. Durch absolut Stereotype und klischeehafte Szenen und Handlungsverläufe versucht Sofia Coppola ein Drama zu einem Thriller aufzubauen. Dieser Effekt scheint in Teilen auch aufzugehen – so ist der Film zu keiner Zeit wirklich vorhersehbar und hält die Spannung im Verlauf der Geschichte sehr gut aufrecht. Dies kann aber die nur oberflächlich ausgearbeiteten Charaktere nicht wettmachen und lässt "Die Verführten" unnötig fragmentiert erscheinen. Immer wieder werden Aspekte der Lebensgeschichten der Mädchen und auch der Lehrerinnen kurz angesprochen und dann in der Luft hängen gelassen, was es mit der Zeit anstrengend macht, den Film zu gucken. Jede der Schülerinnen scheint eine interessante Geschichte zu haben, und auch die zwei Lehrkräfte sind mitnichten von Beginn an eindimensional – vielleicht wäre eine mehrteilige Fernsehadaption sinnvoller gewesen, die den Handlungsverlauf verfolgt, aber gleichzeitig die Lebensgeschichten der Mädchen mehr in den Fokus rückt.

Fazit

Als Filmliebhaber erwartet man von Sofia Coppola eigentlich mehr, als das was sie mit "Die Verführten" abgeliefert hat. Keine der schauspielerischen Leistungen ist besonders herausragend, so dass der Film auch nicht durch einzelne Akteure deutlich besser werden könnte. Die Bildsprache ist ruhig und durchaus eindrucksvoll, und die Handlung ist erstaunlicherweise weniger hervorsehbar, als gedacht. Die einzelnen Geschichten der beteiligten Charaktere wären jedoch ein besseres Material für ein Drama gewesen, und so bleibt der Film leider deutlich hinter seinem Potential zurück.

Jeanne Plaumann - myFanbase
30.06.2017

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