Bewertung
Matt Ross

Captain Fantastic - Einmal Wildnis und zurück

"I don't know anything about anything."

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Inhalt

Die Familie Cash pflegt einen alternativen Lebensstil und zieht ihre sechs Kinder in der Wildnis von Washington groß, wo sie von ihren Eltern in allen Fächern unterrichtet werden und keinen Zugang zur modernen Technologie haben, obwohl sie sich durchaus darüber bewusst sind, dass außerhalb der Wildnis eine ganz andere und fremde Welt existiert. Als Leslie, die Mutter der Kinder und Frau von Ben, stirbt, bricht die Familie zu ihrer Beerdigung auf und die Kinder werden nun mit allen Reizen und Schrecken des amerikanischen Alltags konfrontiert.

Kritik

Die unterschiedlichen Welten, die uns dieser Film zeigt, ziehen einen sofort in seinen Bann. Denn das Leben, das die Cashs führen, wird uns auf äußerst verlockende und abenteuerliche Weise vorgeführt. Mich erinnert die Geschichte an eine moderne Indianer-Version. Sie führen ein Leben im Einklang mit der Natur und nutzen alles, was ihnen ihre Umgebung schenkt, ohne diese zu zerstören. Wie glücklich die Familie sein kann, sieht man, als sie alle um das Lagerfeuer tanzen und miteinander musizieren, wobei sofort tolle Stimmung aufkommt.

Doch das Leben in der Wildnis hat auch seine Schattenseite, was an dem Punkt klar wird, an dem Wildnis und Moderne auf einander treffen. Die Cash-Kinder wissen von der modernen Welt, haben von ihren Eltern jedoch gelernt, dass dort draußen nur Korruption herrscht und die Menschen sich nicht um ihre Bildung scheren. Als Kind nimmt man alles, was einem erzählt wird, einfach hin, doch je älter man wird, desto mehr hinterfragt man alles. Man ist gespannt auf das Neue und will seine eigenen Erfahrungen machen. Genau an diesem Punkt befindet sich Bo, der nun im College-Alter ist und mehr von der Welt sehen will, als die täglich gleichen Bäume, Sträucher und Bäche. Man kann die Kinder der Cashs in zwei Kategorien einteilen. Es gibt einmal die Pärchen, dass wären die beiden Schwester Kielyr und Vespyr sowie die beiden Kleinen Zaja und Nai. Der älteste Bo und das mittlere Kind Rellian stehen etwas für sich und sind auch diejenigen, die aus dem Alltag und der Wildnis ausbrechen wollen.

Es macht ab der ersten Minute Spaß, das Leben der Cashs im Wald mit zu verfolgen, genau so sehr, wie es faszinierend ist, als sie später zur Beerdigung von Leslie aufbrechen. Einerseits wissen sie, wie sie sich in der modernen Welt verhalten sollen, allerdings sind die Kinder auf äußerst niedliche Weise weltfremd und freuen sich über die winzigsten Kleinigkeiten, wie Hot Dogs und Cola. Eine Besonderheit des Filmes ist auch der starke Familienzusammenhalt. Ben und seine Kinder sind ein eingespieltes Team und harmonieren in jeder Lebenslage, obwohl sie nicht immer einer Meinung sind.

Natürlich fragt man sich, weshalb Familie Cash sich für ein Leben in der Wildnis entschlossen hat und auf diese Frage gibt es im Verlauf des Filmes eine zufriedenstellend Antwort, obwohl diese nicht den Mittelpunkt des Filmes darstellt. In diesem Zusammenhang wird auch der Tod von Leslie mit eingebunden, weshalb man grübelt, wie weise der Entschluss war, die Kinder mitten im Wald aufzuziehen. Man stellt sich unwillkürlich vor, dass "Aussteiger" wie Eremiten leben und wenig gebildet sind, da sie sich allein auf das lebensnotwendige konzentrieren, doch so kann man die Cashs keinesfalls betrachten. Die Kinder sind sehr gebildet und stellen einen urkomischen Kontrast zu ihren Cousins dar, die alles haben, was das moderne Leben zu bieten hat, dies aber nicht zu nutzen scheinen. Dass man an einigen Stellen überspitzt, stört in diesem Zusammenhang nicht, da es neben der traurigen Geschichte rund um den Tod von Leslie den Comedy-Anteil des Filmes unterstreicht.

Auf den Film gestoßen bin ich durch Viggo Mortensen. Seit "Der Herr der Ringe" ist Viggo Mortensen für mich ein Schauspieler, der in der Rolle des guten und bodenständigen Mannes sehr gut funktioniert, während er im Großstadtdschungel vollkommen fehl am Platz wirkt. Mit dieser Geschichte schien er nun wieder eine Rolle zu verkörpern, in der er glänzen kann und genau das hat sich beim Schauen des Filmes auch bestätigt.

Neben der Naturverbundenheit und dem enormen Wissen der Kinder, fragt man sich dennoch, ob in ihrem Leben nicht etwas fehlt. Nicht etwa die Technik, viel mehr die Vertrautheit mit ihren Eltern. Bei der Verkündung von Leslies Tod wird zwar klar, dass alle erschüttert sind und ihre Mutter furchtbar vermissen werden, doch wie sieht es mit ihrer Beziehung zu Ben aus? Er ist zweifelsohne ein fantastischer Lehrer, doch man sieht nicht einmal, dass er seine Kinder in den Arm nimmt. Auch die direkte Art, in der er jeden Sachverhalt erklärt, lassen eine Distanziertheit spüren. Daher finde ich das Ende des Filmes umso gelungener, da man an dieser Stelle aufgreift, wie sehr Ben seine Kinder liebt.

Fazit

"Captain Fantastic" ist ein wunderbar unterhaltsamer Film, der nicht nur als Komödie überzeugen kann, sondern auch zum Nachdenken anregt.

Marie Florschütz - myFanbase
17.01.2017

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