Bewertung
Tarsem Singh

Self/less - Der Fremde in mir

"Überleg mal, wie viele große Denker wir bereits verloren haben."

Foto: Copyright: 2015 Concorde Filmverleih GmbH
© 2015 Concorde Filmverleih GmbH

Inhalt

Damian Hayes (Sir Ben Kingsley) ist ein alternder Milliardär, dessen finale Krebsdiagnose ihn zu einem radikalen Schritt bewegt, um diese Welt noch nicht verlassen zu müssen. Er beschließt, das so genannte "Shedding" auszuprobieren – ein Projekt, bei dem der noch voll funktionstüchtige Geist eines alten, beziehungsweise kranken Menschen in einen jungen, gesunden Körper (Ryan Reynolds) überführt wird. Probleme sind vorprogrammiert, und die Halluzinationen, die Damian bekommt, scheinen nicht nur Nebenwirkungen der Prozedur zu sein, sondern ein erster Hinweis darauf, dass hier etwas ganz gehörig schief läuft.

Kritik

"Selfless – Der Fremde in mir" beginnt recht schnell mit dem Einstieg in Damian Hayes' Leben zwischen prunkvollen Wohnungen und verzweifelten Versuchen, zum Ende seines Lebens hin doch noch eine Beziehung zu seiner Tochter Claire (Michelle Dockery) aufzubauen. Nachdem er sich mit seinem besten Freund Martin (Victor Garber) über seine Erfolge ausgetauscht hat, springt die Thematik des Films schnell zu Hayes' Krebserkrankung und seinem nahenden Tod. Eine Visitenkarte, welche er durch Zufall in seiner Jacketttasche findet, bringt in ihn Kontakt mit Dr. Albright (Matthew Goode) – ein Arzt, der auf experimentelle Weise Menschen durch "Shedding" ein neues Leben ermöglicht. Damian Hayes, zu diesem Zeitpunkt noch vom wunderbaren Sir Ben Kingsley gespielt, ist der Meinung, er habe der Welt noch lange nicht sein volles Potential präsentieren können und lässt sich auf die Prozedur ein.

Nach der Behandlung muss Damian, ab hier von Ryan Reynolds gespielt, zunächst in die Reha, da sein im Labor gezüchteter Körper natürlich keine aufgebauten Muskeln hat und generell motorisch eingeschränkt ist. Des Weiteren bekommt Damian von Dr. Albright Tabletten, um die Halluzinationen, welche als Nebenwirkung des 'Sheddings' auftreten, zu unterdrücken. Abgesehen davon, dass man als Zuschauer bei der ganzen Prozedur schon anfängt an dem Projekt zu zweifeln, scheint zumindest der 'Heilungsprozess' hier normal zu verlaufen. Nach der abgeschlossenen Reha führt uns Regisseur Tarsem Singh nach New Orleans, und direkt ins neue Leben von Damian Hayes, der jetzt den Namen Edward trägt, und sein Leben einfach nur genießen soll.

Die Handlung in New Orleans bietet ein farbenfrohes Set, Straßenmusik und generell ein lockeres Leben für Damian, dennoch kann er das komische Grundgefühl nicht abschütteln. Wann immer er vergisst, die Tabletten von Albright zu nehmen, findet er sich in wirren Halluzinationen wieder und mit PTSD-Symptomen konfrontiert. Ryan Reynolds stellt hier auf erstaunliche Weise die damit verbundene Verzweiflung und Desorientierung dar, ohne lächerlich zu wirken. Nicht nur diese Nebenwirkungen bestätigen das komische Gefühl vom Anfang. Als Damian Anton kennenlernt, der etwas zu schnell Freundschaft schließen will, stellt sich heraus, dass Damians Befürchtungen nicht ohne Grund waren, so dass er sich kurzerhand entschließt zu fliehen.

Sein Durst nach Wissen und der Drang danach, sich alles, was er nicht versteht zu erklären, bringen Damian dazu, nach den Orten aus seinen Halluzinationen zu suchen. Die komplette Überrumpelung und die Verwirrung über das, was er gesehen hat und im Verlauf seiner Nachforschungen erfährt, stehen Damian dank dem großartig spielenden Ryan Reynolds ins Gesicht geschrieben. Generell ist die Darstellung der Zerstreutheit zwischen seiner eigentlichen Identität Damian Hayes und der Identität seines Körpers beeindruckend.

Die Geschichte wird zwischenzeitlich extrem verwirrend, weil nicht mehr klar ist, wer wen gerade hintergeht und wer nun wie viel über das Shedding-Projekt weiß. Während er versucht, die Menschen, die ihm am Herzen liegen, zu schützen, stellt sich immer die eine entscheidende Frage: Kann er sein Leben auf Erden zugunsten eines anderen Menschen abschließen oder ist der Wunsch nach ewigem Leben am Ende größer?

Fazit

In den wenigen Anfangsminuten des Films, in denen Damian Hayes von Sir Ben Kingsley portraitiert wird, fällt wieder einmal auf, dass der Brite mit nur sehr wenig Text und durch Mimik und Gestik alleine schon Geschichten erzählen kann. Ryan Reynolds steht Kingsley erstaunlicherweise in nichts nach – seine Performance in "Self/less – Der Fremde in mir" ist ernst, bewegend und vor allem eins, sie ist ehrlich. Nach "The Voices" zeigt Reynolds ein weiteres Mal, dass er als Schauspieler ernst zu nehmen ist. Michelle Dockery in der Rolle von Damian Hayes' Tochter brilliert in ihren (zu) wenigen Szenen; moderne Charaktere stehen ihr mitunter besser als historische. "Self/less – Der Fremde in mir" ist kein absolutes Meisterwerk, jedoch auch kein Film für schwache Nerven, für Science-Fiction Fans und solche, die es werden wollen, ist der Gang ins Kino es trotz kleinerer Schwächen durchaus wert.

Jeanne Plaumann - myFanbase
21.08.2015

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