Bewertung
Christophe Gans

Silent Hill

Knusper, knusper, Knäuschen, wer knabbert an meinem Häuschen?
A witch, a witch, burn witch, burn!
Mit Silent Hill findet sich einer der besten Filme der ersten Hälfte 2006 in unsere Kinos ein.
Und dann heißt es: Lasst die Hexen brennen und die bösen Zungen, die schlecht über diesen Film reden.
Wer erstmal eine verkohlte Zunge hat, den will niemand mehr küssen. Verkohlte Zungen stinken bestialisch.

Foto: Copyright: Concorde Home Entertainment
© Concorde Home Entertainment

Inhalt

Was erwartet man von einem Horrorfilm? Nicht viel und viel Blut.

Mit diesen Erwartungen ist man bei Silent Hill primär betrachtet falsch.

Silent Hill bietet einen Genre Mix aus Horror, Thriller und Drama. Daraus ergibt sich eine komplexe Story, gepaart mit viel Blut, handverlesen eingesetzt.

Die junge Mutter Rose ist verzweifelt auf der Suche nach einem Heilmittel für ihre Tochter Sharon. Statt sie in eine psychiatrische Anstalt einweisen zu lassen, ergreift sie mit ihrer Tochter die Flucht. Sie will sich auf den Weg nach Silent Hill machen, einer Stadt, deren Namen Sharon immer im Schlaf vor sich hin murmelt. Rose ist fest davon überzeugt, dass sie dort die Antworten auf all ihre Fragen finden wird. Ihr Ehemann Christopher hält dagegen gar nichts von Roses Idee, das Geheimnis von Silent Hill ergründen zu wollen. Rose macht sich dennoch zusammen mit ihrer Tochter auf den Weg in die mysteriöse Stadt, doch kurz vor der Stadtgrenze taucht plötzlich eine seltsame Gestalt mitten auf der Straße auf. Rose versucht auszuweichen, doch ihr Auto gerät außer Kontrolle. Als sie wieder zu sich kommt, ist ihre Tochter verschwunden.

Zusammen mit einer Polizistin aus der Nachbarstadt macht sich Rose auf die verzweifelte Suche nach ihrem Kind. Ziemlich schnell wird klar, dass die Stadt aus Sharons Träumen ein höchst merkwürdiger Ort ist: nach einer verheerenden Brandkatastrophe scheint Silent Hill wie ausgestorben. Umgeben von dichten Nebelschwaden hausen dort seltsame Spukgestalten. Die Stadt wird immer wieder von einer dunklen Macht heimgesucht, die alles, was mit ihr in Berührung kommt, zerstört. Auf der Suche nach ihrer Tochter stößt Rose auf die düstere Geschichte von Silent Hill und die Gründe, warum auf der einst streng puritanischen Stadt nun ein grausamer Fluch liegt. Doch das ist noch nicht alles. Erschrocken muss sie feststellen, dass ihre Tochter Teil eines noch viel größeren und furchtbaren Geheimnisses ist...

Kritik

Die Inhaltsangabe hat diesmal das Presseheft geliefert. Eigentlich eine Todsünde, diese zu benutzen, aber besser und spannender als das Presseheft den Inhalt von Silent Hill formuliert, kann man das kaum selber.

Silent Hill hat auch nichts besseres verdient als den Oscar und die Inhaltsangabe des Presseheftes. Es stimmt, mal abgesehen von einer Kleinigkeit, einfach alles bei diesem Film. Selbst die beste Rhetorikstruktur hätte Probleme bei der Frage "Wo fange ich überhaupt an, von diesem Film zu erzählen?" Die Gewichtung von Drama/Horror/Thriller ist perfekt gelungen.

Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences muss dringend eine neue Kategorie einführen: "Und der Oscar für die beste Gewichtung von Horror/Thriller/Drama geht an??? (den Außenseiter) SILENT HILL!" Am liebsten vergeben von Stanley Kubrick. Es gibt wirklich nur eine handvoll Splatter- und Schockeffekte.

Dafür trifft jeder einzelne richtig und zwar mitten ins Herz, bohrt darin rum, bis das Blut aus allen Poren spritzt, das Adrenalin die Pumpe so angeregt hat, dass kein Tropfen Blut mehr im Zuschauer vorhanden ist und er schließlich und schlussendlich mit der Leinwandfigur explodiert. Mit der "Fünf-Punkte-Pressur-Herzexplosions-Technik" hätte man es natürlich wesentlich einfacher.

Aber dann würde Silent Hill der Dramaanteil fehlen. Einziger Kritikpunkt ist das blutige Finale des Films. Das ist äußerst kitschig und sehr "videospiellike". Klar, "Silent Hill" ist eine Videospielverfilmung, aber man muss den eigenen Film ja nicht kaputt machen und explizit darauf nochmal hinweisen. Der Ottonormalzuschauer hat zu viele schlechte Erfahrungen mit Videospielverfilmungen gesammelt.

"Silent Hill" ist definitiv die bisher beste Videospielverfilmung. Der Film hat eine einmalige Atmosphäre. Der Ascheregen (wir erinnern uns, verkohlte böse Zungen), der in der vernebelten Stadt Silent Hill vom Himmel fällt, ist ein unglaublich visuelles Feeling. Die Monster des Films sind nicht zu identifizierende Fleischbrocken, haben also keine Ähnlichkeit mehr mit den Menschen, wie zum Beispiel ihre Artgenossen die Zombies. Eben ein weiteres Plus, dass dem Zuschauer hier mal eine völlig neuartige Form von Leben präsentiert wird.

Mehr Gänsehaut bekommt man nur noch von Marilyn Manson nackt und Darwins Forschungsergebnissen der Kreuzung zwischen Nordluchs und Pottsau. Auch die Akustik ist bestes Beluga-Kaviar. Wenn sich die Hölle auftut, ertönen Sirenen, lauter als das Fußball WM Gedöns. Noch nie löste eine Sirene beim Zuschauer solche Panik aus wie bei "Silent Hill".

Damit sind wir auch schon beim Ende des Films angelangt. Das Ende des Films macht das doofe Finale mehr als wieder gut. So endet kein Horrorfilm auf der Welt (95% aller beteiligten Akteure sind tot, die restlichen Überlebenden gehen friedlich den Sonnenauf-untergang entgegen und ein Zombie guckt um die Ecke). So endet keine Videospielverfilmung, weil diese für gewöhnlich darauf ausgelegt sind, dass mindestens eine Fortsetzung folgt. So endet ein Meisterwerk.

Genau diese unkonventionelle Herangehensweise macht "Silent Hill" so großartig.

Fazit

Was gibt es eigentlich jetzt noch groß zu sagen? Nur noch eines: myFanbase wurde nicht von TriStar Pictures / Concorde Filmverleih gekauft :-)

René von Bork - myFanbase
03.05.2006

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