Bewertung
Daniel Espinosa

Kind 44

Im Paradies kann es keinen Mord geben.

Foto: Copyright: 2015 Concorde Filmverleih GmbH
© 2015 Concorde Filmverleih GmbH

Inhalt

Leo Demidov (Tom Hardy) wuchs als Waisenjunge auf, doch schafft er es, sich im Erwachsenenleben hochzuarbeiten und arbeitet schließlich als Offizier für den sowjetischen Geheimdienst KGB. Er ist glücklich verheiratet mit seiner Frau Raisa (Noomi Rapace), mit der er in Moskau lebt. Seine Welt wird plötzlich erschüttert, als sein Patenkind brutal abgeschlachtet wird. Gemeinsam mit Raisa versucht Leo gegen die Anordnungen seines Befehlshabers den Mörder zu finden und zu stoppen. Dabei bringen die beiden sich in tödliche Gefahr...

Kritik

"Kind 44" basiert auf dem gleichnamigen Debütroman des britischen Schriftstellers Tom Rob Smith aus dem Jahre 2008. Die Handlung wurde inspiriert durch den Serienmörder Andrej Tschikatilio, der in den 1980er Jahren mehr als 50 Menschen brutal ermordete. Auch wenn der Roman zahlreiche Auszeichnungen erhalten hat und in fast 40 Sprachen übersetzt wurde, war es dennoch anzunehmen, dass ein Film niemals an diesen Erfolg anknüpfen können würde. Kaum verwunderlich also, dass er in den Staaten floppte und in einigen Ländern wie Russland und der Ukraine verboten wurde.

Die Thematik ist sehr heikel, ernst und bedrückend und doch fehlt dem Film das gewisse Etwas. Tom Hardy mimt einen sehr überzeugenden Leo Demidov, der bei dem KGB in Moskau als Offizier arbeitet. Mir Ehrgeiz und Zielstrebigkeit geht er an seine Arbeit heran, wodurch er bei seinen Kollegen hohes Ansehen genießt. Er befolgt seine Befehle ohne Widerrede und zweifelt keine Sekunde an dem System, für das er arbeitet. Diese Einstellung ändert sich allerdings eines Tages, als der Sohn seines guten Freundes Alexei brutal ermordet wird. Demidovs Vorgesetzter deklariert die Tat als einen tragischen Unfall, anstatt der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Gemeinsam mit seiner Frau Raisa versucht Leo alles in seiner Macht stehende zu tun, um den Kindesmörder zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Interessant ist hier vor allem die Tatsache, dass man zu der damaligen Zeit wirklich nicht daran geglaubt hat, dass Sozialisten im Stande wären, derartige Morde zu begehen. Der Film, der in den 1950ern angesiedelt ist, betont oftmals, dass Mord eine rein kapitalistische Krankheit sei, die nicht in die stalinistische Ideologie hineinpasst. Leo und Raisa befinden sich auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tot, denn ihre Mission könnte ihnen das Leben kosten, wenn man sie erwischt.

Einen besonderen Gefallen könnte man an Leos Gegenspieler und dem Antagonisten des Films finden – Vasili. War er zunächst noch ein schüchterner Junge, der sich Leo als großes Vorbild genommen hat, entwickelt er sich langsam aber sicher zu einem eiskalten Killer ohne Gefühle. Um seine Ziele zu erreichen, geht er über Leichen, ohne Scham und Reue zu empfinden. Verkörpert wird Vasili durch Joel Kinnaman, der spätestens seit seiner Rolle in der Neuverfilmung von "Robocop" den meisten ein Name sein dürfte. Seine Darstellung ist sehr realistisch und glaubhaft und macht den Film gleich etwas sehenswerter.

Auch wenn die Darsteller allesamt sehr zu überzeugen wissen und den gesamten Film über harmonieren, sind es doch das Drehbuch und die Aufmachung, an der man noch hätte arbeiten müssen. Man bekommt das Gefühl, dass kaum etwas passiert und das, obwohl der Kriminalthriller beinahe zweieinhalb Stunden lang ist. Die Story nimmt nur sehr langsam an Fahrt auf und dadurch, dass man schon relativ früh weiß, wer der Mörder ist, nimmt das dem Ganzen irgendwie die Spannung. Man wartet als Zuschauer bloß noch darauf, wann Leo und Raisa endlich herausfinden, wer die Kinder umgebracht hat. Das Setting ist durchweg glanz- und farblos, was zwar die graue Tristesse der damaligen Zeit sehr gut widerspiegelt, auf Dauer für die Augen allerdings sehr anstrengend wird. Das Gleiche gilt auch für die Kameraführung. In den gewalttätigen Actionszenen gibt es durchweg wackelige Aufnahmen einer Handkamera, was fast so wirkt, als würde man sich auf einer Achterbahnfahrt befinden. Das ist wohl nicht für Jedermann etwas. Als letzter Kritikpunkt sei das leicht überzogene Ende erwähnt, das meines Erachtens nach etwas weit hergeholt zu sein scheint. Ein solcher Film hätte ruhig mit etwas mehr Dramatik zu Ende gehen können, als es hier der Fall gewesen ist.

Fazit

Mit "Kind 44" startet ein annehmbarer Thriller in den Kinos, der trotz interessanter Handlung und guten Schauspielern nicht hundertprozentig überzeugen kann und eher in der Mittelmäßigkeit versinkt. Kann man gucken, muss man aber nicht.

Sanny Binder - myFanbase
02.06.2015

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