Bewertung
Evan Goldberg, Seth Rogen

Interview, The

"Keep ruining America."

Foto: Copyright: 2014 Columbia Pictures
© 2014 Columbia Pictures

Inhalt

Der charismatische, einfühlsame und gewiefte TV-Moderator Dave Skylark (James Franco) moderiert erfolgreich eine boulevardeske Fernseh-Talkshow, in der er regelmäßig mit Prominenten über ihre tiefsten Geheimnisse spricht und so regelmäßig für große Skandale sorgt. Produziert wird die Sendung von seinem besten Freund Aaron Rapaport (Seth Rogen), welcher von der televisionären Aneinanderreihung reiner Oberflächlichkeiten langsam genug hat und gerne echten investigativen Journalismus betreiben will. Durch einen Zufall entdeckt Dave schließlich, dass die Lieblingssendung des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un seine eigene ist, was ihn auf die Idee bringt, ein exklusives Interview mit dem gefürchteten Machtinhaber zu führen. Aaron glaubt zwar nicht, dass dies zu realisieren wäre, bekommt überraschenderweise dann aber doch eine Zusage.

Diese Möglichkeit, in das innere Machtzentrum des streng abgeschotteten Regimes zu gelangen, bringt schnell die CIA in Person der Agentin Lacey (Lizzy Caplan) auf den Plan, die Dave und Aaron darum bittet, die Chance zu nutzen und Kim Jong-un auszuschalten. Nach einiger Überzeugungsarbeit sagen die beiden Freunde schließlich zu und begeben sich in das Herz des nordkoreanischen Staates.

Kritik

Kein Film hat im Jahr 2014 auch nur annähernd für so viel Aufmerksamkeit gesorgt wie das neue Projekt von Seth Rogen und Evan Goldberg, die mit ihrer Brachialkomödie "The Interview" über die fiktive Ermordung des nordkoreanischen Machtführers Kim Jong-un fast schon eine Staatskrise ausgelöst haben. Neben einem Hacker-Angriff auf die Server der Sony Studios, die sich für die Produktion des Films verantwortlich zeigen, bis hin zu Terror-Drohungen, die den Filmstart zunächst komplett kippten, reihte sich ein Skandal an den nächsten und setzte schlussendlich sogar Präsident Barack Obama unter Zugzwang. Es entbrannte eine ausufernde Diskussion über die Freiheit der Kunst und den Möglichkeiten von Satire. Schließlich wurde der Film zu Weihnachten doch in einigen Kinos in den Staaten gezeigt und gleichzeitig auch als Online-Stream über diverse Anbieter zur Verfügung gestellt. Das Schauen von "The Interview" wurde plötzlich fast zu einer Art amerikanischer Bürgerpflicht. In dieser ganzen Diskussion wurde aber leider viel zu häufig komplett vergessen, das Werk an sich eingehender zu betrachten und die Frage zu stellen, ob dieses die ganze Aufregung überhaupt wert ist. Die Frage kann dabei natürlich nur entschieden mit "Nein" beantwortet werden, ist "The Interview" doch einfach ein gut gemachter, sehr alberner Unterhaltungsfilm, welcher unter dem Deckmantel des Seth-Rogen-typischen, analfixierten, pubertären Kleine-Jungs-Humor aber auch nachdenklichere, gesellschaftlich relevante Fragen aufwirft. Diese werden zwar nie wirklich konkret und mehrdimensional ausgeführt, fügen dieser lauten und unverschämt lustigen Komödie aber noch eine Komponente zu, die diesen Film durchaus sehr sehenswert, wenn auch keineswegs skandalträchtig macht.

Seth Rogen und Evan Goldberg zeigten sich zuletzt für die selbstironische und durchgedreht-spaßige Weltuntergangskomödie "Das ist das Ende" verantwortlich und taten sich auch für "The Interview" wieder zusammen, weshalb die vorgegebene komödiantische Richtung für Kenner des Rogen-typischen Humors klar sein sollte: Zimperlich oder dezent wird hier nicht vorgegangen, sondern vielmehr laut, direkt und schamlos werden einem auch in "The Interview" die derben Gags entgegengeschleudert. Dabei schaffen es Goldberg und Rogen aber erneut, diesen stets vulgär-albernen und pubertären Humor grundsympathisch wirken zu lassen, so dass nie die Niveaugrenze zur Peinlichkeit unterschritten wird.

Der Film beginnt gleich mit einem Richtung weisenden kleinen Intro, in dem ein kleines, niedliches koreanisches Mädchen ein Lied über die vollkommene Zerstörung Amerikas anstimmt. Das ist zwar nicht sonderlich dezent und verfügt auch über keinen nennenswerten doppelten Boden, sondern ist schlichtweg sehr lustig. Dieser Umstand trifft dann auch auf den weiteren Verlauf des Films zu: Oft wurde der Film in der öffentlichen Berichterstattung zwar als Satire beschrieben, was aber dem angeschlagenen Stil und Tonfall des Films nicht wirklich gerecht wird, hat man es hier doch sicherlich nicht mit einer doppelbödigen Satire im Stile eines Charlie Chaplins zu tun, sondern mit einer Brachialkomödie, in der es mehr um die Zelebrierung einer Männerfreundschaft und dem Abfeuern allerhand verschiedener Albernheiten geht, als dass hier schlussendlich wirklich große gesellschaftskritische Töne angeschlagen werden. Rogen und Goldberg nutzen den Kontext Nordkorea im Grunde nur dafür, eine überdrehte Action-Agenten-Komödie zu drehen, in der man sich schamlos über alles lustig macht, was einem so in den Weg kommt. Das führt dazu, dass nicht jeder Einfall funktioniert und an manchen Stellen wäre mehr Subtilität vielleicht angebracht gewesen, doch die vorhandenen Schwächen werden dann wieder wett gemacht durch die Spiellaune der Darsteller. Allen voran Tausendsassa James Franco wirft sich mit einer unbändigen Leidenschaft in diese Rolle und dreht völlig frei, was dazu führt, dass fast jede Szene mit ihm zu einem kleinen Spektakel wird.

Wie man es aus der Welt des Seth Rogen gewohnt ist, geht es auch hier schlussendlich wieder um die Herausstellung der Besonderheit und Innigkeit von Männerfreundschaften, in der Frauen keinen richtigen Platz haben, weshalb die Frauenfiguren auch hier leider sehr schwach gezeichnet sind. Sei es die von der wunderbaren Lizzy Caplan gespielte CIA-Agentin oder die nordkoreanische Staatsdienerin, keiner kommt an die knisternde Chemie zwischen Franco und Rogen ran, deren Spaß an der Arbeit an diesem Film in jeder Szene greifbar ist.

Neben dem ganzen Quatsch, der hier zelebriert wird, werden zwischendurch aber auch immer mal ernstere Fragen gestellt: Sei es die Zukunft des Qualitäts-Journalismus in Zeiten zunehmender Verflachung und Boulevardisierung oder die Macht staatlicher Propaganda, Rogen und Goldberg greifen auch diese schwierigen Themen auf, ohne dabei aber wirklich in die Tiefe zu gehen, weshalb dieser Film auch alles andere als ein politischer ist. Trotz des analfixierten Humors ist der Film dann aber glücklicherweise nicht nur ein riesengroßer alberner Unsinn, sondern reißt zumindest bestimmte Fragen an, was sicherlich nicht alle Komödien dieser Größenordnung von sich behaupten können.

Fazit

Was bleibt also schlussendlich übrig von "The Interview"? Ein riesengroßer Skandal, dem der Film aber kaum gerecht wird und der sich zu Dimensionen hochgeschaukelt hat, die mit dem filmischen Werk an sich kaum noch was zu tun haben. Freunde des Humors von Seth Rogen und James Franco, die auch schon Spaß bei Filmen wie "Das ist das Ende" oder "Ananas Express" hatten, werden auch hier sicherlich auf ihre Kosten kommen, ist "The Interview" doch nichts anderes, als ein weiterer Vertreter des klassischen Bromance-Humors. Schamlos, brachial-albern und vollkommen überdreht wird hier ein Gagfeuerwerk gezündet über das man sehr viel lachen kann, was aber keineswegs und in keiner Sekunde ernst genommen werden sollte. Eine spaßige Komödie also, nicht mehr und nicht weniger.

Moritz Stock - myFanbase
29.12.2014

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