Bewertung
Brian Percival

Bücherdiebin, Die

"Words are life. If your eyes could speak what would they say?"

Foto: Copyright: 2013 Twentieth Century Fox
© 2013 Twentieth Century Fox

Inhalt

Als der kleine Bruder von Liesel Memminger (Sophie Nélisse) stirbt und ihre kommunistische Mutter verhaftet wird, kommt das Mädchen bei Pflegeeltern unter. Liesel braucht einige Zeit, um sich an ihr neues Umfeld zu gewöhnen und ist anfangs sehr schweigsam gegenüber ihren Mitmenschen. Dies ändert sich allerdings, als ihr Pflegevater Hans Hubermann (Geoffrey Rush) damit beginnt, ihr Lesen und Schreiben beizubringen. Durch die Flucht in das geschriebene Wort gelingt es Liesel, dem grausamen Krieg zu entkommen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Als ihre neuen Eltern den flüchtigen Juden Max (Ben Schnetzer) bei sich aufnehmen und im Keller vor den Nationalsozialisten verstecken, findet Liesel einen engen Freund, der ihre Liebe zum Lesen teilt. Doch im Krieg überschlagen sich die schrecklichen Ereignisse, sodass es der aufgeweckten Liesel kaum noch gelingt, ihre Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen.

Kritik

Die Geschichte, die der Film "Die Bücherdiebin" erzählt, basiert auf dem gleichnamigen internationalen Bestseller des deutsch-australischen Schriftstellers Markus Zusak, für welchen er 2009 den Deutschen Jugendliteraturpreis und zahlreiche weitere Auszeichnungen erhielt. Der britische TV-Regisseur Brian Percival hat sich in Zusammenarbeit mit Michael Petroni an die Verfilmung dieses literarischen Meisterwerks gewagt und in der Tat besticht der Film mit überzeugenden Darstellern, einer wundervollen Kulisse und einer einzigartigen Filmmusik, für welche Komponist John Williams mit einer Oscarnominierung belohnt wurde.

Durch die Handlung führt uns der zwischendurch auftretende Erzähler, der den Tod darstellt. Er berichtet über die Menschenleben, die er genommen hat und scheint ein großes Interesse an Liesel zu haben. Doch er möchte sie nicht zu sich holen, sondern sie auf ihrem Lebensweg beobachten, da er in ihr einen ganz besonderen Menschen sieht. Die zu Beginn des Filmes neunjährige Liesel Memminger ist ein aufgewecktes Mädchen, welches durch den Nationalsozialismus sehr geprägt ist und dadurch sehr erwachsen für ihr junges Alter ist. Sie hat ihre Leidenschaft für Bücher bei der Beerdigung ihres kleinen Bruders entdeckt, als sie auf dem schneebedeckten Rasen ein Buch findet und es einsteckt. Durch ihren liebevollen Pflegevater Hans Hubermann lernt Liesel das Lesen und Schreiben und beginnt immer mehr in die Welt der Bücher abzutauchen. Diese Rolle verkörpert Sophie Nélisse sehr gut und man geht gerne gemeinsam mit ihr ihren beschwerlichen Weg ins Erwachsenendasein.

Auch die Nebencharaktere wachsen einem sehr schnell ans Herz. Hans Hubermann, gespielt von Geoffrey Rush, ist ein liebevoller älterer Mann, der sich um Liesel kümmert, als wäre sie sein eigen Fleisch und Blut. Er erfüllt ihr ihre Herzenswünsche und sorgt sich um sie so gut es geht in dieser schweren Zeit. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die ich mit dem Charakter der Rosa Hubermann (dargestellt von Emily Watson) hatte, wurde ich doch mit ihr warm. Sie wirkt anfangs sehr griesgrämig, wie die böse Stiefmutter aus dem Aschenputtel-Märchen. Doch mit der Zeit merkt man als Zuschauer, dass dies eine Fassade ist, um Stärke zu präsentieren, welche von ihrem zerbrochenen Inneren ablenken soll. Geoffrey Rush und Emily Watson sind ein fabelhaftes Filmpaar und ihre Charaktere vielschichtig und authentisch.

Am meisten ans Herz gewachsen ist mir der flüchtige Jude Max, der von der Familie Hubermann aufgenommen und im Keller versteckt wird. Er ist ein einfühlsamer junger Mann, der es nicht verdient, ein Leben auf der Flucht führen zu müssen. Er ist intelligent, hat einen wachen Geist und hat trotz der grausamen Verfolgung niemals seine Lebenslust verloren. Für ihn ist jeder Moment eine Kostbarkeit und dies spürt man durch die Darstellung von Ben Schnetzer. Er spielt diese Rolle nicht nur, sondern er füllt sie mit Leib und Seele. Die Momente mit ihm und Liesel haben mir am besten gefallen, da sie so viel Ehrlichkeit mit Traurigkeit verbunden haben. Er öffnet nicht nur seiner kleinen Freundin mit den Worten "Words are life" die Augen, sondern auch dem Zuschauer.

Das Agieren der Schauspieler kombiniert mit der Geschichte und Musik macht "Die Bücherdiebin" zu einem wunderschönen Genuss. Besonders schön finde ich, dass das Thema des Zweiten Weltkrieges den Zuschauern zwar nahe gebracht wird, aber dennoch nicht vorrangig ist und Überhand ergreift. Die Geschichte von Liesel wird geschickt mit dem Nationalsozialismus verknüpft, ohne dass man das Gefühl hat, einen Dokumentarfilm zu schauen.

Mit diesem Film schafft Percival es, einen mitten ins Herz zu treffen und sehr zu berühren. Lange hat es ein Film nicht mehr geschafft, dass er mich auch nach dem Abspann noch einige Zeit beschäftigt hat, was vermutlich an der verstörenden Thematik liegt. Wenn man nach "Die Bücherdiebin" noch eine Weile darüber nachdenkt, wie grausam diese Abschnitte der deutschen Geschichte sind, als den jüdischen Mitbürgern jedes Recht auf Menschlichkeit und Würde abgesprochen wurde, dann steht fest, dass der Regisseur und die Schauspieler alles richtig gemacht haben.

Fazit

Brian Percival ist es gelungen, mit "Die Bücherdiebin" eine gefühlvolle Verfilmung des Jugendbuchbestsellers von Markus Zusak auf die Kinoleinwand zu bringen, die die Zuschauer auch nach Ende nicht so schnell loslässt. Grandiose Schauspieler und tolle Filmmusik runden die erschütternde Thematik ab und machen den Film zu einem emotionalen und doch wunderschönen Kinogang.

Sanny Binder - myFanbase
04.03.2014

Diskussion zu diesem Film