Bewertung
Bora Dağtekin

Türkisch für Anfänger

Ganz neu erzählt fürs Kino.

Foto: Copyright: Constantin Film Verleih GmbH
© Constantin Film Verleih GmbH

Inhalt

Lena Schneider (Josefine Preuß) und ihre Mutter Doris (Anna Stieblich) planen einen gemeinsamen Urlaub. Genauso wie Metin Öztürk (Adnan Maral) und seine Kinder Cem (Elyas M’Barek) und Yağmur (Pegah Ferydoni). Das Flugzeug gerät jedoch in Turbulenzen und stürzt ab. Alle Passagiere konnten geborgen werden bis auf... na klar Lena, Cem, Yağmur und ein Grieche namens Costa (Arnel Taci). Die Jugendlichen stranden auf einer einsamen Insel. Da sie keine Gemeinsamkeiten und grundsätzlich verschiedene Erziehung genossen haben, gestaltet sich das Zusammenleben im Tropenparadies als etwas schwierig. Gleichzeitig suchen ihre Eltern Doris und Metin nach ihnen und kommen sich dabei näher. Doch zwischen Cem und Lena kracht es gewaltig. Eine gemeinsame Zukunft der Schneider-Öztürks ist ungewiss.

Kritik

Die deutsche Serie "Türkisch für Anfänger" war grandios, lustig und frisch. Daher war auch die Vorfreude auf den Kinofilm dementsprechend groß. Alles in allem ist es eine gelungene deutsche Komödie, die ein wirklich atemberaubend schönes Setting gewählt hat.

Neben der malerischen Kulisse fällt besonders angenehm auf, dass man die Figuren direkt wiedererkennt. Jeder, der die Serie gesehen hat, wird schon ziemlich zu Beginn des Films das erste Mal herzlich lachen, denn die alten Marotten sind auch in der Kinoadaption noch vorhanden. Gewohnt brillant verkörpern die Schauspieler die Charaktere und bringen auch den Zuschauern, die die Serie nicht gesehen haben, die Figuren schnell nahe. Kritisch finde ich allerdings die starke Überzeichnung. Während die Figuren von Lena, Cem und Metin sich stark an der Serie orientieren, ist ihre Mutter noch wesentlich tiefer in ihren Esoterikpraktiken, der antiautoritären Erziehung und einem fast hemmungslosen Alkohol- und Drogenrausch versunken. Lenas Bruder ist kein Genie sondern ein Freak und Yağmur ist ungewohnt freizügig und locker. Ich finde, ganz oder gar nicht: Entweder hätten alle Charaktere den Serienvorbildern treu bleiben müssen oder keiner – wobei ich natürlich ganz deutlich für alle stimmen würde.

So wie manche Charaktere überzogen sind, gibt es auch viele Stellen im Film, die einfach zu kitschig und albern wirken. Zu sehen gibt es viel nackte Haut, Witze über männliche Geschlechtsteile, Fäkalien und Geschlechtsverkehr im Allgemeinen und das in anstrengender und unpassender Slapstick-Manier. Immer noch witzig hingegen sind Sprüche über internationale Vorurteile und das Spiel mit Klischees zwischen den Deutschen und den Türken. Hier passt die überzogene Darstellung, wie auch schon in der Serie, wunderbar zu der Aussage, dass auch sehr verschiedene Menschen der unterschiedlichsten Religionen und Kulturen doch gut zusammen passen können.

Wiederum absolut untragbar und unerträglich ist die Filmmusik. Ein ständiges 90er-Jahre-Technogequietsche schallmeit dem Zuschauer nahezu in jeder zweiten Szene um die Ohren. Erschwerend hinzu kommt, dass die Schaltung der beiden Tonspuren (Musik und Sprache) absolut nicht ausbalanciert wurde. Davon abgesehen ist an vielen Stellen die Musik nicht nur schlecht (über Geschmack lässt sich schließlich streiten), sondern auch unpassend gewählt.

Schön sind hingegen die inhaltlichen Parallelen zur Serie. (Wer die nicht kennt, sollte diesen Absatz überspringen!) Eigentlich bleibt alles beim Alten und selbst die Entwicklung der Erzählung ist irgendwie die gleiche. Erst können sich alle nicht riechen. Dann funkt es zwischen Lena und Cem sowie schließlich auch zwischen Costa und Yağmur. Hasi 1 und Hasi 2 (Metin und Doris) sind nach einem kurzen Tief ein Herz und eine Seele. Doch schließlich kracht es zwischen Lena und Cem wegen eines sexuellen Missverständnisses. Lena zieht sogar ihren Ex-Freund hinzu, um es Cem heimzuzahlen und zerstört die Beziehung ihrer Mutter, bis sie schließlich ihren Fehler erkennt und schnell alles rückgängig machen muss. Eigentlich wirkt der gesamte Film wie ein ganz schneller, etwas anstrengender und alberner Schnelldurchlauf aller Serienstaffeln. Das hat natürlich Vor- und Nachteile. Der Film bedient sich dabei etlicher Stärken der Serie, macht aber auch ein paar Fehler, die für den Liebhaber nicht ganz so einfach wegzuschmunzeln sind.

Fazit

Insgesamt ist "Türkisch für Anfänger" eine unterhaltsame deutsche Komödie mit wirklich guter Besetzung. Vor allem Fans der Serie kommen eigentlich nicht drum herum, sich den Film anzusehen. Doch muss man auch mit einigen Schwächen rechnen, angefangen bei der Vorhersehbarkeit über die nicht allzu gelungene Vertonung bis hin zu unpassenden Slapstick-Elementen. Sind die Erwartungen nicht allzu groß, ist es die Enttäuschung aber auch nicht und man kann einen entspannten, seichten und vor allem lustigen Filmabend genießen.

Janina Funk - myFanbase
16.09.2012

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