Bewertung
Reinout Oerlemans

Love Life - Liebe trifft Leben

In guten und in schlechten Zeiten, in Krankheit und Gesundheit, bis dass der Tod uns scheidet.

Foto: Copyright: 2011 Twentieth Century Fox
© 2011 Twentieth Century Fox

Inhalt

Stijn (Barry Atsma) und Carmen (Carise van Houten) sind frisch verheiratet und führen ein glückliches Leben. Als Werbeprofi führt er ein angesehenes Unternehmen, während sie als Geschäftsfrau zum Erfolg beiträgt. Stijn nimmt es mit der Treue nicht so genau, aber Carmen konnte bisher über diesen einzigen Makel hinwegsehen. Doch als die Diagnose von Carmens Krebs kommt, stürzen beide in ein tiefes Loch voller Arzttermine und Stress. Stijn unterstützt Carmen zwar wo er kann, aber ausgelaugt vom neuen Leben verliert Stijn seine Lebensfreude - bis er auf die hübsche Künstlerin Roos (Anna Drijver) trifft, die ihn all seine Probleme zuhause vergessen lässt. Beide beginnen eine romantische Affäre, während Carmen nichts davon ahnt und weiter gegen den Krebs ankämpft.

Kritik

In der Niederlande ist "Love Life – Liebe trifft Leben" schon einer der erfolgreichsten Kinofilme, obwohl einem der Einstieg des Films von Regisseur Reinout Oerlemans alles andere als leicht gemacht wird. Man hat diese zwei noch nichtssagenden Personen, die sich innerhalb geringer Zeit unsterblich ineinander verlieben und bei denen alles wie im siebten Himmel, fast schon oberflächlich, erscheint. Stijn verdient sich mit seiner unbeherrschten Art dabei nicht gerade Symapthiepunkte und Carmen kann man ihr verzeihendes Verhalten ebenfalls nicht abnehmen. Dass das aber alles von Oerlemans gewollt ist und sein Film voller Kontraste gespiegelt ist, merkt man nach dem ersten Drittel des Films und von da an ist man wie gefesselt von der emotionalen Liebesgeschichte zweier Charaktere, mit denen man durch Himmel und Hölle geht.

Dass man am Anfang so eine Abneigung gegenüber den Charakteren empfindet und sich schließlich vollkommen in ihre Lage hineinversetzen kann und sie richtig liebgewinnt, ist selten, aber bei "Love Life" absoluter Standard. Stijn, der zu Beginn so eindimensional erscheint, könnte tiefgründiger nicht sein und auch von der anfangs blassen Carmen ist man bald hin und weg. Das Drama braucht seine Zeit, bis es in Schwung kommt, aber mit jeder Spielminute lernt man die Eigenschaften, Gefühle und das Denken beider Charaktere näher kennen und kann sich immer mehr in die Geschichte hineinfinden. Stijn verkörpert dabei das pure und beschwingte Leben, während Carmen an Krebs leidet und ihrem Mann nicht vertrauen kann. Sogar für Roos, Stijns heimliche Geliebte, empfindet man keine Abneigung, denn der Film wertet nicht, er erzählt.

Die ausdrucksstarken Szenen werden von der Musik unterstrichen, indem die Hintergrundgeräusche völlig ausgeblendet werden und man nur noch ein leises Piano und die Konversationen von Stijn und Carmen oder ihre Handlungen beobachtet. Vor allem bei Dramen ist die Musik ein wichtiger Bestandteil und hier überzeugt der Komponist mit perfekt eingearbeiteten Melodien, welche die Gefühlslage stets widerspiegeln und den Zuschauer in denselben Zustand wie den der Hauptcharaktere versetzt. Zudem muss man das Zusammenspiel beider Hauptdarsteller loben, die sich allein mit Blicken verständigen können, sodass sich ihr Empfinden auf der Leinwand bis ins Herz der Zuschauer überträgt. Insbesondere Barry Atsma kann seinen zwiespältigen Charakter phänomenal darstellen und gehört jetzt schon zu den Größen der Niederlande.

Dieses Drama ist wirklich keine leichte Kost, im Gegenteil. Durch Carmens Erkrankung wird einem bitter bewusst, dass das Leben nicht so verlaufen kann, wie man sich es wünscht. Das Thema Krebs in der ersten Hälfte und die Abgründe des Lebens inklusive Fremdgehen in der zweiten kommen deutlich zum Ausdruck und werden ohne Verschönigung oder Klischees aufgezeigt. Das Ehepaar muss erkennen, dass ihr Gelöbnis auf der Hochzeit keine leere Floskel ist. Keine Szene wirkt gestellt oder als Lückenfüller, denn der Film ist bis zum Schluss schonungslos und ehrlich. Kontrastreich, tragisch, expressiv und unendlich traurig beschreiben den Film wohl am besten. Zahlreiche Szenen treffen mitten ins Herz und berühren die Zuschauer auf emotionaler Ebene. "Love Life" könnte man auch als Feel-Bad-Movie bezeichnen, aber einen von der wertvollen Sorte. Jedoch sollten Filmfans, die sich absolut nicht für Dramen begeistern können, den Film nicht unbedingt als erste Wahl treffen. Denn auch die abgehärtetesten Dramenliebhaber werden am etwas zu lang geratenen Ende zu den Taschentüchern greifen müssen.

Fazit

"Love Life" ist ein erdrückendes und gleichzeitig eindruckvolles Drama zum Nachdenken. Im Banne der zwei starken Hauptcharaktere, perfekt gespielt von Barry Atsma und Carise van Houten , ist der niederländische Kinohit weit entfernt von Hollywoodklischees und zeigt, wie schonungslos, brutal und wertvoll das Leben ist.

Tanya Sarikaya - myFanbase
04.11.2011

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