Bewertung
Michael Winterbottom

Killer Inside Me, The

"Hier bist du ein Mann und Gentleman oder du bist gar nichts!"

Foto: Copyright: 2011 Universum Film GmbH
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Inhalt

Lou Ford (Casey Affleck) ist Hilfssheriff in einer texanischen Kleinstadt, verfügt über glänzende Manieren, erfreut sich großer Beliebtheit bei den Bewohnern und lebt in einer vordergründig glücklichen Beziehung mit der attraktiven Amy Stanton (Kate Hudson). Doch in Wahrheit ist er ein skrupelloser, brutaler Mörder, ohne Anzeichen von Reue. Als er auf die Prostituierte Joyce Lakeland (Jessica Alba) trifft, stürzt er sich in eine intensive Affäre, die nach einer kurzen Weile in einem brutalen Mord mündet und einen Staatsanwalt (Simon Baker) auf den Plan ruft, der Lou das Image des gesetzestreuen Bürgers nicht abkauft...

Kritik

Michael Winterbottom ist kein Regisseur, der es sich gerne leicht macht. Betrachtet man seine Filmographie so wird schnell ersichtlich, dass ihn schwere, provokante, sperrige Projekte geradezu anziehen. Ein Werk wäre beispielsweise das afghanische Flüchtlingsdrama "In This World", für den er im Jahre 2003 auch die höchste Auszeichnung der Berlinale, den Goldenen Bären für den Besten Film, errang. Es folgten dystopische Science-Fiction-Visionen, ein Erotikdrama, das aufgrund seiner expliziten Sexszenen äußerst kontrovers diskutiert wurde, ein Doku-Drama über britische Häftlinge im Hochsicherheitsgefängnis Guantanamo oder auch die wahre Geschichte der Entführung und Ermordung eines amerikanischen Journalisten in Pakistan, mit Angelina Jolie in der Hauptrolle. Im Jahr 2010 kehrte er dann mit seinem neuen Film "The Killer Inside Me" zum Ort seines damaligen Triumphes, auf die Berlinale, zurück und löste wieder einmal äußerst kontroverse Diskussionen aus.

Die Diskussionen bezogen sich hauptsächlich auf die von vielen als zu hart und drastisch empfundenen Gewaltszenen, die zudem frauenverachtende Tendenzen aufweisen sollten. Betrachtet man diese Gewaltexzesse im Kontext des Filmes, so kann herausgestellt werden, dass es sich wahrlich um schonungslos und kompromisslos inszenierte Gewaltexplosionen handelt, bei der die Kamera keine Gnade kennt, frontal drauf hält und zeigt, wie der von Casey Affleck dargestellte Kleinstadtsheriff Jessica Albas Charakter das Gesicht so brutal einschlägt, dass nur noch eine blutige Masse zurückbleibt. Die Frage, die sich nach solch schonungslos inszenierter Gewalt zwangsläufig stellt, ist die, ob es für die Filmhandlung wirklich nötig ist, derartige Gewalt auf den Zuschauer loszulassen. Hat die gezeigte Gewalt einen Sinn, ist sie für die Nachvollziehbarkeit der Handlung unabdingbar oder ist sie reiner Selbstzweck? In Winterbottoms Film trifft wohl eher das zweite zu. Eine so lange, brutale Gewaltszene hätte es nicht gebraucht, um dem Zuschauer klar werden zu lassen, dass wir es hier mit einem kompromisslosen Killer zu tun haben. Im Gegenteil, eine nur angedeutete, subtilere Art der Darstellung wäre hier wesentlich schockierender gewesen.

Doch man sollte sich nicht zu sehr auf die gezeigte Gewalt in diesem Film versteifen, sondern schauen, was der Film jenseits dieser Skandalszenen noch zu bieten hat und das ist leider nicht sonderlich viel. Im Grunde haben wir es hier mit einem konventionellen Serienkillerthriller zu tun, in dem es einen Killer gibt, den wir durch den Film begleiten, der auf den ersten Blick ein guter, anständiger Polizeibeamter ist und der, wenn niemand hinzuschauen scheint, Menschen tötet und dies zu verschleiern versucht. Die Polizei und ein Staatsanwalt ermitteln und kommen ihm immer näher. Mehr ist es nicht und mehr wird in diesem Film auch nicht erzählt. Wer auf eine differenzierte, psychologische Betrachtung des Innenlebens eines Mörders hofft, wird enttäuscht. Außer kleinen Andeutungen, in Form von Rückblenden, verzichtet der Film völlig auf irgendeine Form von Charakterzeichnung oder tieferer Ergründung der Handlungsmotivationen des Killers.

Der Film bleibt an der Oberfläche, plätschert vor sich hin, nur unterbrochen von den erwähnten Gewaltexzessen, man wundert sich über die Anhäufungen von Belanglosigkeiten und Klischees, und hofft, dass nun endlich mal was Interessantes, Mitreißendes geschieht, doch man hofft vergeblich. Ein wirklicher Spannungsbogen ist nicht existent.

Die Darsteller, allen voran Casey Affleck, wissen durchaus zu überzeugen und machen das Beste aus ihren schwach gezeichneten Charakteren, wobei Jessica Alba und Kate Hudson im Grunde nichts weiter zu tun haben, als in Unterwäsche herumzulaufen und wahlweise vor erotischer Verzückung oder echter Schmerzen zu schreien. Warum manche dem Film Frauenfeindlichkeit vorwarfen, überrascht nach solchen Szenen nicht mehr.

Fazit

Skandalträchtige Szenen machen lange noch keinen guten Film: Dieser wäre aufgrund seiner Belanglosigkeit schnell in der Versenkung verschwunden, wären da nicht diese Szenen, die über reinen Selbstzweck nicht hinauskommen und das Ganze dann doch noch zu einem echten Ärgernis werden lassen.

Moritz Stock - myFanbase
07.05.2011

Diskussion zu diesem Film