Bewertung
Cameron Crowe

Jerry Maguire - Spiel des Lebens

"I hated myself... no, I hated my place in the world."

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© Sony Pictures Home Entertainment

Inhalt

Jerry Maguire (Tom Cruise) ist ein charismatischer, wortgewandter und sehr erfolgreicher Sportagent, bei dem es auch im Privaten scheinbar wirklich gut läuft. Doch die Fassade trügt: Jerry wird mehr und mehr klar, dass er bei all seinem Erfolg und seinen vielen Klienten die Menschlichkeit und Nähe gegenüber den einzelnen Individuen, die er vertritt, verloren hat. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus, schreibt er einen Leitfaden darüber, wie man wieder zurück zu einem ehrlicheren und persönlicheren Umgang kommen könnte. Doch seine Firma interessiert ein solcher Ansatz wenig und Jerry wird kurzerhand gefeuert. Einzig die alleinerziehende Mutter Dorothy (Renée Zellweger) bekennt sich zu Jerry und hilft ihm, auf eigenen Beinen zu stehen. Leider verhalten sich seine ehemaligen Klienten nicht so loyal und so kommt es, dass Jerry am Ende nur ein einziger Klient bleibt, an dem nun Jerrys ganze Existenz hängt.

Kritik

Cameron Crowe - ein Regisseur, der für Filme mit spannenden, authentischen und interessanten Charakteren steht, die in Geschichten agieren, die einen mitfühlen lassen, die berühren, aufwühlen und oftmals sogar richtiggehend glücklich machen. Sein Debütfilm "Say Anything" kann als die schönste, aufrichtigste und ehrlichste Liebesgeschichte gesehen werden, die man im Kino je sehen konnte. Sein Nachfolger "Singles" war eine wunderbar lockere, leichte, unterhaltsame Studie über Beziehungen und ein Film, der eine ganze Generation nachhaltig prägte. "Almost Famous" ist nichts weniger als der beste Film über Musik und alles was damit zusammenhängt. "Vanilla Sky" ist ein atemberaubender Albtraumtrip, der einem nachhaltig im Gedächtnis bleibt und zuletzt kreierte er mit "Elizabethtown" ein wunderschönes Selbstfindungsdrama. Man könnte also meinen, dass Crowes Filmographie makellos ist, dass ein Triumph dem nächsten folgte, doch das entspricht leider nicht der Wahrheit. Im Jahre 1996 inszenierte er nämlich noch den Film "Jerry Maguire" für den er auch, wie bei all seinen Filmen, das Drehbuch verfasste. Und leider fehlt diesem Film so gut wie alles, was Crowe sonst auszeichnet.

Das größte Problem ist, dass der Film schlicht und einfach zu viel will: Er will ein spannendes, überzeugendes Sportlerdrama, ein nachdenkliches Selbstfindungsdrama, eine emotional packende Liebesgeschichte und dazu noch etwas über Männerfreundschaften erzählen. Doch es ist einfach so viel, dass kein einziger Storystrang wirklich überzeugend erzählt werden kann. Es bleibt alles an der Oberfläche, der Zuschauer findet keine emotionale Bindung zu den Charakteren und somit auch nicht zu der Geschichte, die dazu noch durchweg vorhersehbar und wenig mitreißend erzählt wird.

Die Charaktere bleiben oberflächlich, entwickeln kein Eigenleben, weil sie die ganze Zeit von einem Plotpunkt zum nächsten gehetzt werden. Nach dem Motto: So, wir müssen noch kurz die Liebesgeschichte voranbringen, haben aber wenig Zeit, da noch die ganzen anderen Storys warten. Okay, wir geben den beiden Liebenden ein Date und dann sollte es auch ganz schnell zur Hochzeit und zur anschließenden Beziehungskrise übergehen, damit unser Held am Ende des Films noch in einer ergreifend-romantischen Szene diese Liebe retten kann.

Der Film hat wirklich viele Probleme, im Grunde passt nichts, was im Drehbuch eventuell noch überzeugend wirkte, so richtig zusammen. Da können die Darsteller auch nicht mehr viel retten. Cruise ist eben Cruise und betreibt das ein oder andere mal Overacting, aber ansonsten spielt er ganz überzeugend; Cuba Gooding Jr. lacht zumeist die ganze Zeit über seine eigenen Sprüche, was ihm merkwürdigerweise den Oscar einbrachte, warum hat er wohl auch selbst nie begriffen; und Renée Zellweger ist einfach nur zuckersüß und damit auch schon die größte Stärke des Films.

Fazit

Wo sonst bei Crowe authentische, sympathische Charaktere in mitreißenden, emotional packenden Geschichten agieren, werden in diesem Film Crowes Stärken plötzlich zu Schwächen: Eine unausgegorene, hektische und kaum emotional ergreifende Geschichte mit Charakteren, die einem fremd bleiben. Crowe beweist mit diesem Film, dass auch er nur ein Mensch ist, was er wirklich kann, bewies er dann vier Jahre später mit seinem Meisterwerk für die Ewigkeit, Almost Famous", mit dem er filmisch diesen Ausrutscher schnell vergessen ließ.

Moritz Stock - myFanbase
09.08.2010

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