Bewertung

Review: #2.15 Anna Mae

Foto: Viola Davis & Charlie Weber, How to Get Away with Murder - Copyright: 2017 ABC Studios; ABC/Richard Cartwright
Viola Davis & Charlie Weber, How to Get Away with Murder
© 2017 ABC Studios; ABC/Richard Cartwright

Nach den beiden letzten Folgen, bei denen nicht nur die Autoren alle Asse zogen, um eine geniale Storyline zu kreieren, sondern auch die Schauspieler zu Höchstform aufliefen, um diese spannenden Wendungen möglichst fesselnd umzusetzen, kann man dieses Finale eigentlich nur mit einem Wort beschreiben: Durchschnittlich.

Anna Mae

Dass man Annalises Mutter erneut an Bord holte, war nach dem ersten intensiven Zusammentreffen ein Zeichen dafür, dass es sich erneut um eine äußerst emotionale Begegnung handeln wird. Da hat man jedoch leider falsch gedacht. Man streute durchaus einige gute Momente ein und zeigte uns durch wenig Makeup auch für einige Sekunden eine verletzliche Viola Davis, doch alles in allem hatten die Szenen in Memphis vor allem einen Beigeschmack und der heißt neue Storyline. Ich finde es an sich nicht schlecht, mehr von der zentralen Figur Annalise in erfahren, doch die neue Handlung rund um sie, ihre Mutter, ihren Vater und ihre Schwester wurde für mein Gefühl zu einer eigenartigen Zeit eingeläutet. Man steckt momentan mitten in der Ermittlung im Mahoney- und Hapstall-Fall, zu denen man sich zum Staffelfinale ein Auflösung wünscht und hat uns außerdem über Annalises Verlust rund um das Baby (zu dem ich später noch komme) aufgeklärt. Da wirkt diese neue Geschichte mit ihrer Familie erst einmal ziemlich schwach gegen, da weder ihr Vater noch die Schwester sonderlich viel Ausstrahlungskraft haben oder uns mit einer neuen fesselnden Handlung begeistern könnten. Es wird ein neues Kapitel aufgeschlagen, ohne die alten zuvor abzuschließen und das durch einen so holprigen Übergang, dass man wenig Lust auf die neuen Entwicklungen verspürt. Dass können Shonda Rhimes und Pete Nowalk eigentlich besser, weshalb die Geschichte rund um Annalises Familie und die Einführung von Nate als festem Freund umso enttäuschender wirkt.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es einzig in dem Moment, als Ophelia und Annalise sich von dem toten Baby verabschiedet haben. Für einen winzigen Augenblick kam hier das Gefühl auf, den richtigen Ton zu treffen. Doch da man weder darauf einging, was Annalise auf dem Zettel notierte, noch eine Reaktion von Ophelia darauf zeigte, versiegte die Freude über die schöne Mutter-Tochter-Szene schnell wieder.

Lose Fäden

Während die Geschichte rund um Annalise in einer Blase neben der Haupthandlung zu existieren scheint, versuchen die Autoren gleichzeitig, die ungelösten Fälle zu einem Abschluss zu bringen. Ohne die zentrale Figur der Serie und ihre Interaktion mit den anderen Charakteren funktioniert das Ganze allerdings nicht recht.

Seit Beginn der Staffel befassen wir uns mit den Hapstalls, deren Spannungsfaktor einigen Schwankungen unterlegen war. Da man sich seit dem Winterfinale immer weniger mit ihnen beschäftigte und den Fall quasi zu den Akten gelegt hat, geht die Strategie, nun eine 180° Kehrtwende hinzulegen, meiner Meinung nach nicht auf. Es war von Beginn an festgelegt, dass Phillip Jessup der Böse ist und Caleb Hapstall der Gute, doch in den letzten Minuten der Serie dreht man den Spieß um. Und das vollkommen ohne Erklärung. Caleb wird innerhalb von Sekunden zum soziopathischen, geldgeilen Serienmörder, der auf

seine Schwester steht und nichts lieber tun möchte, als seine Adoptiveltern aus dem Weg zu räumen. Hätte man sich auf irgendeine Weise die Mühe gemacht, diese krasse Entwicklung zu erklären, oder uns Caleb glaubhaft dazu zu zeigen, würde ich mich vielleicht mit diesem Ende abfinden können. Aber eine Aussage des blassen Philip gepaart mit dem spontanen Selbstmord von Caleb sind einzig und allein einfallslos. In meinen Augen dient dies nur dazu, um den Zuschauer am Ende der Staffel davon zu überzeugen, dass wir den Cliffhanger nicht haben kommen sehen. Haben wir auch nicht, weil er nicht nur undurchdacht, sondern auch schlecht ist. Es gab keine Hinweise darauf, dass Caleb selbstmordgefährdet war oder irgendwelche Skrupel wegen des Mordes verspürte. Auch Hinweise auf einen glaubwürdigen Philip gab es nicht und dennoch sollen wir uns jetzt so einfach damit abfinden? Auf mich wirkt das Ganze, als hätte man eine möglichst unerwartete Wendung einbauen wollen und dabei ganz vergessen, die Glaubwürdigkeit aufrecht zu erhalten. Auch wenn Annalise und ihre Leute sich ab und an am Rand der Glaubwürdigkeit beweget haben, konnte man immer noch ein Auge zu drücken. Doch nun hat man den Bogen weit überspannt.

Auch die Erklärung, warum Frank für Sam zum Mörder geworden ist, gefällt mir nicht recht. Hat er sich jetzt zehn Jahre mit Schuldgefühlen herumgeplagt und konnte diese dann beseitigen, indem er in Sams Namen einen unschuldigen Menschen umbringt? Man versucht zwar auch hier, die losen Enden zu verbinden, aber recht schlüssig wirkt dies auf mich nicht.

Keating Six

Annalise ist nicht anwesend, weshalb die Studenten sich selbst überlassen sind und eigentlich nur eins tun: faseln. Es ist unfassbar, wie wenig man sie mit einander interagieren lässt. Nur in drei kleinen Szenen, greift man wichtige Schlüsselmomente auf und reagiert auf die vorangegangenen Geschehnisse. Nummer eins ist das Gespräch von Asher und Michaela. Zu Beginn der Serie hätte sicher niemand die beiden zusammen gesehen, doch durch ihre Gegensätze scheinen sie sich in meinen Augen nun geradezu magisch anzuziehen. Auf diese plötzliche Entwicklung investiert man allerdings nur wenig Zeit, zeigt dabei allerdings auf, dass beide einander nicht abgeneigt sind. Ich finde es gut, dass man in dieser sehr durchwachsenen Episode wenigstens nicht vergisst, die gemeinsame Nacht der beiden wenigstens kurz anzusprechen. Nummer zwei ist die Szene zwischen Laurel und Wes, bei der er ihr von Wallace erzählt und es beinahe zu einem zweiten Kuss kommt. Ich fände es recht unterhaltsam, wenn wir in Staffel drei nur Pärchen unter den Studenten hätten, bin aber dennoch der Meinung, dass bei Wes und Laurel noch einiges geschehen sollte, bevor sie sich auf einander einlassen. Beide sind starke Charaktere, die im Verlauf der Serie einiges schlucken mussten. Dennoch gibt es hier durchaus Potential. Nummer drei war der Moment, in dem Oliver entschied, Connor die Annahme in Stanford zu verheimlichen. Der Computerfreak fühlt sich in der Kanzlei nun immer wohler, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Bisher hatten wir immer einen Außenseiter, der über die Morde nicht Bescheid wusste. In Staffel eins war es Asher, in der zweiten Oliver. Wenn auch er zu den Keatings Five stößt, wer wird dann der ruhende Pol? Außerdem war es immer gut, eine moralische Komponente zu haben, doch Oliver gleitet nun immer mehr auf Abwege, was wenig spannend ist.

Alles in allem hatten die Studenten nur Randaktivitäten, die wenig Eindruck gemacht haben und ähnlich wie die Story in Memphis nur dazu gedacht waren, neue Entwicklungen einzuleiten.

Wallace Mahoney

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass die Mahoney-Story in der Gegenwartshandlung hohen Wellen schlägt, doch das Ende der Geschichte war eigentlich nur enttäuscht. Ich hätte gern gesehen, wie Wes eine Beziehung zu seinem Vater aufbaut oder auch von ihm abgewiesen wird. Doch die wenigen Silben, die sie mit einander gewechselt haben, haben einfach nur dafür gesorgt, dass man sich mit dem leicht entstandenen Interesse völlig Fehl am Platz gefühlt hat. Adam Arkin war ein guter Schauspieler, der seine Rolle in der Serie sehr gut rübergebracht hat. Ihn nun auf diese Weise zu streichen, erscheint mir schon fast unfair, da Wes schon so viele Verluste hinnehmen musste.

Der Kopfschuss kam aus dem Nichts und verspricht zwar eine Ermittlung für Staffel drei, doch mehr ist dafür nicht mehr an dem Fall dran. Es wird keine neuen Erkenntnisse für Wes über seinen Vater geben, außer er erhält sie vielleicht von einem weiteren Mahoney-Familienmitglied aus zweiter Hand. Es wird keine Streitgespräche über Rose geben, da Wes niemanden zum diskutieren hat.

Fazit

Diese Episode hat sich definitiv nicht wie ein Staffelfinale angefühlt und würde auch sonst nur eine durchschnittliche Folge abgegeben, da sie eigentlich nur dazu dient, neue Handlungen abzuschließen. Die bestehenden werden auf unzufriedenstellende Weise abgehakt und man weiß nicht recht, wohin die Einfallslust der Autoren so plötzlich verpufft ist.

Marie Florschütz - myFanbase

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