Bewertung

Review: #3.11 Unser Mann in Teheran

Das Spiel kann beginnen! Die Frage ist nur, wer spielt eigentlich welches? Brody hat es zu Javadi nach Teheran geschafft. Sauls Plan läuft also zunächst genauso wie gedacht. Aber "Homeland" wäre nicht "Homeland", wenn das so einfach wäre. Und so entpuppt sich #3.11 Unser Mann in Teheran als eine spannungsgeladene Folge, in der nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Zuschauer bis zum Ende nicht genau wissen, was eigentlich vor sich geht.

"The mission is Akbari. […] Getting Brody out? Strictly optional."

Während Brody dank Javadis Hilfe in Teheran ankommt, reist Carrie ebenfalls in den Iran, um die Mission rund um die Ermordung Akbaris ins Rollen zu bringen. Ihr eigentliches Hauptaugenmerk liegt aber vor allem darauf, dass das Ganze für Brody nicht zur befürchteten 'Suicide Mission' wird. Die CIA will das genauso wenig. Zumindest bis zur Hälfte der Episode. Denn dann wendet sich interessanterweise das Blatt…

"It all started here."

Zunächst scheint Sauls Plan aufzugehen. Vorbereitungen für die Ermordung Akbaris werden getroffen. Alle wissen, was zu tun ist – und halten sich daran. Das unterhält einen als Zuschauer durchaus ganz gut, ist im Vergleich zur zweiten Hälfte der Episode aber eher weniger spektakulär. Denn in der nehmen die Geschehnisse plötzlich eine Wendung, mit der wohl keiner gerechnet hätte. Eigentlich soll Brody auf einer Straße Akbari treffen und die Gelegenheit nutzen, ihn auszuschalten. Akbari verlässt den Ort des Geschehens aber, bevor passieren kann, was eigentlich passieren sollte. Absichtlich? Hat Akbari etwas geahnt??? Man weiß es nicht… Ganz so abwegig ist der Gedanke nicht. Warum sonst sollte Akbari Brody auf einmal mit Abu Nazirs Witwe und demzufolge mit seiner Vergangenheit konfrontieren? Mit all dem, was seine Loyalität gegenüber den USA, der CIA und seiner eigentlichen Aufgabe im Iran ins Wanken bringen könnte? Brody stand schon immer zwischen allen Stühlen. Staffel 1 und 2 waren ein einziges Hin und Her, ein einziges Schwanken zwischen dem Brody, der sich nach seinem alten Leben als treusorgender Familienvater und pflichtbewusstem US-Marine sehnt, und dem Brody, der als Kriegsgefangener vermeintlich von Abu Nazir 'gerettet', tatsächlich aber von ihm manipuliert und zum Schläfer ausgebildet wurde. Und nach all dem, was Brody in der bisherigen Staffel miterleben musste, wäre es durchaus denkbar, dass er sich wieder in Abu Nazirs Welt flüchtet. Wer könnte es ihm verübeln?

"Live is unlivable. But I survive. It's what we do."

Brody stellt im Gespräch mit Abu Nazirs Witwe fest, dass er alles verloren hat, seitdem er einen Terroranschlag auf die USA verüben wollte. Sein ganzes altes Leben ist dahin. Seine Familie. Er. Er meint, der Iran wäre der einzige Ort auf der Welt, auf dem er noch Frieden finden könnte. Und in der Tat: Im Glauben, er wäre der Langley-Attentäter, feiern ihn die Iraner als Helden. Er ist wieder jemand. Er muss sich dort nicht verstecken. Er ist ein "big man in Tehran […]. A really big man". All das, was er in den USA mal war, aber längst nicht mehr ist. Im Iran könnte es ihm theoretisch so viel besser gehen als in seiner Heimat. Warum also sollte er sich nicht dieses eine Mal noch gegen die USA stellen, die Mission Mission sein lassen und versuchen ein neues Leben in einem Land zu beginnen, in dem er Anerkennung erfährt? In dem er nicht der Staatsfeind Nr. 1 ist? Alles was er will, und das gibt er nicht nur Nazirs Witwe zu verstehen, sondern auch Carrie, ist aufzuhören wegzulaufen. Jetzt hätte er die Chance dazu. Und so werden die Zuschauer gekonnt an der Nase herumgeführt. Denn es macht einfach Sinn. Brodys Beweggründe sind absolut nachvollziehbar. Alles was er sagt, was er tut – alles sieht danach aus, als würde er tatsächlich, ein allerletztes Mal sein Vaterland verraten, um einen Neuanfang wagen zu können.

"We can't trust Brody. We never could. We need to end it." - "You mean, end Brody!?"

Während Brody im Iran mit seinen angeblichen Heldentaten von Interview zu Interview tingelt und sich vom iranischen Volk feiern lässt, wird der CIA immer bewusster, wie sehr die ganze Geschichte aus dem Ruder läuft. Sie haben dem Iran in die Hände gespielt. Haben ihm ideales Futter geliefert, um dessen Propaganda-Maschinerie zu füttern. Perfekt. Für den Iran. Nicht natürlich für die USA. Und schon gar nicht für die CIA, allen voran Saul, Dar Adal und Lockhart, die diesen Schlamassel zu verantworten haben. Saul wirkt sogar zum Teil so, als würde ihm die Situation über den Kopf wachsen und lässt sich von Dar Adal, besonders aber von Lockhart in eine bestimmte Richtung schieben. Und diese Richtung heißt: "Brody has gone from asset to serious liability." Mit anderen Worten: Die USA kann sich nicht leisten, ihn noch länger frei herumlaufen zu lassen. Er muss aus dem Weg geschafft werden. So jedenfalls Lockharts Vorschlag. Das letzte Wort hat als Leiter der CIA aber immer noch Saul. Und der würde doch nicht ernsthaft Brodys Ermordung in Auftrag geben!??? Doch. Genau das würde er… Es passt zu seiner Wandlung. Als Zuschauer hätte man zwar gehofft, dass er so weit nie gehen würde. Aber schon die gesamte Staffel über war mitanzusehen, dass seine neue Rolle als CIA-Leiter ihm Dinge abverlangt, die man früher nie von ihm erwartet hätte. Und natürlich macht es aus CIA-Sicht Sinn, Brody ermorden zu lassen. Er ist nun mal eine "liability". Seine 'Liquidierung' ist wahrscheinlich das einzige, was der CIA jetzt noch übrig bleibt. Und trotzdem mag man Augen und Ohren nicht glauben, als Saul sein Okay dazu gibt.

"You really fucked up this time!"

Carrie versucht Saul in einem Telefongespräch noch zu beschwichtigen, sagt ihm, dass sie Brody kennt, dass sie ihm vertrauen sollen, dass er nur seine Tarnung aufrechterhalten will. Sie spürt aber, dass irgendetwas vor sich geht und Saul nicht mehr an Brodys Integrität zu glauben scheint. Also warnt sie Brody. In guter alter "Homeland"-Manier. Und in guter alter "Homeland"-Manier kriegt Saul davon Wind und wirft ihr vor, dass sie es dieses Mal so richtig verbockt hätte. "You really fucked up this time!" Wie oft hat man diesen Satz Saul inzwischen schon gegenüber Carrie sagen hören? Wahrscheinlich unzählige Male. Es ist doch immer wieder das Gleiche: Die CIA/Saul plant etwas, Carrie ist nicht einverstanden, handelt auf eigene Faust und versaut damit (möglicherweise) alles. Nur dass sie das nie tut, weil sie letzten Endes doch immer den richtigen Riecher hat. Doch wie oft kann sie sich ihre Alleingänge eigentlich noch erlauben, bis diese endlich mal ernsthafte Konsequenzen haben???

"It is hard when you don't have faith."

Da Brody nun weiß, dass ihm die Zeit davon läuft und ihm die CIA auf den Fersen ist, muss er handeln. Er eilt zu Akbari und offenbart ihm alles: Javadis doppeltes Spiel, den Plan der CIA, seine Rolle in dem Ganzen. Und als Zuschauer denkt man bis zur letzten Minute wirklich, dass er die Seiten gewechselt hat. Es passt alles zusammen. Alle Geschehnisse in dieser Folge wurden so konstruiert, dramaturgisch so aufgebaut, dass genau das die logische Konsequenz sein könnte. Aber sie ist es nicht. Stattdessen stellt sich heraus, dass Brody genau das getan hat, was Carrie im Gespräch mit Saul vermutete: "The plan changed. So we do what we always do. We adjust." Brody hat sich auf die neuen Umstände eingestellt, hat einen anderen Weg gesucht (und gefunden), um an Akbari heranzukommen und seinen Auftrag zu erfüllen. Und es ist ihm gelungen. Alles, was sowohl die CIA als auch Carrie brauchte, war Vertrauen in ihn. Und Carrie war wohl die einzige, die das noch hatte.

Fazit

So spannend es auch mit anzuschauen war, dass sich Brody bis zum Schluss nicht in die Karten schauen ließ, muss man sich, wenn man genau darüber nachdenkt, aber doch fragen: Warum eigentlich? Warum geht er dieses Risiko ein? Es hätte doch mit Sicherheit über Javadi, vielleicht sogar über Carrie eine Möglichkeit gegeben, die CIA über sein eigentliches Vorhaben zu informieren. Wozu die Heimlichtuerei? Was hat das gebracht – außer, dass ihn seine eigenen Leuten nun um die Ecke bringen wollen?! Seinen Plan hätte er sicher auch in die Tat umsetzen können, ohne es sich derart mit der CIA zu verscherzen. So richtig einleuchten will das also nicht. Andererseits wäre #3.11 ohne dieses Spielchen nur halb so unterhaltsam gewesen… Die große Frage ist nun: Wie geht es weiter? Was passiert im großen Staffelfinale? Brody kam zu Akbari und meinte: "I came here to redeem myself." Aber ob ihm das wirklich gelungen ist?! Die nächste Folge wird es zeigen…

Franziska G. - myFanbase

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