Bewertung

Review: #1.07 Die Hütte am See

In der Regel mag ich die Episoden einer Serie besonders, in denen viel passiert. In Sachen "Homeland" würde das bedeuten, dass besonders in den Ermittlungen Fortschritte passieren, neue Zusammenhänge aufgedeckt werden oder sich ganz neue Entwicklungen ereignen. In dieser Episode gewinnt aber die Langsamkeit an Bedeutung. Nun hat "Homeland" schon oft mit intensiven Szenen aufwarten können, die viel Zeit in Anspruch nehmen durften und daher viel besser wirkten und zur Geltung kamen. #1.07 Die Hütte am See ist diesbezüglich aber noch mal herausragend.

"Next stop to Mexico"

Aileen Morgan flüchtet nach Mexiko, weil sie zurecht vermutet, dass auch sie bald von Abu Nazirs Männern oder eben von der CIA erwischt werden wird. Die CIA ist quasi schneller und konfrontiert Aileen mit der Wahrheit. Sauls Strategie ist schon sehr interessant und vor allem Erfolg versprechend. Aileen einfach so lange ihre Situation vor Augen zu führen, bis sie zu reden beginnt, führt vor allem dazu, dass man sehr viel über sie erfährt. Zwar ist dies auch viel Spekulation von Saul, doch die Kausalität der Ereignisse lassen vermuteten, dass Saul an sehr viel Stellen wirklich Recht hat, auch wenn Aileen eisern versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Doch Saul hat ja auch noch die zweite Strategie, auch noch durch seine Öffnung seines Lebens so privat zu werden, dass er zu Aileen wirklich eine Bindung aufbaut, die es ihr immer schwerer macht, nichts zu sagen. Aileen ist dabei wirklich gut getrimmt, bloß nichts preiszugeben, doch letztlich ist Saul besser. Das ist sehr gelungen umgesetzt, weil beide Schauspieler wahnsinnig gut zusammen agieren, jeder seiner Charaktere seine Eigenschaften deutlich mit einbringt und am Ende nachvollziehbar agiert wird. Das ist ein geringer Ertrag, aber diese Nebengeschichte hat bestens zur gesamten Episode gepasst.

"Who does like people fucking with them?"

Es hatte sich in der letzten Episode bereits angekündigt, dass sich diese Episode wohl sehr intensiv mit dem Pairing Brody und Carrie widmen würde. Allein deshalb schon war die Vorfreude groß und man wurde wahrlich nicht enttäuscht. Schon der Ausflug in die Bar mit dem dreisten Perversen war überaus gelungen. Carrie war als schlagfertige Powerfrau ebenso amüsant wie Brody als aufopferungsbereiter Mann, der Carrie verteidigt und dann mit ihr halb ängstlich, halb lachend die Flucht bestreitet. Es ist die Leichtigkeit des Alkohols, die hier als Katalysator dient. Nach diesem kleinen Kick geht es aber weiter, denn eigentlich war, dies im wahrsten Sinne des Wortes, nur ein Vorspiel. Carrie lädt Brody für das Wochenende in die Familienhütte außerhalb der Stadt ein und genießt mit ihm die Ruhe und Abgeschiedenheit. Was man aber bei all den emotionalen Szenen nicht wirklich herausbekommt, ist, inwiefern die Gefühle echt oder nur gespielt sind. Macht Carrie das, um Brody auf den Zahn zu fühlen, oder hat ihre intensive Beschäftigung mit Brody echte Gefühle verursacht? Wie schon vor zwei Episoden steht man vor dieser Frage. Letzteres wirkt am Ende der Episode plausibler, weil Carrie doch ziemlich mitgenommen ist. Das eröffnet natürlich einige Möglichkeiten. Carrie hat sich in den Mann, den sie als Terroristen vermutet, verguckt. Und Brody? Er ahnte eigentlich bisher noch nichts und da ihm seine Frau immer noch sehr fremd erscheint, war ihm Carrie schon eine willkommene Abwechslung bzw. wohltuende Freiheit. Dass das Wochenende für ihn real war, ist auch sehr plausibel. Es ist definitiv spannend, wie das emotional weiter geht. Genauso spannend ist aber auch die zweite Ebene, die sich hierbei ergeben hatte.

"How do you know, what tea I drink?"

Das Wochenende hat natürlich einige Auswirkungen auf Carries Theorie und die generellen Ermittlungen. Viel mehr noch, Carrie ist einen Moment zu überschwänglich bzw. unachtsam und lässt sich selbst auffliegen. Brody ist interessanterweise relativ ruhig, aber auch hinreichend schockiert. Interessanterweise stellt er sich dann auch Carries Fragen, und zwar wirklich jeder. Sogar der Frage bezüglich Issa, einem Namen, den man erstmals hört. Sein nächtliches Rufen klang nicht so, als wenn es ein Wächter gewesen wäre, aber prinzipiell beantwortet er selbst die unerwartete Frage ziemlich souverän. Das Ergebnis ist folgender Wortwechsel: "You have an answer for everything." - "But you still don't believe me." Das Faszinierende daran ist, dass es mir als Zuschauer genau so wie Carrie ging. Brodys überzeugende Antworten ließen einen stark zweifeln, doch irgendwie ließ das Konzept der Serie es nicht wirklich zu, ihn nicht weiter zu verdächtigen. Als dann aber Sauls Anruf und die neue Info kam, war man baff. Die Serie hat nach sieben Episoden tatsächlich einen plausiblen Ausweg gefunden, um trotz aller Informationen und der größtenteils gewählten Sichtweise von Carrie, Brody als potenziell unschuldig darzustellen. Wer jetzt noch nicht gefesselt ist, dem kann man auch nicht mehr helfen.

"You're grounded the whole weekend."

Nahezu unbedeutend kam in dieser Episode die kleine Geschichte um Dana daher, die Hausarrest bekommt, diesen tatsächlich versucht einzuhalten, sich dadurch über ihren Freund aufregt und ziemlich stoned durch die Glasscheibe rennt. Dana wird hier auf der einen Seite ein Stück weit verantwortungsbewusst dargestellt, weil sie zumindest verstanden hat, dass sie sich nicht immer wieder, fast schon aus Prinzip, mit ihrer Mutter anlegen sollte. Trotzdem ist sie natürlich noch voll in ihrer pubertären Phase, nimmt Drogen und testet ihre Grenzen aus. Der Unfall zeigt dann außerdem erneut, wie sehr Mike doch in die Vaterrolle hineingewachsen ist, helfend vor Ort ist und sich um alles kümmert, während Brody lieber sein Liebesleben aufpeppt. Zwar hätte man diese Kleinigkeiten auch an anderer Stelle erzählen können, doch als gelegentliche Ablenkung vom Rest des Geschehens war der Teil doch sehr funktional.

Fazit

Diese Episode überzeugt wieder mal durch zahlreiche intensive Szenen, die sehr viel für die Entwicklung der Charaktere tun und zwar nur kleine, dafür aber erhebliche Fortschritte in der Handlung bringen. Besonders das Frage-Antwort-Spiel von Brody und Carrie sowie die Wendung in der Frage nach dem potenziellen Attentäter geben der Episode einen enormen Schwung, der in meinen Augen die volle Punktzahl verursacht.

Emil Groth - myFanbase

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