Bewertung

Review: #7.14 Montag

Foto: Alan Cumming, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Alan Cumming, Good Wife
© Paramount Pictures

Alicia ist also wieder zurück an alter Wirkungsstätte. Ich bin davon ehrlich gesagt wenig begeistert. Das hängt vor allem auch mit dem Timing zusammen. Nachdem nun das bevorstehende Ende der Serie bekannt ist, hätte ich mir eine Rückkehr vielleicht sogar als guten Schlusspunkt vorstellen können. Dort zu enden wo alles begann, hätte doch je nach Verlauf der letzten Folgen ein stimmiges Bild ergeben können. Zum jetzigen Zeitpunkt aber scheint mir Alicias Rückkehr ein Eingeständnis der Autoren zu sein, dass ihr Selbständigkeit erzählerisch bereits am Ende war. Insbesondere vor dem Hintergrund, es in den vergangenen zwei Staffeln nicht geschafft zu haben, die langjährigen Weggefährten von Lockhart, Agos & Lee langfristig und sinnvoll in die Rahmenhandlung einzubinden. Es bleibt für mich ein fahler Beigeschmack, dass man es sich mit dieser Rückkehr zu einfach gemacht hat. Und dass ja nicht zum ersten Mal in der jüngeren Vergangenheit, denn schließlich war schon die Rückkehr der Kanzlei in die alten Büroräume ein nicht unerheblicher Kritikpunkt. Es erscheint mir manchmal, als habe man Angst vor der eigenen Courage gehabt und dann wieder eine Rolle rückwärts eingelegt.

Bei genauer Betrachtung der neuen "alten" Situation sind die Rollen wie zu Serienbeginn angelegt, wenn auch leicht neu verteilt. Während Cary ein wenig in Wills Rolle schlüpft und Alicia wohlgesonnen entgegentritt, darf Diane erneut die Skeptikerin geben. Grundsätzlich war dabei ihr Gespräch mit Alicia sicherlich ein Höhepunkt in dieser Folge, dennoch schien mir insbesondere Diane auch ein wenig over-the-top in ihrem Auftreten. Ich kann verstehen, dass sie Alicia klare Grenzen aufzeigen und signalisieren will, dass sie nicht einfach wieder ihre alte Stellung einnehmen kann, dennoch finde ich ihre Ansage etwas zu viel des Guten. Schließlich ist es noch gar nicht lange her, dass Alicia Diane in ihrer Kanzlei aufnahm, als sie bei Lockhart/Gardner einen schweren Stand hatte. Etwas seltsam empfand ich auch den Umgang mit Lucca. Alicia hätte doch durchaus zur Bedingung ihrer Rückkehr machen können, dass Lucca ihr unterstellt ist. Aber vielleicht habe ich Alicias Verhandlungsposition auch überschätzt und sie sah in ihrer Not einfach keinen anderen Ausweg mehr, so dass die Übernahme von Lucca allein schon das Maximum ihrer Forderung sein konnte. Außerdem missfiel mir, wie man uns Zuschauern mit der Holzhammer-Methode noch ein Rassismus-Thema aufdrücken wollte, indem man Lucca auf Teufel komm raus mit Monica paaren wollte. Das passte meines Erachtens weder zu den Persönlichkeiten von Diane noch Cary. Noch dazu, wo doch gerade in der laufenden Staffel die Kanzlei wiederholt Probleme mit der "Diversity" hatte. Da sollte doch einem Blinden auffallen, dass diese Zwangspaarung, um es vorsichtig zu sagen, nicht gerade ideal ist, wo doch wirklich jeder andere Associate diesem Fall hätte zugeteilt werden können. Zu gewohnt routiniert war leider auch noch der Running-Gag mit Alicias kaputtem Bürostuhl. Elis Bürotisch im zu kleinen Büro aus nicht allzu ferner Vergangenheit lässt da bekanntlich grüßen. Die kleinen humoristischen Einlagen waren auch schon einmal kreativer.

Dagegen gefielen mir die Idee mit den wandernden Ameisen im Gerichtssaal schon besser, auch wenn dieser Gag einmal mehr ziemlich ausgereizt wurde. Insgesamt blieb mir dann auch der Fall der Woche nicht allzu einprägsam in Erinnerung. Zum Serienende will man wohl noch einmal möglichst viele altbekannte Charaktere einbinden und tut dies hier mit Neil Gross von ChumHum. Das hätte in diesem Fall aber auch jede andere Tech-Firma sein können (wenn man einmal vom zusätzlichen Interessenkonflikt innerhalb der Kanzlei absieht), da Technik-Leaks heutzutage wohl vermehrt an der Tagesordnung sind. Insofern war das zwar ein gelungener Aktualitätsbezug, der aber genauso schnell wieder aus meinem Gedächtnis gestrichen sein wird, wie das Tempo, mit dem sich technische Neuerungen innerhalb kurzer Zeit überholen. Die Auflösung des Falls war dazu auch etwas unbefriedigend, wenn offenbar auch innerhalb der gültigen Rechtsprechung. Das Absetzen eines Tweets ist meines Erachtens nicht unbedingt mit der Arbeit eines Journalisten gleichzusetzen.

Viel spannender war jedoch alles Weitere außerhalb von Firmenpolitik und Fall der Woche, denn hier scheinen die losen Enden diverser begonnener Erzählstränge langsam aber sicher zu einem großen Knall zusammenzulaufen, der das Serienende und damit maßgeblich das Schicksal der "Good Wife" bestimmen könnte. Hier gefiel mir zunächst einmal die Anbahnung des großen Ganzen durch ein vermeintlich harmloses Flirten von Marissa mit einem jungen Mann. Daraus entwickelte sich eine hübsch und vor allem amüsant mit anzusehende Vater-Tochter-Dynamik in Person von Eli und Marissa, bei der sich eindeutig nicht leugnen ließ, dass Marissa charakteristische Eigenarten ihres Vater geerbt hat. Eli war ja geradezu stolz auf sein eigen Fleisch und Blut. Überhaupt war Eli nach der leidigen Märtyrer-Nummer mit Alicia und dem verpassten Anruf von Will endlich wieder ganz in seinem Element und in der Rolle, in der ich persönlich ihn am Liebsten sehe: der Mastermind, der die kleinsten Hinweise richtig zu deuten und die weiteren strategischen Schritte daraus abzuleiten vermag. Nach und nach offenbarten sich somit sämtliche Beteiligten, an dem bevorstehenden Big Bang. Für mich überraschend kam es dabei auch noch einmal zu einem weiteren Auftritt von Ruth Eastman. Insbesondere ihr Appell an Alicia, sich von Peter loszusagen, verlieh dem ganzen noch eine zusätzliche Brisanz. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Ausmaß der herannahenden Bedrohung für Alicia für mich noch gar nicht richtig greifbar. Mit der Einbeziehung von Richter Don Schakowsky schließt sich zusätzlich die Schlinge um Alicia und offenbar auch irgendwie um Peter, denn Elis erneuter Besuch bei Schakowsky hatte doch sicher noch einen weiteren Hintergrund. Die Auseinandersetzung von Alicia und Lucca mit Schakowsky war ja überhaupt der Grund, warum es die beiden zu Lockhart, Agos & Lee verschlagen hat und so fügen sich auch diese losen Enden langsam aber sicher zusammen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch Licht im Dunklen in Bezug auf Peters Rolle in all dem Ganzen und dann steht ja auch noch die Überwachung Alicias durch die NSA im Raum. Die wird man ja wohl kaum vergessen haben, denn so wirklich zufällig passiert bei "Good Wife" ja nun nichts, wie uns inzwischen mehr als sechs Jahre Seriengeschehen gelehrt haben.

Es wird also spannend zu sehen sein, wie Alicia nun auf Ruths Warnung reagieren wird. Sucht sie das Gespräch mit Peter? Wird sie versuchen, sich von ihm unabhängig zu machen und gar die Scheidung einreichen? Das undurchsichtige Hin und Her in ihrer Ehe könnte in eine neue Runde gehen, wenn es um den Kampf um das eigene "Überleben" geht. Andererseits könnte Alicia einmal mehr ihrer Rolle als "Good Wife" gerecht werden. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint für mich alles möglich zu sein. Ich hoffe, dass wir schon bald Antworten bekommen werden und nicht zu sehr durch weitere Fälle der Woche unnötig hingehalten werden. Nur noch acht Folgen bis zum großen Serienfinale, da wünsche ich mir jetzt zum Abschluss noch einmal ganz großes Kino, das uns möglicherweise noch einmal den Atem verschlagen wird, wie es zuletzt der Serienhöhepunkt in Staffel fünf vermochte. Dabei hoffe ich insbesondere darauf, dass die Autoren nun nicht zu vehement versuchen, wiederkehrenden Charakteren noch einmal einen letzten Auftritt zu verschaffen. Das könnte zu sehr konstruiert wirken und den nun aufgebauten Spannungsbogen noch verwässern. Es wird Zeit, dass nach der unausgegorenen und recht ziellosen ersten Hälfte der sechsten Staffel noch ein explosives Feuerwerk zum ganz großen Finale gezündet wird. Ausreichend Potential ist vorhanden, jetzt muss man sich nur noch trauen.

Jan H. – myFanbase

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