Bewertung

Review: #3.10 Eigene Wege

Foto: Julianna Margulies, Good Wife - Copyright: 2011 CBS Broadcasting
Julianna Margulies, Good Wife
© 2011 CBS Broadcasting

OK, ich stehe vor einem kleinen Dilemma, in dem ich nicht einen kleinen Aspekt, der lediglich den letzten Moment der Episode bestimmt hat, meinen ganzen Text zur Folge überschatten lassen möchte, der mich aber andererseits so wütend macht, dass ich geistig immer wieder daran hängen bleibe und mich darüber aufrege. Ich versuche also mein bestes, diese Episode nicht von meinem blanken Unverständnis über die Logik hinter Alicias Entscheidung überschatten zu lassen, aber versprechen kann ich leider nichts.

Um mal eins vorneweg zu stellen, die Trennung von Will und Alicia war unausweichlich. Mit all den leichten Andeutungen im Hinterkopf, dass Will wohl mehr in diese Beziehung investiert als sie, während gleichzeitig von Seiten Dianes und der Ermittlung der Staatsanwaltschaft Druck auf Will ausgeübt wird, war klar das irgendetwas passieren muss. Ob Will mit der Trennung nun aber die Staatsanwaltschaft los wird, bezweifle ich zwar, denn die Ermittlungen haben ja doch eigene Züge, unabhängig von Peter angenommen und mir scheint es, dass Wendy Scott-Carr wirklich Blut geleckt hat. Und ich bin mir ja auch noch nicht so ganz sicher, ob Will wirklich so sauber ist wie er allen gegenüber vorgibt zu sein.

Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema, am Ende dieser Folge befreit sich Alicia also von den störenden Ablenkungen, in dem sie die Beziehung beendet. Und das, nachdem sie einen Horrortag hinter sich hatte, in dem für einige Stunden Grace unauffindbar war sie in ihrem Kopf bereits die schlimmstmöglichsten Szenarien durchgegangen war. Was sich mir nicht richtig erschließen will, ist der Zusammenhang der Situation mit Will. Erst einmal war alles was vorgefallen ist eine Verkettung unglücklicher Umstände, für die maximal Grace etwas kann, sonst aber niemand. Was hat das damit zu tun, dass Alicia ein aktives Sexleben hat? Oder wie sonst sollen wir ihren Ärger inmitten dem ganzen Drama auf ihre sexy Unterwäsche auffassen? Ohne diese kleine Szene, würde ich mich an der ganzen Sache vielleicht auch nicht so aufstoßen, aber der Subtext hinter dem ganzen ist doch recht klar.

Will kann ihr nicht helfen, weil sie ihn natürlich auch nicht lässt. Aber aufgrund dieses auf das verantwortungslose Verhalten eines Teenagers zurückzuführende Intermezzos kommt Alicia zu dem Schluss, sich in dem Teil ihres Lebens einzuschränken, der ganz allein ihr gehört. Ist das fair? Ist das logisch? Ich hoffe wirklich, dass man ihre Motive noch weiter ergründen wird, dass sie vielleicht auch gemerkt hat, dass ihre Gefühle für Will in Zeiten der Not nicht stark genug sind (auch wenn ihre direkte Reaktion nach der Trennung anderes vermuten lassen), aber so wie es im Moment im Raum, steht stört es mich wirklich sehr, gerade bei einer Serie die solchen Wert auf die Balance im Leben ihrer weiblichen Charaktere legt. Das ist leider viel zu nahe an dem unauslöschlichen Mythos, dass eine moderne emanzipierte Frau einfach nicht alles haben kann: einen erfolgreichen Job, Familie und ein ausgeglichenes Liebesleben. "Good Wife" war bis dato eine der wenigen Serien, in denen dieses Dilemma zumindest soweit umgangen wurde, dass Alicias Erfolg im Beruf und ihr Scheitern in der Ehe nie in einem direkten Zusammenhang standen. Ich hoffe, der Eindruck den man im Zuge dieser Episode erweckt hat täuscht.

Mal abgesehen von dem Ende hatte diese Folge aber doch wieder einiges zu bieten, vor allem einen krassen Stimmungsumschwung, als klar wurde, dass Grace nicht auffindbar ist. Wie man Alicias und Peters Ängste um ihre Tochter inszeniert hat war großartig, zumal das ganze wirklich ein ausgemachtes Horrorszenario ist. Richtig klasse fand ich dann auch, dass Kalinda die Heldin ist und Grace ausfindig macht. An der Stelle muss ich wieder einmal betonen, wie sehr ich darauf hoffe, dass es irgendwann mal wieder eine Annäherung zwischen ihr und Alicia gibt.

Durch den abrupten Wechsel gegen Ende ist zwar der Fall der Woche etwas in den Hintergrund gerückt, auch wenn unser aller Freund Louis Canning mehr oder weniger per Zufall weiterhin präsent war und dann am Ende noch einen gewohnt fiesen Trick aus der Tasche (im wahrsten Sinne des Wortes) zaubern konnte. Michael J. Foxs Anwesenheit ist immer eine Bereicherung, auch wenn er hier anfangs den zunächst aufgebauten Schlagabtausch zwischen den Kontrahentinnen Martha und Caitlin für meine Begriffe zu schnell in den Hintergrund gedrängt hat. Aber seine Anwesenheit später war Rechtfertigung genug dafür. Und ich weiß es durchaus zu schätzen, dass "Good Wife" weiterhin eine Serie bleibt, bei der die Charaktere so oft wie möglich wieder auftauchen, wie hier eben die von Lockhardt/Gardner geschasste Martha. Und auch John Michael Higgins passt in die Serie wie die Faust aufs Auge, auch wenn er mich in manchen Momenten sehr an seine ähnlich überzeugende Rolle in der 1. Staffel von "Community" erinnerte, aber das ist ja alles andere als etwas Negatives.

Neben diesen vordergründigen Entwicklungen gab es durchaus auch noch einige amüsante Szenen am Rande, Kalinda flirtet weiter mit Dana, hält der aber auch in gewisser Weise einen Spiegel vor, und wir als Zuschauer wissen nun, dass Cary beim Sex von Kalinda spricht. Gesunde Beziehungen sehen irgendwie anders aus. Eines der unschlagbaren Highlights der Episode war die kleine Nebenhandlung von Eli, der sich überflüssig fühlt und von Diane darauf gebracht wird, sich Verbündete in der Kanzlei zu suchen. Das daraus resultierende Gespräch zwischen ihm und Will, in dem beide unumwunden Klartext reden war köstlich, da hatten Alan Cumming und Josh Charles sichtlich Spaß daran, endlich einmal gemeinsam die großartigen bissigen Dialoge der Kings vortragen zu können. Aber mir ist hier das erste Mal der Gedanke gekommen, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bezüglich Lockhardt/Gardner indirekt auch Eli betreffen, was natürlich nicht in Peters Interesse liegen kann. Ob das noch tiefere Auswirkungen haben wird?

Alles in allem ist #3.10 Parenting Made Easy eine gelungene Episode, die gekonnt mit den Ängsten der Zuschauer spielt und einen beachtlichen Stimmungswechsel innerhalb der Folge absolviert, aber die Konsequenzen daraus stoßen mir momentan noch sehr sauer auf und ich hoffe sehr, dass das mehr an meiner eigenen Überempfindlichkeit als an den Absichten der Autoren liegt. Dies wird die Zukunft zeigen, dennoch hinterlässt das Ende dieser Episode einen üblen Nachgeschmack bei mir.

Cindy Scholz - myFanbase

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