Bewertung

Review: #2.21 Alles oder nichts

Seit Wochen wurde schon der Auftritt von Michelle Obama, der First Lady der USA, in dieser Folge beworben. Ist ihre Gastrolle gelungen oder hat dies vielleicht vielmehr den eigentlichen Handlungssträngen und dem Spannungsaufbau vor dem Staffelfinale geschadet?

Salute to the troops

Grundsätzlich hatte ich zwei Probleme mit der Einbindung des US-Militärs in diese Folge. Da wäre zum einen das Timing so kurz vor dem Staffelfinale und zum anderen die konstruierte Integration des Ganzen in die Serienhandlung. Zunächst einmal ist es durchaus realistisch, dass bekannte US-Künstler die eigenen Truppen im In- und Ausland besuchen. Das tat auch schon Marilyn Monroe und aus der aktuellen Country-Szene ist sicherlich Toby Keith ein Musterbeispiel für den Patriotismus und die Unterstützung der landeseigenen Truppen. Insofern war das geplante Gastspiel von Luke in Afghanistan objektiv betrachtet denkbar. Es kam aber auch irgendwie aus dem Nichts und es wurde im weiteren Folgenverlauf auch nicht besser, indem man uns Juliettes Vater als ehemaligen Soldaten präsentierte. Ja, es handelt sich hier um eine US Serie und die traditionelle Country Musik ist sicher auch stark in den Traditionen des Militärs verbunden, dennoch war mir das einfach zu plump inszeniert. Als völlige Enttäuschung entpuppte sich in diesem Zusammenhang dann auch noch der vorab schon nahezu gehypte Auftritt von Michelle Obama, der lediglich eine Videobotschaft an die Soldaten und deren Angehörige auf dem Stützpunkt darstellte. Das kann man wohl kaum eine Gastrolle nennen. Irritierend war zudem, dass diese Botschaft dann auch noch von einem Dialog von Teddy und Daphne überlagert wurde. Wenn man jetzt also den Amerikanern zugestehen will, dass sie ihren Soldaten mit dieser Folge auch eine Plattform geben wollten, kann ich das zu einem gewissen Grad vielleicht noch nachvollziehen. So kurz vor dem Staffelfinale hat es mich aber dann doch geärgert, weil man damit doch etwas zu sehr den Fokus von den eigentlichen Entwicklungen der Geschichten genommen hat.

Das von Maddie wohl durchaus unbewusst initiierte Drama rund um Rayna, deren Beziehung zu Luke, aber auch die kriselnde Beziehung von Teddy zu seiner Tochter, das letzten Endes durch die gemeinsame Performance von "Life that’s good von Rayna, ihren Töchtern und Deacon noch überstrahlt wurde, konnte in dem Militär-Gerüst für mich nicht das Potential ausschöpfen und die volle Wirkung entfaltet werden. Dabei spielt sich hier nun wirklich großes Drama ab. Die auf der Bühne gemeinsam musizierende Familie bildete doch eine, zumindest von außen betrachtet. glückliche Einheit, was sich insbesondere am Strahlen von Maddie zeigte. Dass sie damit aber Teddys Gefühle zutiefst verletzt, hatte sie wahrscheinlich gar nicht bedacht. Als wohltuend empfand ich daher, dass Rayna immerhin bewusst ist, wie es Teddy mit der Situation geht. Ganz stark war dann auch noch die Szene der beiden Väter, in der Eric Close es seit langem mal wieder geschafft hat, die tiefen Emotionen von Teddy, die dieser mit Maddies Geburt verbindet, im Gespräch mit Deacon zu transportieren. Und ich kann auch Deacon sehr gut verstehen, dem die entgangene Zeit mit seiner Tochter natürlich fehlt, einfach viele Fragen hat und diese nun auch stellt. Das kompensiert zwar nicht die verlorene, gemeinsame Zeit, befriedigt aber seinen Wissensdurst und zeigt, dass er bereit ist, sich der Verantwortung zu stellen. Dies auch im Bewusstsein, dass er damals wohl wirklich kein vorbildlicher Vater hätte sein können. Neben Teddy muss aber auch Luke mit ansehen, wie Raynas langjähriger Weggefährte Deacon wieder näher an sie heranrückt und ihm damit zugleich vor Augen führt, dass dies durch die familiäre Verflechtung immer ein Faktor in einer möglichen Zukunft mit Rayna sein wird. Wie wir Luke zuletzt erlebt haben, wird er sich damit nur schwer abfinden können. Übrigens empfand ich Lukes gegenüber Rayna geäußerte Bedenken, was ihre Intention des spontanen Konzerts bei den Truppen angeht, vollkommen gerechtfertigt. Sie hat ihr neues Album am Start, mit Juliette einen Künstler unter Vertrag, der gute Publicity benötigt, da liegt ein solcher Verdacht schon nahe. Dennoch hoffe ich, dass die beiden diese Zweifel jetzt tatsächlich ad acta legen konnten

Künstliches Drama

Abseits der Truppen steuern aber auch andere Geschichten langsam aber sicher gen Staffelfinale. Bei Juliette und Avery haben die Autoren mit dem meines Erachtens völlig unnötigen Drama verursacht durch Juliettes Seitensprung mit Jeff in #2.20 Your Good Girl's Gonna Go Bad wieder einmal völlig danebengegriffen. Muss es denn nun unbedingt wieder auf ein Beziehungsdrama zusteuern? Die Karriereentwicklungen sowohl von Juliette als auch von Avery bergen doch ausreichend Potential für spannende Stories. Stattdessen erleben wir nun eine sich selbst hassende Juliette, die ihren Fehltritt tief bereut. Keine Frage, das wird von Hayden Panettiere sehr überzeugend, fast schon zu routiniert, vor allem in der Duschszene gespielt, aber so richtig gepackt hat es mich nicht. Dass sie dann letzten Endes auch noch ihre Schuld mit ihrem Alkoholkonsum begründet, ist mir als Rechtfertigung oder vielmehr Ausrede einfach zu platt. Der ahnungslose Avery kann einem auf jeden Fall schon jetzt leidtun. Im Finale wird es dann wahrscheinlich den großen Break-up geben, wenn Avery uns nicht doch einmal mehr überraschen sollte. Aber irgendwann sollte auch sein Verständnis gegenüber Juliette Grenzen haben.

Reality Show

Entgegen Jeffs Warnung hatte sich Will für die Reality Show mit Layla entschieden. Irgendwie schien mir die Umsetzung des Plots aber doch etwas uninspiriert, obwohl dieser Ansatz für mich durchaus Potential hatte. Letzten Endes zeigte sich aber fast wenig überraschend, dass Reality eben doch alles andere als real ist. Manche Szenen liefen einfach arg nach Drehbuch ab und mussten teils sogar mehrfach wiederholt werden. Insgesamt nahm diese Story aber gar nicht so viel Raum in dieser Folge ein, so dass Wills heftige Reaktion, die im Herausreißen der an der Wand befestigten Kamera gipfelt, sehr aus dem Nichts kam. Das hätte man mit einem etwas längeren Erzählbogen auch nachvollziehbarer umsetzen können. So war Laylas verstörte Reaktion darauf immerhin passend, weil sie nach wie vor, anders als wir Zuschauer, keinen Verdacht bezüglich ihres frisch angetrauten Ehemannes hegt. Trotz allem bin ich aber gespannt, wie sich diese Situation im Staffelfinale nun entwickeln wird. Eigentlich kann es hier nur zum längst überfälligen Outing kommen, womöglich noch vor laufenden Kameras, wenn Will mit dem Fitnesstrainer gesehen wird.

Zufall und Abschied

In Richtung Staffelende werden in vielen Serien auch häufig mögliche Abschiede von Charakteren als Cliffhanger verwendet. Auch hier steuern gleich zwei Figuren, nämlich die (einst) besten Freundinnen Scarlett und Zoey diesem Kniff im Drehbuch entgegen. Erstere versuchte in der Folge schon fast verzweifelt eine Rückkehr in ihr altes Leben samt früherem Job im Bluebird. Doch Scarlett muss auch feststellen, dass sich inzwischen einiges geändert hat und dies nicht mehr ihr Leben ist. Dennoch scheint mir ihr angekündigter Abschied nicht besonders glaubwürdig. Ein weiterer Handlungsort fernab von Nashville passt meines Erachtens nicht in die Serie und auf sie verzichten wird man wohl kaum. Letzten Endes wird sich sicher noch ein Grund finden, Scarlett nicht gehen zu lassen oder sie zumindest schnell wieder zurückzuholen. Bei Zoey dagegen ließe sich der vermeintliche Abschied aus Nashville durchaus gut in die Handlung integrieren. Als Background-Sängerin von Juliette gäbe es immer noch genügend Anknüpfungspunkte für sie in der Serie. Dabei drücke ich mal ein Auge zu, dass sie es ausgerechnet auf Juliettes Tour schafft. Der Serienkosmos ist nun einmal klein und die Handlungen und Personenkonstellationen sind dadurch eng miteinander verknüpft. Das ist mir letzten Endes auch lieber, als viele parallele und unabhängig voneinander ablaufende Geschichten.

Fazit

Kurz vor dem Staffelfinale bemühen sich die Autoren, die Geschichten der Protagonisten auf einen dramatischen Höhepunkt zulaufen zu lassen. Das gelingt grundsätzlich auch ganz gut, leider nimmt aber die Einbindung des US-Militärs zu diesem recht ungünstigen Zeitpunkt ein wenig den Fokus von den eigentlichen Handlungssträngen, so dass diese zum Teil doch etwas zu kurz kommen und nicht den benötigten Raum erhalten, sich zu entfalten. In dem Zusammenhang war auch die Einbindung von Michelle Obama ziemlich überflüssig, während der Auftritt von Country-Sängerin Kelly Pickler wenigstens noch musikalisch gesehen passend war. Am wenigsten gefiel mir das sich anbahnende Drama um Avery und Juliette, die zuletzt so gut als Paar funktioniert haben. Aber vielleicht bringt die letzte Folge der Season ja noch die ein oder andere Überraschung. Spannende Ausgangslagen wurden jedenfalls bereitet.

Jan H. – myfanbase

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