Bewertung

Review: #1.01 Auge um Auge für das Gesetz

Das Spin-Off zu "Chicago Fire" gehörte bei mir zu den Neustarts in der Season 2012/2013 auf die ich mich am meisten gefreut habe, konnte mich die Mutterserie doch vollends begeistern. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen, vor allem auch, weil viele der Hauptcharaktere von "Chicago PD" in "Chicago Fire" bereits Gastauftritte absolviert haben, die alle fast ausnahmslos begeistern konnten und deren Charaktere bereits als vielschichtig und interessant beschrieben wurden.

"Don't mess with my city!"

Bereits in der ersten Szene und später auch während des Falles dieser Pilotepisode wird klar, dass "Chicago PD" nicht unbedingt etwas für schwache Nerven ist, sind doch einige Szenen dabei, die eine gewisse Brutalität aufweisen. Hier zeigt sich auch schon ein bedeutender Unterschied zu der Mutterserie "Chicago Fire" und man merkt, dass die Macher hier nicht einfach ein weiteres "Chicago Fire" mit Polizisten aufgezogen haben. Natürlich ist klar, dass eine Feuerwache gar nicht dieselbe Brutalität aufweisen kann wie eine Polizeiwache, doch indem in "Chicago PD" eine Sondereinheit thematisiert wird, die es mit Schwerverbrechern aufnimmt, hat man sich in diesem Bereich klar von der Mutterserie abgegrenzt.

So steigt man auch gleich mit einem Verbrecher in die Pilotepisode ein, der vor gar nichts zurückschreckt und bindet damit auch gleich die Privatleben der Polizisten in den Handlungsstrang des Falles mit ein. Dies ist ein sehr guter Schachzug der Macher, schaffen sie es doch so, sich von der Vielzahl an Polizeiserien abzugrenzen, indem sie eben neben dem Fall der Woche auch einen bedeutenden Fokus auf die Charakterarbeit legen und diesen Charakteren auch Raum für episodenübergreifende Handlungsstränge geben. Dies wurde bereits bei "Chicago Fire" sehr gut umgesetzt und es ist schön zu sehen, dass die Autoren auch in dem Spin-Off die gleiche Art von Mischung aus Fall der Woche und episodenübergreifenden Handlungssträngen planen. So endet die Pilotepisode, ganz wie wir es von Dick Wolf schon bei "Chicago Fire" gewohnt sind, mit einem sehr fiesen Cliffhanger und man kann es kaum abwarten auch bei der zweiten Folge einzuschalten.

Der Fall an sich wurde auch sehr gut aufgebaut und hat uns gleich einen Einblick in die Arbeitsweise der verschiedenen Mitarbeiter von Voights Team gegeben. Auch, dass gleich zu Anfang jemand aus dem Team erschossen wird, öffnet natürlich Wege für kommende Storylines und man konnte gleichzeitig das Problem mit Melissa Sagemiller lösen, die eigentlich dem Hauptcast angehören sollte, kurz vor Serienstart jedoch das Engagement zurückgezogen hat.

Pulpo, mit dem Antonio und Julia schon in der Vergangenheit zu tun hatten, bringt einerseits mit der Erschießung von Julia das ganze Team gegen sich auf und schafft es schließlich mit der Entführung von Antonios Sohn sich auch denjenigen zum Feind zu machen, der im Gegensatz zu Voight nach den Regeln spielt. Hiermit ist für die nächste Folge natürlich ein unglaublich spannender Handlungsstrang um Antonio gegeben, dem es sicherlich schwer fallen wird, die Regeln genau zu befolgen, wenn seine eigene Familie bedroht wird.

Dass Antonio verheiratet ist und zwei Kinder hat, hat mich zuerst etwas überrascht, wurde das in "Chicago Fire" eigentlich nie so thematisiert. Irgendwie kann ich mich erinnern, dass Gabby zwar im Zusammenhang mit ihrer und Jays Beziehung erwähnt hatte, dass sie sich erinnert, wie jemand unter Antonios Undercoverarbeit gelitten hat, aber auch da kristallisiert sich nicht deutlich heraus, dass ihr Bruder eine Familie hat. Für diese Pilotfolge und die darauf folgende, ist diese Familie natürlich ein großer Bestandteil und wird so wohl auch dem Zuschauer noch nicht bekannte Charakterzüge von Antonio offenbaren. Ob ich in Zukunft auch positiv gegenüber Antonio als Familienvater eingestellt bin, ist sicherlich davon abhängig wie seine Ehe und die Familie in die Serie eingeflochten wird.

Viel interessanter ist aber die Zusammenarbeit zwischen Voight und Antonio, bei der ich, durch die Vorgeschichte der beiden, ja nie gedacht habe, dass sie so gut funktioniert. Doch bis jetzt scheinen die beiden ja wirklich gut miteinander klar zu komme, ich hoffe aber auf ihre Differenzen bzw. die Bad-Cop-versus-Good-Cop-Thematik, welche sich hier ja geradezu anbietet, wird in den weiteren Folgen noch etwas mehr eingegangen. Ich gehe jedoch stark davon aus, dass gerade dies das Thema der nächsten Episode sein wird, da sich Antonio wahrscheinlich bei der Suche nach seinem Sohn auch nicht immer an die Regeln halten wird. Schön wäre es natürlich wenn dies dann aber nicht nur eine einmalige Sache bleibt, sondern auch immer wieder zur Sprache kommt, dass Antonio mit Voights Methoden grundsätzlich nicht einverstanden ist.

Erstaunlich ist aber wie Voight es schafft den Zuschauer plötzlich viel mehr zu faszinieren und auch auf seine Seite zu ziehen. Während sein Charakter in "Chicago Fire" wohl von den meisten gehasst wurde, ist es jetzt doch schon eher so, dass man ihm Sympathie entgegenbringt. Klar wurde in Anbetracht des Spin-Offs schon in der Mutterserie darauf hingearbeitet, den Charakter Hank Voight nicht mehr ganz so unsympathisch darzustellen. Hier musste man aber natürlich aufpassen, dass man die grundlegenden Charakterzüge nicht verfälscht und dies ist den Autoren eigentlich ganz gut gelungen. So kann man wirklich schon fast vergessen, wie übel Voight Casey mitgespielt hat, und dass man in dieser Zeit eigentlich nur wollte, dass dieser Charakter so schnell wie möglich wieder aus Chicago und aus Caseys Leben verschwindet. Zu dieser Thematik möchte ich noch anmerken, dass ich es gut finde, dass Voight bei der Party im Molly's nicht aufgetaucht ist. Das zeigt, dass die Autoren die Vergangenheit von Voight und sein Zwist mit dem Fire Department nicht vergessen haben und diesen auch, wenn nur in kleinen Details, in die Serie einfließen lassen.

Der Umgang mit dem Jungen, welcher in dieser Episode an einem Tatort gefunden wird, trägt einiges dazu bei, dass Voights Charakter um einiges sympathischer ja fast schon liebenswürdig wirkt. So kümmert er sich um den Jungen ohne zu aufdringlich zu sein und ohne diesen zu verschrecken, indem er gleich die Jugendfürsorge einschaltet. Andere Szenen zeigen dann aber wiederum Voight, der Geld entgegennimmt und damit beim Zuschauer das ungute Gefühl aufkommen lässt, dass er sich immer noch bestechen lässt und damit aus seinem Gefängnisbesuch nichts gelernt hat. Für mich prallen damit bei Voight zwei Eigenschaften aufeinander, die bei mir momentan zur Folge haben, dass sich Antipathie und Sympathie für den Charakter abwechseln, ihn für mich aber unglaublich spannend und vielschichtig darstellen lassen.

Jedoch konnten in dem Piloten auch die anderen Figuren der Serie überzeugen. Auch wenn sie natürlich noch nicht so viel Tiefgang erhalten haben, wie Voight und Antonio, welche man ja bereits aus "Chicago Fire" kennt. Eine Ausnahme bildet hier Halstead, welcher auch bereits in einen größeren Handlungsstrang in der Mutterserie involviert war. Halstead scheint gerne die Grenzen auszutesten und hinterfragt auch Voights Entscheidungen. Zu Recht wie ich finde, denn es wäre definitiv ungewöhnlich, wenn das ganze Team ohne Wenn und Aber hinter Voight stehen würde, wenn man dessen Vorgeschichte kennt. In dieser Hinsicht gefällt mir Halsteads Rolle eigentlich sehr gut, vor allem weil hier der selbstbewusste, ehemalige Undercover Cop, den wir in "Chicago Fire" kennenlernen duften, durchschimmert.

Weniger gefällt mir Halstead im Zusammenhang mit Erin Lindsay. Nicht nur, dass sich dort fast eine zu offensichtliche Lovestory anbahnt, sondern auch, dass er neben ihr immer ein bisschen dämlich erscheint, damit sie als harte Polizistin dargestellt werden kann. Grundsätzlich habe ich ja nichts gegen eine Liebesbeziehung in einer Serie, ist ja auch immer schön, wenn man in dieser Hinsicht mit zwei Charakteren mitfiebern kann. Nur sind Halstead und Erin einerseits dafür zu gewöhnlich (zwei Partner, die sich ineinander verlieben) und andererseits stimmt für mich nach dieser ersten Folge die Chemie für eine Liebesbeziehung nicht wirklich. Freunde und Partner reichen hier meiner Meinung nach vollkommen aus.

Abgesehen davon ist Erin Lindsay momentan sowieso der einzige Charakter mit dem ich nicht wirklich warm werde, was aber sicherlich daran liegt dass ich, wenn ich an Sophia Bush denke, einfach Brooke Davis aus der Serie "One Tree Hill" vor mir sehe. Ich muss mich zuerst daran gewöhnen, dass sie jetzt Erin Lindsay, eine Polizistin und komplett andere Rolle spielt. Dieses komplett andere ist aber auch ein Vorteil, so fallen grundsätzlich schon mal die Vergleiche weg und ich habe das Gefühl, dass es so einfacher wird, Sophia Bush in ihrer neuen Rolle als Erin wahrzunehmen. Die auf Erin angelegte Storyline im Zusammenhang mit Voight gefällt mir nämlich eigentlich sehr gut, vor allem da ich denke, dass man Voight hier von einer ganz anderen Seite kennenlernen wird. Die Parallele zu der Karte, welche Voight dem Jungen in dieser Episode gibt und der Karte, die er wohl einst Erin gegeben hat, wurde schön dargestellt. Es scheint so, dass Voight ein Herz für Teenager in Not hat, was ihn sofort einen liebenswerten, weichen Charakterzug verleiht. Ich bin gespannt wie dieser Handlungsstrang weitergeht und hoffe hier nicht nur etwas über Erins sondern auch Voights Vergangenheit zu erfahren.

Adam Ruzek, Alvin Olinsky und vor allem Sheldon Jin sind somit die drei Charaktere, welche am wenigsten Tiefe erhalten haben, was sich aber sicherlich in dieser Staffel noch ändern wird. Schließlich kann man nicht gleich in der ersten Episode auf alle eingehen. Trotzdem konnten vor allem Ruzek und Olinsky gleich mein Interesse wecken. Ruzek der Neuling, der mit seiner ersten Szene jedoch gleich klarstellt, dass er sich nicht immer an die Regeln hält und somit perfekt ins Team passt. Vor allem zusammen mit Olinsky, dem 'alten Hasen', bietet er ein interessantes Gespann und ich hoffe doch, dass uns hier schöne zwischenmenschliche Momente gezeigt werden. Olinsky als Individuum bleibt noch etwas im Hintergrund. Er scheint Voight schon länger zu kennen, bzw. mit ihm zusammenzuarbeiten, was sicherlich auch sehr interessant werden wird, da Voight sich ja definitiv in der Vergangenheit überhaupt nicht an die Regeln gehalten hat. Da bin ich gespannt, wie Olinsky da reinpasst und wie sich seine Vergangenheit mit Voight gestaltet. Jin als dritter im Bunde blieb doch sehr im Hintergrund und konnte mich auch überhaupt nicht fesseln. Er scheint für das Technische im Team verantwortlich zu sein, agierte leider aber sonst überhaupt nicht mit den restlichen Personen.

Natürlich sollten auch noch Kevin Atwater, Kim Burgess und Trudy Platt erwähnt werden. Platt scheint so etwas wie die Leiterin oder "Oberaufseherin" des Reviers zu sein, die ziemlich Haare auf den Zähnen hat. Sie scheint sich mit Voight gut zu verstehen, was daraus klar wird, dass sie ihm sofort ihre Officer zur Unterstützung zur Verfügung stellt. Burgess, die mir sehr sympathisch scheint, hat jedoch bei Platt einen schweren Stand, was sie aber auch dazu zwingt für sich einzustehen und ihre Schüchternheit vielleicht etwas abzulegen. Dass sie und Atwater beide auf einen Posten bei Voights Einheit hoffen, kann sicherlich zu einem Konkurrenzkampf führen, der aber wie ich hoffe, nicht zu sehr in den Vordergrund gerückt wird.

Randbemerkungen und persönliche Notizen

  • Sehr gut gefallen haben mir natürlich die kurzen Gastauftritte von Christopher Herrmann, Gabby, Leslie Shay und nicht zu vergessen Pouch. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn vor allem Gabby und Antonio noch etwas mehr miteinander agiert hätten, doch verstehe ich vollkommen, dass dies in einer Pilotepisode einer neuen Serie nicht unbedingt Platz hat. Vor allem da diese beiden schon oft in der Mutterserie Szenen zusammen hatten.
  • Sowohl die Szene mit dem Captain als auch mit dem "Rivalen" von Voight zeigt doch schön auf, dass von den Mitarbeitern wie auch von den Vorgesetzten auf dem Revier nicht ganz verstanden wird, wie Voight, der vor kurzem noch im Gefängnis gesessen hat, jetzt diese Einheit führen kann. Der Zuschauer blickt hier sicherlich auch noch nicht ganz durch und so wird man von den Machern der Serie schön daran erinnert, dass auch sie diesen Punkt nicht vergessen haben und sicherlich in Zukunft wieder aufgreifen werden.

Fazit

Die erste Episode von "Chicago PD" konnte durch einen spannenden Fall und starke Charaktere überzeugen. Voight wird ganz klar in den Mittelpunkt gestellt und bietet den interessantesten und vielschichtigsten Charakter der Serie. Die anderen bleiben in dieser Pilotepisode vielleicht noch etwas im Hintergrund, was aber überhaupt nicht negativ zu werten ist, wenn in dieser ersten Staffel auch sie etwas an Tiefe bekommen werden. Ich bin auf alle Fälle gespannt und bin sicher, dass mich "Chicago PD" genau wie die Mutterserie auf längere Zeit begeistern wird.

Maria Schoch - myFanbase

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