Bewertung

Review: #1.08 Konfrontationen

Foto: Eliza Taylor, The 100 - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Eliza Taylor, The 100
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Nach der fast schon klaustrophobisch dichten letzten Episode werden die Storylines auf der Erde in dieser Folge wieder etwas entzerrt, indem Clarke und Bellamy sich auf eine Expedition zu einem ehemaligen Bunker begeben, der ihnen von Jaha als Winterquartier empfohlen wird. Die beklemmende Atmosphäre von #1.07 Contents Under Pressure wird aber auch in dieser Folge fortgesetzt, weil die ganze Gruppe nach dem Genuss von Nüssen unter Halluzinationen leidet.

"Forgiveness isn't about what people deserve."

Besonders bei Bellamy und Clarke sorgen diese Halluzinationen dafür, dass sich ihr Unterbewusstsein mit ihren Taten der jüngsten Vergangenheit beschäftigt und schaffen wunderbare Einblicke in das Innenleben der beiden Anführer, die ihre Gefühle sonst so stark abschotten. Zum ersten Mal wird deutlich, wie sehr Bellamy darunter leidet, auf Jaha geschossen zu haben – nicht nur in Hinblick darauf, dass er deshalb zum Tode verurteilt werden könnte, sondern weil es tatsächlich eine Verzweiflungstat war, die er nur begangen hat, um bei Octavia zu sein und sie zu beschützen. Diese Tat verfolgt ihn noch immer und sein Schuldempfinden wird dadurch verstärkt, weil durch seinen Versuch, das Funkgerät zu zerstören und den Kontakt zur Ark zu verhindern, 320 Menschen umsonst sterben mussten. Auch wenn er nicht direkt für den Tod eines Menschen verantwortlich ist, kann er sich seine indirekte Mitschuld und seine Taten nicht vergeben und es bedarf erst seines Unterbewusstseins in Form von Jaha, um ihm klar zu machen, dass seine Abbitte darin besteht, für diese vielen toten Menschen zu leben und ihrem Tod einen Sinn zu verleihen.

Auch Clarkes Unterbewusstsein beschäftigt sich während ihrer Halluzinationen mit dem Thema Vergebung, allerdings zunächst mit der Vergebung gegenüber ihrer Mutter. Nachdem sie in der vorigen Folge zum ersten Mal wieder miteinander gesprochen haben, verweigert Clarke nun jeden Kontakt mit Abby, obwohl sogar eine Videoleitung zur Ark möglich ist und sie ihre Mutter sehen könnte. Doch der Schmerz über Abbys Verrat gegenüber Jake sitzt bei Clarke zu tief, vor allem, nachdem Abby ihre Mitschuld an Jakes Tod vor Clarke verschwiegen hat. Somit ist es nur verständlich, dass in Clarkes Halluzination Jake auftaucht, der seiner Tochter deutlich macht, dass Abby versucht hat, das richtige zu tun – genau wie Clarke versucht hat, in ihrer Verantwortung für die Gruppe alles richtig zu machen. Nach den Strapazen der letzten Wochen und vor allem dem Kampf um das Leben (und die Liebe) von Finn bricht Clarke zumindest in ihrer Halluzination zusammen und zeigt ihre schwache, verletzliche Seite. Sie gesteht, dass ihr alles zu viel wird und dass sie in dieser Überforderung sogar zugelassen hat, dass ein Mensch gefoltert wird. Und dabei wird deutlich, dass Clarke nicht nur ihrer Mutter, sondern auch sich selbst nicht vergeben kann. Einerseits hat es mich etwas gestört, dass das halluzinierte Gespräch mit Jake an diesem Punkt abbricht und die Sache etwas ungelöst in der Luft hängen bleibt, andererseits wäre es etwas zu platt gewesen, wenn Clarke die Sache nur mit ihrem Unterbewusstsein ausgemacht hätte. Die Lösung, dass Clarke schließlich Bellamy vergibt und damit zeigt, dass sie die guten Seiten in ihm (und in der Konsequenz auch bei sich und ihrer Mutter) sehen kann und diese überwiegen, fand ich sehr schön.

Überhaupt hat mir die Dynamik zwischen Clarke und Bellamy die ganze Folge über sehr gut gefallen: Es wurde Zeit, dass die beiden Anführer der Gruppe trotz ihrer unterschiedlichen Prinzipien anfangen, ihre Gemeinsamkeiten zu sehen und für das Wohl aller an einem Strang zu ziehen. Außerdem wurde im Kampf gegen Dax und auch in ihrem Gespräch danach wunderbar verdeutlicht, dass beide auf den jeweils anderen angewiesen sind und sich gerade durch ihre individuellen Stärken und Fähigkeiten ergänzen. Zusätzlich zu seiner Halluzination macht auch Clarke Bellamy (auf sehr viel einfühlsamere und erstaunlich freundschaftliche Art) klar, dass er kein Mörder ist und dass Jaha ihm für seine Tat Absolution erteilen wird – vor allem, wenn er ihm im Gegenzug die Information gibt, wer Jaha ermorden lassen wollte. Bellamys Plan, die Gruppe zu verlassen und abzuhauen, um der Konfrontation mit Jaha zu entgehen, wird dadurch vereitelt und es scheint ein weiterer bedeutender Schritt in der Beziehung zwischen Clarke und Bellamy zu sein, dass ausgerechnet sie es ist, die ihm klar macht, wie wichtig er für die Gruppe und auch für sie ist.

"Tell them you're not the enemy." – "But I am."

Ein wahrer Glücksfall an zwischenmenschlicher Chemie ist auch die Beziehung zwischen Octavia und Lincoln, bei der es den Autoren und vor allem den beiden Darstellern in dieser Folge nur mit wenig Screentime gelungen ist, eine unglaublich intensive Spannung aufzubauen. Lincoln, der endlich (wenn auch nur mit Octavia) spricht, verliert dadurch glücklicherweise nicht seine geheimnisvolle Aura, sondern gewinnt unheimlich an Sympathie. Nach der brutalen Folter wäre es nur verständlich gewesen, wenn er für Bellamy, Clarke, Raven und eventuell auch Octavia als Teil der Gruppe Abneigung oder Hass entwickelt hätte. Stattdessen zeigt er Verständnis und fast schon Dankbarkeit gegenüber Octavia und auch wenn es ein bisschen schade ist, dass wir nicht erfahren, woher seine ursprüngliche Faszination für sie rührt, gefällt mir diese starke Verbindung zwischen den beiden, die in der gegenseitigen Fürsorge schön dargestellt wird. Nachdem Lincoln sich nach ihrem schweren Sturz um Octavia und ihren verletzten Fuß gekümmert und sie vor seinen eigenen Leuten beschützt hat, beseitigt Octavia nun so gut es geht die Spuren der Gewalt, die ihr eigener Bruder ihrem Lebensretter zugefügt hat und verhilft ihm zur Flucht.

Die intimen Szenen zwischen den beiden schaffen eine Art Kokon der Nähe zwischen zwei eigentlich verfeindeten Lagern, aber die drohende Eskalation der Gewalt zwischen den Gruppen bleibt trotzdem präsent – nicht nur durch Lincolns Wunden, sondern auch durch die Waffen, die Bellamy und Clarke gefunden haben. Auch wenn sie sich nur gegen die Angriffe der Grounder verteidigen wollen, rutschen sie doch gefährlich nahe an eine Gewaltspirale und daher scheint ein gegenseitiges Verständnis der Gruppen, wie es durch die Beziehung von Lincoln und Octavia eröffnet wird, wichtiger denn je.

"Bellamy Blake, you're pardoned for your crimes."

Die Ark spielt in dieser Folge nur bedingt eine Rolle, indem sie quasi die Rahmenhandlung für Bellamy und Clarke stellt: Zum einen erfährt Clarke durch die Ark von dem Bunker, zu dem sie mit Bellamy aufbricht und zum anderen wegen Dax, der von Shumway den Auftrag bekommt, Bellamy zu töten – und letztlich durch den gemeinsamen Kampf gegen ihn dafür sorgt, dass Bellamy und Clarke einsehen, dass sie einander brauchen.

Der Mordauftrag ist allerdings an sich auch in mehrfacher Hinsicht interessant: Er verdeutlicht, dass der Informationsfluss zwischen Ark und Erde keineswegs nur positive Konsequenzen hat, sondern das die Ark durchaus aktiv in das Zusammenleben der Hundert eingreifen und Probleme heraufbeschwören kann. Außerdem ist es bemerkenswert, wie die Plätze auf dem ersten Raumschiff, das die Ark verlässt, bereits verschachert werden und wie korrupt die angeblich so regelkonformen Mitglieder der Wache sind.

Und natürlich dürfen die Enthüllungen, die auf den Mordauftrag folgen und Bezug auf Bellamys versuchten Mord an Jaha nehmen, nicht vergessen werden: Im Austausch für seine Begnadigung berichtet Bellamy dem Ratsvorsitzenden, dass es Shumway war, der ihm den Mordauftrag gegeben hat – genau wie er nun Dax beauftragt hat, Bellamy zum Schweigen zu bringen. Auf Shumways Festnahme folgt dann jene Enthüllung, die zum Cliffhanger wird: Niemand geringeres als Diana Sydney war es, die den Plan gefasst hat, Jaha ermorden zu lassen. Und nun lässt sie Shumway so umbringen, dass es wie ein Selbstmord aussieht, um ihre Spuren und ihre Verbindung zu beiden Mordaufträgen verschwinden zu lassen. Dass Sydney nichts Gutes im Schilde führt, wurde schon in der letzten Folge klar, aber langsam enthüllt sich ihre komplette Skrupellosigkeit und lässt vermuten, dass sich die Lage auf der Ark keinesfalls entspannen wird.

Fazit

Die Storylines von Bellamy und Clarke sowie Lincoln und Octavia konnten voll überzeugen, sowohl was die schauspielerische Leistung, als auch die filmische Umsetzung angeht, aber natürlich auch inhaltlich, indem vor allem das Innenleben der beiden Anführer der Gruppe in den Mittelpunkt gerückt wurde. Dafür wurde die Handlung auf der Ark nur marginal vorangebracht, was allerdings bei dem Tempo, das die Serie bislang vorlegt, durchaus angenehm ist – vor allem, wenn es der Charakterarbeit auf der Erde zugute kommt.

Lena Stadelmann - myFanbase

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