Sonderkategorie TV-Season 2011/2012
Das (vorzeitige) Aus neuer Serien

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Jährlich werden zig Serien produziert, die dann untereinander in Konkurrenz in den Quotenkampf ums Überleben treten. Meist ist die Verteilung zwischen den Serien, die eine weitere Chance mit einer zweiten Staffel, und denen, die das Zeitliche segnen müssen, ziemlich ausgeglichen, sodass es oftmals gar nicht wirklich so sehr ins Gewicht fällt, wenn die ein oder andere Serie, die man relativ vielversprechend fand, bei den alljährlichen Upfronts eingestampft wird. Doch die TV-Season 2011/2012 hinterlässt – zumindest bei mir persönlich – dennoch ihre Spuren im Hinblick auf Absetzungen von Serien, die meines Erachtens wirkliches Potenzial bargen und somit entsprechend zu früh den Serientod sterben mussten. Ein ähnliches Unbehagen hat mich bei den Upfronts 2007 ergriffen, bei denen vor allem die Neustarts, welche eine Mischung aus Crime und Drama waren, allesamt abgesetzt wurden, obgleich sowohl die darstellerischen Fähigkeiten als auch das jeweilige Grundkonzept der Serie eigentlich sehr stimmig waren, was damals wahrscheinlich daran lag, dass zu viele Angebote einen ähnlichen Inhalt verkauften.

Insgesamt haben es generell nicht viele Neustarts der fünf großen Networks in den USA in eine zweite Staffel geschafft, weshalb es umso interessanter sein wird, wie sich die neuen Serien der TV-Season 2012/2013 schlagen werden, und ob man aus dieser Season wieder solche Größen herausholen kann, welche die Sender über mehrere Jahre hinweg prägen und ihnen Erfolg versprechen.

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Der amerikanische Sender ABC war mit seiner Verlängerungen der Neustarts noch am großzügigsten und hat sechs Serien eine zweite Chance gegeben. So werden nicht nur die neuen Comedys "Don't Trust the B---- in Apartment 23", "Suburgatory" und "Last Man Standing" in der TV-Season 2012/2013 wieder über die Bildschirme flattern, sondern auch das Märchendrama "Once Upon a Time", das etwas soaplastige aber nicht minder überzeugende Drama "Revenge" und die neuste Produktion von Shonda Rhimes: "Scandal". Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber bei allen sechs Serien ist nachvollziehbar, warum ABC sich für eine Verlängerung entschieden hat. Bei der Fülle an Verlängerungen blieb entsprechend eigentlich kein Platz mehr für eine weitere Neustart-Verlängerung, da ABC schließlich auch acht alteingesessene Serien verlängerte. Dennoch schmerzt es vor allem in Hinblick auf die Midseason-Serie "Missing", in der Ashley Judd und der grandiose Sean Bean ein CIA-Agenten-Paar verkörpern, und einem großen Komplott auf die Schliche kommen wollen. Seit dem Aus von "Alias – Die Agentin" ist dies die mit Abstand vielversprechendste Agenten-Serie gewesen, die nicht nur einen talentierten Cast vereinte, sondern auch spannungsgeladene Geschichten erzählen konnte. Und hätte man die letzten Minuten nicht mit einem quälenden Cliffhanger gefüllt, der nun niemals aufgelöst werden wird, wäre der Abschied nur halb so schwer gefallen, da alles andere in sich stimmig und perfekt abgeschlossen wurde.

Foto: Copyright: Central Film Verleih GmbH
© Central Film Verleih GmbH

Doch während "Missing" von Beginn an durch das Storytelling überzeugen konnte, blieb dies leider bei "Pan Am" aus. Die Absetzung ist dergestalt nachvollziehbar, auch wenn die Serie sich vor allem ab der Mitte der Staffel wirklich enorm entwickelt hat, man als Zuschauer immer mehr mit den Charakteren mitleiden konnte und das Setting der 1960er Jahre einfach wunderbar aufgegriffen wurde. Die dritte Absetzung, an der ich bei ABC zu knabbern habe ist die von "The River". Als bekennender Fan der "Paranormal Activity"-Filmreihe war ich von Beginn an von dem Konzept der Horror-Serie angetan und habe die einzelnen Episoden entsprechend wahrlich genossen. Zum Ende hin wurde dann auch vermehrt an der Mythologie innerhalb der Serie gearbeitet, sodass man nicht umhin kam, gerne auch eine zweite Staffel zu sehen, die sich damit noch mehr auseinander setzen wird. Doch dazu wird es leider nie kommen und somit muss man sich auch bei dieser Serie mit einem Cliffhanger zufrieden geben, der aufgrund des Genres jedoch nicht bei Weitem so schmerzlich zu ertragen ist, als bei manch anderer Serie.

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Neben diesen drei Absetzungen war ich vor allem von dem Aus von NBCs "Awake" maßlos enttäuscht. Nachdem man bereits "The Playboy Club" nach nur wenigen Episoden aus dem Rennen geworfen hat, was ich zwar nachvollziehbar finde, aber dennoch einige der wenigen Personen bin, die einfach gerne mehr von der Serie gesehen hätten, konnte ich es bei "Awake" nur bedingt nachvollziehen. Das liegt vor allem daran, dass man der für mich viel zu soapig gewordenen Serie "Smash" sowie den nicht überzeugenden Comedys "Up All Night" und "Whitney" eine zweite Chance gegeben hat. "Awake" ist einer der Neustars der TV-Season 2011/2012 für mich gewesen, mit einem überzeugenden Jason Isaacs, einer einnehmenden Grundstimmung, einem interessanten Konzept und einer ungemein tollen Inszenierung. Doch nach nur 13 Episoden wurde auch hier der Stecker gezogen, glücklicherweise mit einem zufriendenstellenden Ende, welches jedoch so enorm viel Potenzial für eine zweite Staffel birgt. Ingesamt hat NBC acht Neustarts abgesetzt, wovon sieben für mich vollkommen nachvollziehbar sind, und lediglich vier verlängert. Man kann nur hoffen, dass der Sender in der TV-Season 2012/2013 ein besseres Händchen beweist.

Foto: Jorge Garcia, Alcatraz - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jorge Garcia, Alcatraz
© Warner Bros. Entertainment Inc.

FOX hingegen hat nur zwei Serien eine zweite Chance gegeben, wobei dies vor allem bei "Touch" viele Zuschauer mit einem Fragezeichen zurück gelassen hat. Kiefer Sutherland hat natürlich wieder sein Bestes gegeben, doch überzeugen konnte die Serie nur bedingt. Dafür wurden "Alcatraz" und auch "Terra Nova" – beides Serien, die ähnlich geschwächelt haben wie "Touch" – gnadenlos abgesetzt, was wahrscheinlich mitunter an den erhöhten Produktionskosten liegen mag. Und erneut zeigt sich bei beiden Serien, dass Anfangsschwierigkeiten tödlich enden können, denn letztlich sind die Grundkonzepte beider Serien sehr vielversprechend gewesen. Mit "Terra Nova" hat endlich mal wieder eine Sci-Fi-Serie mit Urzeitmonstern fernab von einem Cable-Sender ihren Einzug genossen, konnte an vielen Stellen mit einer interessanten Charakterzeichnung, tollen Kulissen und einer spannenden Grundhandlung überzeugen, ist dann jedoch leider kläglich gescheitert. "Alcatraz" hingegen schwächelte wahrscheinlich vor allem daran, dass zu lange mit dem episodenübergreifenden Mysterium gewartet wurde, obgleich bspw. "Fringe" zeigte, dass man damit sehr gut fahren kann. Doch man muss die Zuschauer leider eben auch kurzweilig bei der Stange halten und kann von ihnen nicht erwarten, dass man alles nur sehr langsam aufbaut, um dann am Ende umso tiefer in die Mysterien der Serie einzutauchen. Somit werden wir auch hier mit spannenden Cliffhangern zurückgelassen, die den Weg für eine zweite Staffel frei gemacht haben, die es jedoch leider nie geben wird.

Foto: The Secret Circle - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
The Secret Circle
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Da man bei CBS weiterhin auf die alteingesessenen Serien vertraute und überhaupt kaum Neustarts ins Rennen ließ, gibt es eigentlich auch keine Enttäuschung bei der Absetzung. Von den beiden Verlängerungen, die es gibt, kann man sich vor allem über "Person of Interest" freuen, was nichtzuletzt an dem grandiosen Zusammenspiel von Michael Emerson und Jim Caviezel liegt. Ähnlich verhält es sich bei CW, wo lediglich die neue Serie "Hart of Dixie" verlängert wurde, und somit die beiden direkten Konkurrenten "The Secret Circle" und "Ringer" ausstechen konnte. Bei beiden Absetzungen ist es eigentlich sehr nachvollziehbar, warum sie das Rennen nicht machten, obgleich es beide Serien zum Ende hin einen deutlichen Qualitätsanstieg zu verzeichnen haben, weshalb der Abschied dann doch wieder ein wenig schwer fällt. Gerade bei "The Secret Circle" hatte man sich natürlich einiges an interessanten Charakter- und Storyentwicklungen erhofft, da die Serie schließlich in die Fußstapfen von "Vampire Diaries" treten sollte. Doch im direkten Vergleich rutschte "The Secret Circle" immer weiter ab. Die Darsteller bekamen nicht genug Spielraum, um ihr Können unter Beweis zu stellen und in der ersten Hälfte der Staffel ließ man sich mit allen Entwicklungen ein wenig zu viel Zeit. Als die Spannung dann deutlich angezogen wurde, war es leider irgendwie schon zu spät, um den Karren noch mal aus dem Dreck zu ziehen. Überraschend war es aber dennoch, dass auch CW die Härte besaß und den Stecker letztlich wirklich zog. "Ringer" hatte ein ähnliches Problem, da Sarah Michelle Prinze die Serie zu Beginn nicht tragen konnte und eher hölzern wirkte. Vielmehr klauten ihre männlichen Kollegen ihr jede Szene und waren entsprechend weitaus überzeugender. Letztlich kann man jedoch auch der Ausstrahlungspolitik die Schuld an der Absetzung geben, denn durch vermehrte Pausen, wurde dem Zuschauer nicht dabei geholfen sich der Serie vollends hinzugeben.

Die Neustarts der TV-Season 2011/2012 bargen teilweise sehr viel Potenzial, welches oftmals leider nur bedingt ausgeschöpft wurde. Die Schwächen, die sich die Serien zu Beginn geleistet haben, sind ihnen somit am Ende teuer zu stehen gekommen. Während die meisten Absetzungen also relativ nachvollziehbar sind, schmerzt es bei wenigen umso mehr, dass sie vorzeitig den Serientod sterben mussten und man als Zuschauer nie erfahren wird, wie es eigentlich weitergegangen wäre. Man kann nur hoffen, dass die Auslese in der kommenden Season besser sein wird.

Annika Leichner - myFanbase