Die besten Beziehungen 2011/2012
Harold Finch & John Reese (Person of Interest)

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Crime-Serien, die nach dem Schema F vorgehen und hauptsächlich zwei Charaktere in den Fokus stellen, leben eigentlich größtenteils von der Chemie der Protagonisten. Diese Chemie wird bei Serien wie "Castle" oder "Bones" vor allem dadurch aufrecht erhalten, dass man immer wieder Anspielungen darauf macht, dass sich zwischen dem männlichen und weiblichen Hauptcharakter etwas entwickeln könnte, was über eine reine Partnerschaft oder Freundschaft hinaus geht. Schwieriger wird es, wenn man zwei gleichgeschlechtliche (und gleichermaßen heterosexuelle) Charaktere in den Fokus stellt, da die Chemie der beiden, die Entwicklung ihrer Partnerschaft und der alltägliche Umgang miteinander durch andere Spannungsmomente aufrecht erhalten werden muss. Mit "Person of Interest" wurde uns in der vergangenen Season der Beweis dafür geliefert, dass man eine faszinierende, sich langsam aufbauende Beziehung zweier männlicher Charaktere interessant gestalten kann, ohne auf die üblichen Tricks zurückgreifen zu müssen.

"Knowledge is not my problem. Doing something with that knowledge is where you come in. You can call me Mr. Finch."

Foto: Jim Caviezel & Michael Emerson, Person of Interest - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jim Caviezel & Michael Emerson, Person of Interest
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Die Beziehung zwischen Mr. Reese und Mr. Finch ist in vielerlei Hinsicht vollkommen unterschiedlich zu den gängigen Beziehungen in derlei Crime-Serien. Die Casting-Direktoren setzen weniger auf attraktive (Jung-)Schauspieler, die vor allem auch ein junges weibliches Publikum ansprechen sollten, sondern vielmehr auf zwei erfahrene Schauspieler in ihren besten Jahren, deren Charaktere fernab von irgendwelchen Beziehungsdramen oder ausgeprägten und langerzählten Backgroundgeschichten agieren.

Die Ausgangsposition ist dabei, dass Mr. Finch, gespielt von dem aus "Lost" bekannten Darsteller Michael Emerson, eine Maschine erfunden hat, die Sozialversicherungsnummern von Personen ausspuckt, die entweder in Gefahr sind, oder eine Bedrohung für andere darstellen. Da Mr. Finch selbst nicht in der Lage ist, sich den Fällen anzunehmen, engagiert er den ehemaligen und für tot geglaubten CIA-Agenten Mr. Reese, gespielt von Jim Caviezel, der seit mehreren Jahren untergetaucht ist. Fortan nehmen sich die beiden Männer der einzelnen Fälle an, wobei Mr. Reese im Feld agiert, während Mr. Finch seine technologische Genialität einsetzt, um ihn zu leiten bzw. zu unterstützen. Die beiden Männer vereint zum einen der Drang, anderen Menschen zu helfen und Verbrecher für ihre Taten dingfest zu machen, sowie, dass beide viel Wert auf ihre Privatsphäre legen und dementsprechend auch die des anderen respektieren.

Im Verlauf der ersten Staffel stellt sich dann heraus, dass Mr. Finch eigentlich alles über Mr. Reese weiß, sodass der Zuschauer dessen CIA-Vergangenheit sowie die Gründe für sein Untertauchen nach und nach durch kleinere und größere Andeutungen seitens Mr. Finch erfährt, die dann zusätzlich in Rückblicken erläutert werden. Auch versucht Finch seinen Partner vor Fällen zu bewahren, die ihm eventuell zu nah gehen könnten, und schenkt Reese sogar eine Wohnung mit Blick auf seinen Lieblingsplatz, was diesen freut, ihm gleichzeitig jedoch zeigt, dass Finch eigentlich alles über ihn weiß. Und so wundert es nicht, dass auch Mr. Reese mit der Zeit an der Geschichte von Mr. Finch interessiert ist und seine eigenen Nachforschungen anstellt bzw. seinen Partner selbst beschattet.

Die Chemie der beiden Protagonisten sucht für mich Ihresgleichen in dem Genre, da ich selten Case-of-the-week-Fälle so genossen habe wie bei "Person of Interest", wobei das eben weniger an den Fällen an sich, sondern vielmehr an der Interaktion der Charaktere liegt. Allein die Tatsache, dass die Situationen, in denen die beiden sich beim Vornamen nennen, an einer Hand abzuzählen sind, macht einfach unglaublich Spaß, da sie somit eine künstliche Distanz zueinander schaffen, die sich auch in ihrem Verhalten niederschlägt. Aufgebrochen wird diese durch kleinere Gesten wie den morgendlichen Kaffee, den sie einander mitbringen oder ihre Zuneigung für ein kleines Baby, welches sie beschützen müssen, was angesichts des sonst relativ förmlichen Umgangs immer wieder positiv überrascht. Trotz oder gerade durch die in der Regel gewahrte Distanz lernen sie die Eigenarten des anderen immer besser kennen, und vor allem lernen sie ihr Wissen darüber in den unterschiedlichsten Situationen anzubringen, was für den Zuschauer immer ein wahrer Genuß ist. Was besonders heraussticht sind jedoch die Dialoge der beiden, welche die brenzlichen, spannenden und ernsten Situationen jedes Mal durch den trockenen Humor auflockern und generell das Highlight in jeder Episode sind. Vor allem, da sie hauptsächlich bei beiden Charakteren aus genialen One-Linern bestehen.

Mit der Kombination von Michael Emerson und Jim Caviezel haben die Macher ein wirklich glückliches Händchen gehabt. Und selbst wenn ich nach dem Aus von "Lost" gerne das Duo Michael Emerson und Terry O'Quinn in dem angedachten Projekt "Odd Jobs" gesehen hätte, bin ich mehr als dankbar dafür, dass dies auf Eis gelegt wurde und Emerson mindestens noch eine weitere Staffel mit Caviezel in "Person of Interest" zu sehen sein wird. Das Konzept von "Person of Interest" allein macht schon Spaß und ist zumindest mal eine neue Auslegung im Crime-Genre. Doch vor allem aufgrund der beiden grandiosen Darsteller und ihrer Interaktion ist es einfach nur herrlich die Charaktere zu verfolgen, da die gemeinsamen Szenen von Mr. Finch und Mr. Reese durchgängig großartig und unterhaltsam sind, selbst wenn es einmal Fälle gibt, die nicht so interessant sind. Es ist wirklich schwer zu beschreiben, warum die beiden einfach nur wunderbar sind, deswegen kann ich jedem nur empfehlen einzuschalten und sich selbst davon zu überzeugen, dass die Beziehung der beiden verdient auf der Liste der besten Beziehungen der TV-Season 2011/2012 gelandet ist!

Annika Leichner - myFanbase

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