Musikalische Szenenuntermalung I

Wie auch in Filmen bedient man sich in TV-Serien der Musik um gewisse Szenen zu unterstreichen, Spannung zu erzeugen oder die gewünschte Gefühlsregung beim Zuschauer zu verstärken. In manchen Szenen läuft die Musik eher im Hintergrund und wird kaum wahrgenommen, während es daneben Szenen gibt, in der die Musik klar fokussiert wird. Auch werden Serien, wie beispielsweise "Glee" und "Nashville", produziert, in welche die Musik sogar zum Hauptthema der Serie gemacht wird. In der aktuellen "Was uns bewegt" Kolumne haben unsere Autoren und Autorinnen in ihren Texten versucht, die Szenen herauszusuchen, welche ihnen persönlich, unter anderem wegen der Musik, besonders in Erinnerung geblieben sind oder sie besonders berührt haben.


"My so-called life", #1.12 / Buffalo Tom - Late At Night


"if i could hold them in my hand
i'd make them understand
i'm not a haunted mind
i'm not a thoughtless kind"

"Willkommen im Leben" ist nicht nur eine der am tiefsten ans Herz gehenden Serien, die ich in meiner bisherigen Serienlaufbahn gesehen habe, auch die Musik der Serie ist einfach großartig, weiß zu überzeugen und macht jede einzelne Szene noch einzigartiger als sie eh schon ist. Besonders hebt sich dabei die Episode #1.12 Self-Esteem hervor, die nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch meine absolute Lieblingsfolge ist. Ganze zwölf Episoden lang mussten wir darauf warten, dass Jordan Catalano (Jared Leto) endlich seine Zuneigung für Angela Chase (Claire Danes) erkennt und was viel wichtiger ist, sie auch öffentlich zugibt. Denn obwohl sich die beiden schon länger heimlich im Heizungsraum der Schule zum Knutschen treffen, ignoriert Jordan Angela in der Öffentlichkeit komplett. Als diese wiederum von einem Buffalo Tom Gig erfährt, zu dem auch Jordan geht, lässt sie sich von ihren Freunden Sharon (Devon Odessa), Rickie (Wilson Cruz) und Rayanne (A.J. Langer) überreden, auch dort aufzutauchen. Doch für Angela ist das Ganze mit einem sehr unangenehmen Gefühl behaftet, da sie denkt, dass Jordan sie vor seinen Freunden versteckt, dass aber gegenüber ihren Freunden nicht eingestehen will. Und leider behält Angela Recht und zu der Musik von Buffalo Tom, die ein Konzert im Hintergrund geben, muss Angela erkennen, dass Jordan nicht vorhat, sich zu ihr zu bekennen, und sie den ganzen Abend ignoriert, was das junge Mädchen unheimlich verletzt. Erst am nächsten Tag in der Schule erkennt der junge Mann, dass es nun an der Zeit ist, aus seinem Schneckenhaus auszubrechen und die Gefühle, die er für Angela hat, vor sich und auch vor allen anderen zuzulassen. Und während Buffalo Toms "Late at Night" im Hintergrund erklingt, spielt sich vor den Augen des Zuschauers eine der rührendsten Liebesszenen ab, die ich je gesehen habe. Mitten im Schulflur geht Jordan auf Angela zu und fragt sie, ob sie woanders hingehen können. Doch Jordan hat nicht vor Angela, die sich noch verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht, weiter zu verstecken und nimmt vor allen anderen Schülern wie ganz selbstverständlich plötzlich ihre Hand. Dieser zauberhafte Augenblick ist in seiner Geste so klein und unschuldig, bringt aber alles rüber, was gesagt werden musste, ohne dabei jegliche Worte zu verlieren, und wird mit dem Song von Buffalo Tom hervorragend unterstrichen. | Nina V.

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"Queer as Folk", #1.20 / Garbage - You Look So Fine


"I want to break your heart
And give you mine
You're taking me over
"

Foto: Randy Harrison, Queer as Folk - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Randy Harrison, Queer as Folk
© Warner Bros. Entertainment Inc.

"Queer as Folk" ist nicht nur eine unglaublich ans Herz gehende Serie, die mich schlagartig innerhalb einer Folge in ihren Bann gezogen hat, auch die Musik der Serie ist meiner Meinung nach einzigartig. Meistens geprägt von rhythmischen Disco-Pop, der im Club Babylon rauf und runter gespielt wird, aber auch regelmäßig mit leisen und melancholischen Tönen die den magischen Zauber einer jeden Szene gekonnt unterstreichen. In der Episode "King of Babylon", in der quasi eine Miss-Wahl abgehalten wird und die Schwulenszene in Pittsburgh ihren König wählt, wird natürlich vorrangig eingehende Tanzmusik gespielt, zu der sich die jeweiligen Kandidaten vor dem Publikum in Szene setzen. Neben David (Chris Potter), der von Brian (Gale Harold) dazu angestachelt wird, nimmt auch Justin (Randy Harrison) an der Wahl teil. Doch sein Ziel ist es nicht mal vorrangig der King des Babylons zu werden, sondern Brian zu zeigen, was für ein begehrter Mann er ist und dass auch durchaus zahlreiche andere Männer auf ihn abfahren. Denn leider ist zu dem Zeitpunkt der Serie noch nicht ansatzweise ersichtbar, dass Justin Brian etwas bedeutet. Und nachdem Brian Justin unverblümt klar gemacht hat, dass er erstmal schauen will was sich an diesem Abend noch so anbietet, bevor er mit ihm nach Hause geht, fasst Justin den spontanen Entschluss Brian eine Lektion zu verpassen. Und die wird ein voller Erfolg, denn Justin schafft es mit seinem jugendlichen Charme und einem gekonnten Auftritt die Meute im Babylon zum kochen zu bringen. Selbst Brians Eroberung, mit der er während Justins Auftritt an der Bar steht, kann die Augen nicht von Justin abwenden. Nachdem Justin dann auch noch zum "King of Babylon" gewählt wird, hat Brian zwar nur eine spöttische Bemerkung für ihn übrig, doch Justin packt die Gelegenheit beim Schopf und spannt ihm seine Eroberung gekonnt aus. Und obwohl Brian noch versucht das Ruder rumzureissen, bleibt Justin standhaft und verschwindet mit dem anderen Mann im Darkroom. Während Justin und der junge Mann Sex haben, erklingt der Song "You Look So Fine" von Garbage und auch Brian kommt in den Darkroom und sieht den beiden zu. In seinem Gesicht spiegelt sich, zum ersten Mal für mich ersichtlich, eine Regung die deutlich zeigt, dass auch er Gefühle für Justin hat, die er aber zu dem Zeitpunkt weder vor sich selbst, noch vor jemand anderen zugeben kann. Trotzdem ist diese Szene für mich persönlich das erste Anzeichen, dass zwischen den Beiden mehr ist, als nur Sex. Gale Harold bringt in diesem Moment mit nur einem Gesichtsausdruck unheimlich viele Emotionen rüber, die von dem Garbage Song wahnsinnig gut unterstrichen und um ein vielfaches verstärkt werden. Deswegen ist diese Szene, in Kombination mit dem unheimlich tollen Song, für mich persönlich ein absolutes "Queer as Folk"-Highlight. | Nina V.

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"Chicago Fire", #1.01 / Bruce Springsteen - Blood Brothers


"We stood side by side each one fightin' for the other
We said until we died we'd always be blood brothers
"

Am Ende der Pilotfolge von "Chicago Fire" wird einer der Feuerwehrmänner, Christopher Hermann, verletzt und muss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Hier versammeln sich nun alle Feuerwehrmänner und die zwei Rettungssanitäterinnen des Bezirks 51 und warten auf Nachrichten über Hermanns Gesundheitszustand. Die Szene dauert nur gut eine Minute, es findet kein Dialog statt und trotzdem sagt sie so viel aus. Über die Serie, die Charaktere und vor allem den Zusammenhalt, welcher die Männer und Frauen des Bezirks 51 untereinander haben. So wird für einmal keinen Unterschied zwischen Chief und Rekruten, zwischen Feuerwehrmann und Rettungssanitäter oder zwischen Rettungstruppe und Einsatztruppe gemacht. Streitigkeiten und persönliche Probleme werden beiseite geschoben, denn das einzig Wichtige ist nun für denjenigen aus der "Familie" da zu sein, der sich momentan in einem kritischen Zustand befindet. Untermalt wird die Szene von Bruce Springsteens Blood Brothers, das passender nicht sein könnte. Werfen sich doch genau beim Refrain des Songs, die momentan zerstrittenen Hauptcharaktere Casey und Severide, einen Blick zu und schenken sich ein Nicken. Eine Geste die, wenn noch nicht ihnen, sicherlich dem Zuschauer klar macht, dass sie, egal wie die Situation zwischen ihnen aussieht, immer noch füreinander einstehen würden und damit auch immer noch so etwas wie Blutsbrüder sind. | Maria Schoch

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"One Tree Hill", #1.22 / Gavin DeGraw – More Than Anyone


"I'm going to love you more than anyone
I'm going to hold you closer than before
"

Foto: James Lafferty, One Tree Hill - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
James Lafferty, One Tree Hill
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Über die neun Staffeln "One Tree Hill" haben sich eine ganze Menge wunderschöner Naley-Szenen angesammelt und doch bleibt für mich diejenige aus dem Finale der ersten Staffel immer noch einer der schönsten. Dies liegt unter anderem auch am Text von Gavin DeGraws More Than Anyone, welcher gesanglich das vermittelt, was Nathan Haley in Worten und mit Gesten mitteilt. Obwohl man als Zuschauer schon während der ersten Staffel häufig feststellen durfte, dass Haley für Nathan etwas besonderes ist und er sie im Gegensatz zu den anderen Frauen in seinem bisherigen Leben besser behandelt, sie ihm unglaublich wichtig ist und er die Beziehung mit ihr ernst nimmt, wird das ganze in dieser einen Szene noch viel deutlicher gemacht, indem er hier über seinen Schatten springt, seinen Stolz wegwirft und sie anbettelt ihm zu vergeben. Für mich ist diese Szene wegleitend für den weiteren Verlauf der Beziehung von Nathan und Haley, den hier wurde eigentlich klar, auch wenn es wohl niemand so richtig geglaubt hat, dass die beiden, egal welche Höhen und Tiefen sie gemeinsam durchleben müssen, zusammenbleiben werden. Die Szene würde für mich auch ohne musikalische Untermalung zu den romantischten und schönsten von "One Tree Hill" gehören, die passende Musik hat sie aber noch besser zur Geltung gebracht und es endgültig geschafft, dass ich Nathan und Haley vollkommen in mein Herz geschlossen habe. | Maria Schoch

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"Friday Night Lights", #5.13 / Delta Spirit – Devil Knows You're Dead


"May the wind be always at your back
And the sunshine warm upon your face
May the rains fall soft upon your field
Until the day we meet again
"

Es ist selten, dass man von einem perfekten Serienfinale sprechen kann und genauso selten ist es, dass mich ein solches Finale auch nach dem zehnten Mal anschauen immer noch zu Tränen rühren kann. "Friday Night Lights" hat dies geschafft. Die Autoren haben uns ein für diese Serie perfektes, emotionales und wunderschönes Serienfinale geschrieben, ein Finale, dass seine Ecken und Kanten hat, das menschlich wirkt und deshalb nicht nur heile Welt und heiteren Sonnenschein zeigt. Ein Finale, das so ist wie der größte Teil der Serie: berührend, ehrlich und vor allem nicht zu kitschig. Und genau das untermalt der Song von Delta Spirit und gibt der Szene noch das gewisse Etwas. Nachdem man mitten in einem Spielzug, des wohl wichtigsten Footballspieles einen Zeitsprung eingebaut hat, zeigt man zu dem Song "Devil Knows You're Dead" an welchem Punkt im Leben die Charaktere acht Monate später stehen. Die einen spielen noch Football, die anderen sind immer noch Trainer oder wollen es werden, einige schlagen nun die berufliche Laufbahn ein, auf welche sie in den letzten Jahren verzichten haben und noch andere gehen zur Armee. Einige wagen in einer anderen Stadt einen Neuanfang, während sich andere einen Traum in Dillon erfüllen. So geht jeder Charakter in eine andere Richtung, mit dem Wunsch seinem Ziel einen Schritt näher zu kommen und vielleicht, vielleicht trifft man sich irgendwann wieder, denn wie Tim Riggins am Schluss so schön sagt, heißt es ja schließlich: "Texas forever". | Maria Schoch

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