Bewertung

Review: #3.15 Tante Mommy

Nach der überaus durchwachsenen Folge #3.14 Me? Jealous? fällt einem in #3.15 Aunt Mommy plötzlich wie Schuppen von den Augen, weshalb "Modern Family"-Episoden, in denen die ganze Familie miteinander interagiert, in der Regel so viel stärker sind als jene mit eigenständigen Handlungssträngen: nämlich schlicht und ergreifend, weil in gemeinsamen Szenen der Charaktere mehrere Geschichten gleichzeitig weitergesponnen werden können. Auf die Art wird wertvolle Erzählzeit eingespart, die in Episoden mit drei oder gar vier voneinander unabhängigen Storylines einfach immer wieder hinten und vorne fehlt. Ihren Witz, ihr Herz und ihr perfektes Timing verdankt #3.15 Aunt Mommy letztlich also hauptsächlich der Entscheidung der Autoren, zur Abwechslung mal auf jegliche Nebenhandlungen zu verzichten und sich vielmehr voll und ganz auf nur zwei Themen zu konzentrieren: Claires "magische" Eizellen und Jays Sorge um Muttersöhnchen Manny.

"If there's one thing I have learnt today, it's the pleasure of looking at your children and seeing both of you in there."

Dabei scheint im Hause Dunphy zunächst alles auf eine ganz klassische Storyline hinauszulaufen, in der einzig und allein der völlig verrückte Familienalltag im Zentrum steht: Alex und Haley werden von der übernatürlich hellhörigen Claire zum Putzen verdonnert, weil sie außer deren Hörweite zu erwähnen wagten, dass sie sich langweilen; Luke schmiedet mit seinem verlausten Freund Pläne, ein totes Eichhörnchen zu reanimieren; Claire ist spät dran und Phil drückt sich mal wieder vor einer Aufgabe, die ihm seine Frau aufgetragen hat, und verschwindet unbemerkt, als das ganz große Chaos ausbricht, um Cams und Mitchells Freunden erneut ein Haus zu zeigen. Im Endeffekt dient dieses perfekt inszenierte Durcheinander jedoch nicht bloß der reinen Unterhaltung des Zuschauers, sondern vor allem dazu, die Weichen für den thematischen Schwerpunkt der Folge zu stellen. Denn als Claire das Schlimmste befürchtend wieder nach Hause kommt, muss sie ungläubig feststellen, dass ihre Kinder zu sehr viel mehr Selbstverantwortung in der Lage sind, als sie ihnen jemals zugetraut hätte. Mehr noch wird ihr durch den Lagebericht von den seelenruhig Karten spielenden Geschwistern nicht nur schlagartig bewusst, was für tolle Kinder sie hat, sondern auch wie viel von Phil und ihr selbst in den dreien steckt. Das sorgt zum einen für den vielleicht witzigsten, da vor Selbstironie nur so strotzenden Gag der Folge ("Alex keeping everyone in line? Pure me. [Pause.] Sometimes I worry, no-one's gonna like Alex."), fungiert zum anderen aber auch als wichtige Vorbereitung für den weiteren Handlungsverlauf in #3.15 Aunt Mommy.

"It's perfect. It's our chance to have a baby that's part me, part you."

Als Phil und Claire nämlich die sich sehnlichst weiteren Nachwuchs wünschenden Mitchell und Cameron zum Dank zum Essen einladen, weil Phil ihren Freunden tatsächlich das Haus verkaufen konnte, quillt Claire förmlich über in ihrem Stolz auf ihre Kinder, was nach einer Reihe von Drinks schließlich dazu führt, dass sie in ihrer vom Alkohol nur noch verstärkten Euphorie vorschlägt, Cam und Mitchell eine ihrer "magischen" Eizellen zu spenden. Zunächst sind alle vier begeistert von der Idee, weil ein von einer Leihmutter ausgetragenes Kind somit sowohl Tucker- als auch Pritchett-Gene in sich tragen könnte – eine Vorstellung, die sogar Phil zu Tränen rührt und bei so manchem Zuschauer gleichzeitig für Lachkrämpfe sorgt. Über die möglichen Konsequenzen einer solchen Vereinbarung werden sich Phil, Claire und Mitchell – wie sollte es auch anders sein – natürlich erst am Morgen danach bewusst, nachdem sie allmählich, von einem schlimmen Kater geplagt, die Ereignisse des vergangenen Abends zu rekonstruieren beginnen. Dabei ist nicht nur die Art und Weise, wie die ganze Geschichte von hinten aufgerollt und dem Publikum in kurzen, grandios miteinander zusammengeschnittenen Erinnerungsfetzen präsentiert wird, äußerst gelungen und stellenweise urkomisch, sondern insbesondere der Moment, in dem Claire mit einem Ei in der Hand in der Küche steht und völlig entgeistert dreinblickt, weil ihr plötzlich wieder alles eingefallen ist, absolut unbezahlbar.

"We're not doing it because I don't want to do it. What we're not doing is not doing it because he doesn't want us to do it."

So ziemlich perfekt macht diese Storyline jedoch erst das Zusammentreffen der gesamten Familie bei Jay, denn entgegen aller Sitcom-Regeln wird hier kein großartiger Eiertanz (welch Wortspiel!) darüber aufgeführt, dass mit Ausnahme von Cam mittlerweile alle Beteiligten so ihre Zweifel an dem vereinbarten Arrangement haben. Vielmehr macht das Thema schnell die Runde, so dass schon bald ganz in "Parenthood"-Manier wild durcheinander diskutiert wird, weil natürlich jeder seine ganz eigene Meinung dazu hat und diese auch vehement vertritt. Dass Claire und Mitchell sich letztlich inmitten dieses Tohuwabohus einfach ausklinken und in einer unheimlich schönen Szene unter dem Tisch verschwinden, um sich unverblümt ihre persönlichen Bedenken zu gestehen, verdeutlicht einmal mehr, welch grandiose Geschwister-Chemie zwischen Julie Bowen und Jesse Tyler Ferguson besteht. Cams verständnisvolle, aber sichtlich enttäuschte Reaktion verlangt natürlich förmlich nach einer Szene, in der Mitchell und er realisieren, dass Lily trotz abweichender Gene dennoch ganz die Tochter ihrer beiden Väter ist. Und wenn dann am Ende auch noch eine zwar recht vorhersehbare, jedoch wahnsinnig witzig realisierte Szene kindlichen Aufschreis die Schlusspointe setzt, weil das virtuelle Abbild von Cams und Mitchells theoretischem leiblichen Nachwuchs kollektiven Schock auslöst, muss man zweifellos anerkennen, dass die "Modern Family"-Autoren hier mit dieser eigentlich schon fast zu oft erzählten Storyline einfach alles richtig gemacht haben.

"I cannot express to you enough how much this kid needs football."

Der Plot um Jay, Gloria und Manny weiß hingegen nicht ganz so restlos zu überzeugen, mutet er doch vor allem zu Beginn noch etwas aufgewärmt an. Schließlich ist es bei weitem nicht das erste Mal, dass Jay sich Sorgen um Manny macht, weil dieser wesentlich öfter mit seiner Mutter ins Theater geht, als mit seinen Altersgenossen Football zu spielen. Mit der Zeit wird Jay und auch dem Zuschauer jedoch klar, dass Manny keinesfalls ein simples Muttersöhnchen ist, das am Rockzipfel von Gloria hängt, weil er mit Sport nichts anfangen kann. Ganz im Gegenteil, stellt er sich beim von Jay verordneten Footballspiel sogar überraschend gut an, bis er von einem Penny auf dem Spielfeld abgelenkt wird. Was wirklich hinter Mannys (und Glorias) Begeisterung für das Sammeln von Glückspennys steckt, erfährt man erst am Ende der Folge, als die beiden gemeinsam in Erinnerungen an all die verschiedenen Gegebenheiten schwelgen, die zu einem Pennyfund geführt haben. Denn wenn Gloria hier von alten Zeiten erzählt, in denen sie als Taxifahrerin ihren Lebensunterhalt verdiente, während der kleine Manny neben ihr im Beifahrersitz schlief, realisiert auch Jay, dass Mannys enge Beziehung zu seiner Mutter (und umgekehrt) vor allem daher rührt, dass die beiden lange völlig auf sich allein gestellt waren, bevor Jay in ihr Leben trat. Und weil er spürt, dass Gloria diese ungewöhnlich starke Bindung zu ihrem Sohn nur ungern aufgeben möchte, tut er genau das, was sich für einen liebevollen Ehemann und Stiefvater gehört: Er luchst Manny einige Pennys ab, damit die gemeinsame Pennysuche mit Gloria auch in Zukunft noch weitergehen kann.

Alles in allem gehört #3.15 Aunt Mommy mit seinem clever durchdachten Drehbuch ohne Frage zu den besten Folgen der dritten Staffel, weil die Autoren durchgängig genau den richtigen Ton treffen, gänzlich ohne unnötiges Beziehungsdrama auskommen und sich mit nur zwei Haupthandlungssträngen nicht nur selbstbewusst auf das Wesentliche beschränken, sondern es ganz nebenbei auch noch schaffen, Running Gags wie Glorias verquere Sprachschöpfungen ("You're skating on thin eggshells.") sowie Lukes anhaltenden Groll gegenüber Lily ("But we can agree that she's a human disaster?") gelungen ins Geschehen zu integrieren.

Paulina Banaszek - myFanbase

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