Bewertung

Review: #2.09 Auf allen Vieren

Foto: Allison Williams, Girls - Copyright: 2012 Home Box Office, Inc. All Rights Reserved.
Allison Williams, Girls
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#2.09 On All Fours ist wohl eine der bisher düstersten Episoden von "Girls" und genau deshalb auch eine der besten. Es ist eine Episode, die sich mit der Lebenswelt der Protagonisten und ihren Problemen genauer auseinandersetzt und dabei teilweise in die dunkelsten Ecken ihrer Psyche vordringt. Vor allem aber ist es eine Episode, die den Zuschauer bis an den Rand des Wahnsinns mitnimmt und ihm deutlicher denn je vor Augen führt, in was für einer Misere die Frauen (und Männer) dieser Serie eigentlich stecken. Keine von ihnen hat eine Ahnung, was sie mit ihrem Leben anfangen soll, keine von ihnen hat ein wirkliches Ziel oder eine wirkliche Aufgabe, keine von ihnen hat eine gesunde Beziehung. Und so stehen wir am Anfang einer Abwärtsspirale, die in immer tiefere Abgründe führt.

Dem Abgrund am nächsten steht wohl Hannah, deren Zwangsstörung völlig außer Kontrolle geraten ist und deren Ängstlichkeit und Nervosität wirklich in jedem Moment zu spüren sind. Hier gilt Lena Dunham gleich ein dreifaches Lob, einmal für die sehr gelungene Konzeption ihrer Protagonistin, einmal für die überzeugende Leistung als Schauspielerin und einmal für die Regiearbeit, die Hannahs Gefühl der Enge und Hilflosigkeit sehr intensiv zu vermitteln weiß. Nach dem katastrophalen Treffen mit ihrem Boss, dem Holzspan im Gesäß und dann auch noch dem Wattestäbchen im Ohr, endet der Tag für Hannah auf die denkbar schlechteste Art und Weise: Sie trifft auf Adam. Und Adam hat jetzt eine Freundin. Und Adam scheint sein Leben auf die Reihe bekommen und die Trennung überwunden zu haben, während sie mit einer durch eine Zwangsstörung verursachten Ohrverletzung und ohne Hose (!) durch die Stadt läuft. Als Hannah am Abend im Bad sitzt und das Wattestäbchen begutachtet, schwant einem bereits Fürchterliches und spätestens als Hannah das Stäbchen dann in ihr anderes Ohr steckt, weil sie aufgrund ihres Zwangsverhaltens nicht anders kann, als die Symmetrie wiederherzustellen, ist dem Zuschauer klar, dass Hannah nun am Abgrund angekommen ist.

Und dabei läuft es bei Adam gar nicht so toll, wie es scheint. Adam sollte sich eigentlich glücklich schätzen, schließlich hat er mit Nat eine wirklich tolle Frau gefunden, die nicht alles so kompliziert macht wie Hannah und weiß, was sie will. Doch Nat weiß noch nicht, welche dunklen Seiten in Adam schlummern, was für echte psychische Probleme er hat und wie der Alkohol das Schlimmste aus ihm herausholt. Während am Anfang noch alles rosig wirkt und Adam den perfekten Freund gibt, zeichnet sich bereits auf der Party ab, dass soziale Situationen Adam sehr schnell überfordern können. Seine Unbeholfenheit ist anfangs noch sehr witzig, doch nach dem unerwarteten Zusammentreffen mit Hannah legt sich bei Adam ein Schalter um. Der Alkohol tut sein Übriges und so endet der eigentlich schöne gemeinsame Abend der beiden in einer sehr verstörenden, geradezu unerträglichen Bettszene, in der Adam sich von seiner verabscheuungswürdigsten Seite zeigt.

Für die etwas heiteren Szenen sorgen die Ereignisse rund um Charlies Party bei Forbid, die eine gute Rahmenhandlung dafür bietet, um zwei weitere Beziehungen näher zu beleuchten. Während alle Szenen, die sich um Shoshanna und Ray drehen, wirklich nur als absolut nervenaufreibend bezeichnet werden können, so funktioniert die Gegenüberstellung von Charlie und Marnie weiterhin sehr gut. Charlie ist in der erfolgreichen New Yorker Szene angekommen und Teil dieser hippen Community geworden, während Marnie weiterhin unbedingt dazugehören will. Und eben weil sie dort nicht dazugehört, ist ihr kleines Ständchen vor versammelter Runde der wohl schlimmste Fremdschämmoment, den man jemals erlebt hat. Marnies totale Ignoranz ob der Tatsache, dass sie hier gerade die peinlichste Aktion ihres Lebens bringt, ist unfassbar und so singt sie einfach immer munter weiter. Und obwohl Charlie in diesem Moment mindestens genauso entsetzt ist wie man selbst als Zuschauer, so kann er ihr letztlich doch nicht widerstehen. Marnie bekommt so gewissermaßen die Aufmerksamkeit von Charlie, die sie wollte, doch die Erkenntnis, dass sie ihr Leben mal auf die Reihe bekommen muss, ist ihr immernoch nicht gekommen.

"Girls" ist immer besonders gut, wenn es seine Protagonisten bis ans Äußerste treibt und das passiert in #2.09 On All Fours an sämtlichen Fronten. Vor allem die Storylines rund um Hannah und Adam können in ihrer Intensität und ihrer Gewagtheit überzeugen und schlagen einen ernsteren Ton an, der der Serie aber gut steht. Die Entwicklungen der zweiten Staffel nehmen weiterhin konsequent ihren Lauf und so können wir wohl erwarten, dass die letzte Konsequenz im Finale der endgültige Zusammenbruch mancher Charaktere sein wird. Wenn Dunham es schafft, dabei genau die emotionale Resonanz beim Publikum zu erzeugen, die auch diese Folge geschafft hat, dann steht einem tollen Finale nichts mehr im Wege.

Maria Gruber - myFanbase

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