Bewertung

Review: #3.10 Der Direktor (2) (Nr. 24)

Welch interessante Szene sich doch gegen Ende der Episode bot, als Raymond Reddington plötzlich mit Laurel Hitchin an einem Tisch wiedersah, bereit nun selbst gestalterisch tätig zu werden, was den Kabal anbetrifft. Soll hier tatsächlich angedeutet werden, dass es seit Anbeginn der ganzen Geschichte um den Kabal sein erklärtes Ziel war, den Direktor aus dem Weg zu schaffen, um selbst Mitglied werden zu können? Dass Reddington ein durchtriebener Hund ist, dem man so einiges zutrauen sollte, das ist bekannt, aber dass der Kabal eineinhalb Staffeln lang als Reddingtons größter Feind beschrieben wird und nun alles quasi nur darauf hinausläuft, dass Red sich einen Platz am Tisch der größten Oberschurken der westlichen Welt erhofft hat, das ist mir etwas zu weit hergeholt.

"It occurred to me that maybe this was always part of your endgame... to tear us downso you could build us up and have a seat at the table."

Zunächst beginnt die Episode ganz vielversprechend. Reddington schart seine Verbündeten um sich und beginnt seinen Plan, den Direktor auszuschalten in die Tat umzusetzen. Die Sequenz, wieder einmal perfekt durch einen Johnny Cash Song untermalt, ist der Auftakt zu einer amüsanten Version von Ocean's Eleven, in der es Reddington dank der tatkräftigen Unterstützung seiner Helferlein gelingt, den Direktor zu entführen und in ein venezolanisches Flugzeug zu verfrachten, das ihn nach Den Haag bringen soll, wo er sich für allerhand Kriegsverbrechen verantworten soll. Die ganze Aktion ist spannend inszeniert und bietet hier und da einen kleinen Schmunzler, doch leider ist sie auch der Höhepunkt einer Episode, von der ich mir angesichts der interessanten Prämisse viel, viel mehr versprochen habe.

Natürlich muss es nicht andauernd Schießereien und Action geben, doch der Großteil der Episode beschäftigt sich mit der Verhandlung von Reddington mit Laurel Hitchin um das Schicksal von Elizabeth Keen, die eingepfercht in eine kalte Zelle darauf wartet, exekutiert zu werden, noch ehe man ihr den Prozess machen kann. Die Verhandlungen zwischen Red und Hitchin ziehen sich arg lange und man fragt sich ernsthaft, in welchem Rang Hitchin in der Organisation steht, wenn sie mal eben dafür sorgen kann, dass Keen von sämtlichen ihr vorgeworfenen Kapitalverbrechen freigesprochen wird und mit einem blauen Auge davon kommt und gleichzeitig mal eben ein weiteres, angeblich hochrangiges Mitglied des Kabal loswerden kann. Es wäre wirklich von Vorteil, wenn die Struktur der Schattenorganisation endlich einmal etwas näher beleuchtet wird und sie nicht nur wie ein weltweites Konstrukt aus Menschen agieren würde, bei denen jeder neue Spieler eine höhere Position bekleidet als der gerade demontierte Spieler zuvor. Aber vielleicht ist das ja genau der Plan der Autoren, jetzt da sich Reddington quasi einen Platz im Kabal gesichert hat.

Der Direktor überlebt die Entführung durch Reddington natürlich nicht und findet schließlich sein Ableben bei einem Sturz aus dem Flugzeug irgendwo über den Niederlanden. Da Hitchin jedoch zuvor angedeutet hatte, dass er für den Kabal entbehrlich geworden ist und man sowieso plante, ihn loszuwerden, verliert sein Tod natürlich die Signifikanz. Hitchin erscheint als der größere Player in der ganzen Sache und der Direktor nur als kleines Licht, der am Ende all sein Pulver anscheinend schon weit vor diesem Zweiteiler verschossen hatte

"Fairness is overrated."

Wie angesprochen kommt Elizabeth Keen mit einem blauen Auge davon. Reddington sorgt dafür, dass ihr Name reingewaschen wird und sie weder als Terroristin, noch als Mörderin vor Gericht gestellt wird. Dass sie jedoch nicht völlig rehabilitiert wird, ist überraschend konsequent angesichts der Tatsache, dass sie Tom Connolly vor etlichen Zeugen kaltblütig ermordet hat. Nun geht sie notgedrungen einen Deal mit der Staatsanwaltschaft ein, der ihr zwar ihre Freiheit wiederbringt, sie jedoch an einen weiteren Wendepunkt in ihrem Leben bringt – Liz wird nämlich (vorerst) nicht als Agentin zum FBI zurückkehren können. Die Task Force wird weiter existieren und anscheinend auch weiterhin mit Reddington zusammenarbeiten (war vielleicht ein Deal, den Reddington mit Ressler abseits der Kamera ausgehandelt hatte), aber Liz wird nicht mehr Teil davon sein, es sei denn, man benötigt ihre Hilfe als zivile Spionin/Agentin. Man darf gespannt sein, wie sie in die Geschichten nun integriert wird und kann sich dann vielleicht auch nochmal darüber aufregen, dass die Prämisse eigentlich mal gewesen ist, dass sich Reddington dem FBI gestellt hatte, um mit Elizabeth Keen zusammen zu arbeiten, an der er irgendein verqueres Interesse hatte.

Es stellen sich also allerhand Fragen: Warum arbeitet Red noch mit dem FBI zusammen? Was ist mit seiner Forderung, dass er nur mit dem FBI zusammenarbeitet, wenn Liz seine Kontaktperson ist? Was ist mit der Blacklist – wird die nun weiter abgearbeitet, quasi business as usual, um das FBI bei Laune zu halten, während Reddington im Hintergrund irgendetwas dubioses treibt, dessen Sinn sich dem Zuschauer noch nicht entfaltet?

Randnotizen

  • Ressler gibt am Ende die Leitung der Task Force wieder an Harold Cooper ab und ist froh darüber. Denn er ist lieber ein Field Agent, der Türen eintritt, anstatt sich mit Anwälten und Regierungsmitgliedern zu streiten. Keine sonderlich überraschende Wendung, da es sonst für Harold Cooper absolut keine Daseinsberechtigung mehr gegeben hätte.
  • Tom hat in der Episode nur wenig Screentime. Er darf mal wieder Karakurt ein paar Drohungen aussprechen und ihn dann bei Ressler abliefern. Zum Schluss sitzt er zufrieden vor dem Fernseher und sieht dabei mit an, wie Liz vor laufender Kamera von allen ihr zur Last gelegten Taten freigesprochen wird. Man darf gespannt sein, ob nun der Weg zu einer ernsthaften (Liebes-)Reunion der beiden frei ist.
  • Die letzte Szene, als Liz Red erleichtert um den Hals fällt und unendlich dankbar dafür ist, dass er sie aus den Fängen des Kabal befreit hat, sind wirklich schön, aber angesichts der Szene kurz davor hat sie einen bitteren Beigeschmack, denn es wird ja doch stark impliziert, dass Reddington mal wieder eine Agenda hat…
  • Der obligatorische Teaser bezüglich der Beziehung zwischen Red und Liz darf natürlich auch in dieser Folge nicht fehlen und so schwafelt der Direktor mal wieder kryptisch herum, ob Liz denn weiß, warum sich Red so sehr um sie bemüht. Ein klein wenig nervt es schon, dass es hier gar nicht vorwärts geht und wir auch weiterhin auf die Antwort auf eine Frage warten müssen, die angeblich laut Darsteller und Serienmacher überhaupt nicht essentiell für die Serie ist. Warum dann nicht einfach damit rausrücken und ad acta legen? Irgendwie scheint ja jeder in der "Unterwelt" zu wissen, wer Liz wirklich ist.

Fazit

Leider ist #3.10 Der Direktor – Conclusion nicht der erhoffte Höhepunkt geworden, den der erste Teil versprochen hatte. Der Twist am Ende hinterlässt einen fade Beigeschmack, weil er mal wieder aus heiterem Himmel kommt. Vielleicht haben die Autoren aber auch einen Plan, der sich jetzt über die zweite Staffelhälfte entfalten kann und zu überzeugen weiß. Man wird abwarten müssen.

Melanie Wolff - myFanbase

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