Die besten Charaktere 2012/2013
Peggy Olson (Mad Men)

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Bereits der Titel, aber auch die historische Situierung von "Mad Men" machen deutlich, dass diese Serie in einem Milieu verankert ist, in dem Frauen leider nur wenig zu sagen haben. Die Werbebranche der 60er Jahre – wie die meisten anderen Geschäftsbereiche zu dieser Zeit auch – waren eine Männerdomäne, in der Frauen allerhöchstens als Sekretärinnen und hübsches Beiwerk dienten, ihnen aber keinerlei andere Möglichkeiten geboten wurden, anspruchsvollere, prestigeträchtigere und besser bezahlte Jobs auszuüben. Die Frauen von damals mussten sich ihren Respekt hart erarbeiten, ihn immer wieder einfordern, und meist doppelt und dreifach arbeiten, um dort hinzukommen, wohin ihre männlichen Pendants mühelos hinkamen. In "Mad Men" gibt es eine Reihe starker Frauen, doch keine von ihnen verkörpert dieses Vorbild einer emanzipierten, durchsetzungsvermögenden, willensstarken und gleichzeitig sehr weiblichen Frau so sehr wie Peggy Olson. Wie einzigartig diese Figur ist, bewies Staffel 6 ein ums andere Mal.

"You are the copy chief at one of the top 25 ad agencies in the country, you're not even 30."

Foto: Elisabeth Moss, Mad Men - Copyright: Frank Ockenfels/AMC
Elisabeth Moss, Mad Men
© Frank Ockenfels/AMC

Die Entwicklung Peggys von einer einfachen Sekretärin zu einer angesehenen Werbetexterin wurde in den ersten fünf Staffeln mit einer Stringenz vorangetrieben, die einfach nur beeindruckend ist. Die junge, eingeschüchterte Frau, die damals bei Sterling Cooper anfing, ist mit der selbstbewussten Leiterin der Kreativabteilung überhaupt nicht mehr zu vergleichen. Peggy hat sich hochgearbeitet, mit Biss, mit Charme und mit Talent, und als sie in Staffel 5 in einem unfassbar rührenden Moment bei ihrem Mentor und Vorbild Don die Kündigung einreichte, war dies für die Fans – wie auch für Don – ein herber Schlag. Doch es war die einzig richtige Entscheidung, die Peggy zu diesem Zeitpunkt treffen konnte. Weiterentwicklung erfordert Veränderung und so wechselte Peggy zur Agentur Cutler Gleason and Chaough.

Die Peggy, die wir bei CCG zu sehen bekommen, ist eine neue Peggy, denn mit ihrer neuen und höheren Position muss sie versuchen, sich ja keine Blöße zu geben, um von Anfang an den Respekt ihrer (fast ausschließlich männlichen) Mitarbeiter und Kollegen sicher zu haben. Dabei fällt Peggy bald in die Verhaltensmuster Dons und führt ein strenges Regime, doch sie erkennt bald, dass das nicht sie ist. Peggy ist nicht Don und das muss sie auch gar nicht sein. Denn Peggys Stärke liegt darin, dass sie sich Gedanken darüber macht, wie sie Dinge besser machen kann und wie andere Leute sie sehen. Dabei ist es immer wieder bewunders- und bemerkenswert, wie sie sich in dieser Männerwelt schlägt, sowohl ihre Routiniertheit und Bestimmtheit bei den Treffen mit den Klienten, die sie teilweise noch für die Sekretärin anstatt für die Werbetexterin halten, als auch ihre besondere Beziehung zu Ted Chaough, der – ganz im Gegensatz zu Don – Peggy und ihre Arbeit wertschätzt. So ist auch deren Annäherung einfach nur konsequent.

Auf eine besonders harte Probe wird Peggy gestellt, als sich CCG völlig überraschend mit SCDP zusammenschließt und Peggy somit wieder an ihren alten Arbeitsplatz wechselt, zurück zu Don, zurück zu einer Arbeitsumgebung, in der sie nicht so geschätzt wird, wie es bei CCG der Fall war. Peggy gerät immer wieder ins Kreuzfeuer zwischen Don und Ted, behält dabei aber ihre Integrität und vertritt ihren Standpunkt, und genau das macht sie zu solch einer großartigen Figur. Sie hat Prinzipien, an denen sie festhält, in jeder Situation. Die Art, wie sie mit Teds Annäherungsversuchen umgeht, mit Stans Annäherungsversuchen (Stan und Peggy sind eh ein großartiges Team in dieser Season gewesen), mit ihrer Beziehung zu Abe, mit der komplizierten Situation mit Don, sie kann nur als aufrichtig und professionell beschrieben werden, und gleichzeitig ist sie eine Frau, die trotz des ganzen Testosterons um sich herum Verständnis und Gefühl zeigen kann. Das beweist sie etwa in einer ganz großartigen Szene, als sie Joan im Fall Avon gegenüber Pete und Ted verteidigt und ihr unter die Arme greift.

Gut konzipierte Frauenfiguren sind leider immernoch viel zu sehr eine Seltenheit im TV – umso erfreulicher ist es, dass "Mad Men" mit Charakteren wie Joan, Megan, Betty und ganz besonders eben Peggy zeigt, wie es gehen kann. Peggy ist eine unwahrscheinlich vielschichtige, komplexe, grundsympathische und vor allem starke Frauenfigur, mit ihren Stärken und Schwächen, die ein authentisches Gesamtbild abgibt und eine fantastische Entwicklung in diesen sechs Staffeln "Mad Men" durchgemacht hat. Dafür gebührt dieser Serie ein großes Lob, aber ganz besonders auch Elisabeth Moss, die als Darstellerin dieser Figur konstant eine meisterhafte Leistung abliefert.

Maria Gruber - myFanbase

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