Bewertung

Review: #3.07 Orientierungen, auch sexuelle

Die besten Episoden von "Modern Family" sind in der Regel jene, die entweder zwischen den einzelnen Handlungssträngen einen Zusammenhang herstellen, so dass die gesamte Familie miteinander interagiert, oder zumindest mit ungewöhnlichen Figurenkonstellationen aufwarten können, die für etwas Abwechslung sorgen. So gesehen, sollte #3.07 Treehouse eigentlich eher zu den schwächeren Folgen der Serie gehören, stellt sie doch vier klassische Paarungen in weitestgehend völlig voneinander unabhängigen Storylines in den Vordergrund. Uneigentlich mausert sich die auf dem Papier so unscheinbar wirkende Episode jedoch schnell zum heimlichen Highlight der bislang noch recht kurzen dritten Staffel.

"So you were pretending to be straight and hitting on me?"

Dass #3.07 Treehouse trotz struktureller Einschränkungen so außerordentlich gut funktioniert, liegt dabei vor allem daran, dass sich Serienschöpfer Steven Levitan den Stärken und Schwächen seines Drehbuchs offenbar sehr wohl bewusst scheint. Zumindest macht er genau das Richtige, indem er die Wette zwischen Mitchell und Cameron in den Mittelpunkt stellt – wohl wissend, dass es kaum Amüsanteres gibt, als dem so auffallend schwul anmutenden Cam dabei zuzusehen, wie er sich als Bündel heterosexueller Männlichkeit zu präsentieren versucht, während Mitchell ihn gemeinsam mit Crispin aufzieht, nur um kurz darauf ungläubig dabei zusehen zu müssen, wie Cam es tatsächlich schafft, die Nummer einer gutaussehenden Frau zu bekommen. Dass Jesse Tyler Ferguson dann auch noch das tun darf, was er am besten kann – nämlich über Cams übertriebene Anteilnahme und Unfähigkeit, der Frau die Wahrheit zu sagen, genervt mit den Augen rollen und herrlich trockenen Sarkasmus versprühen – und Cam wiederum trotz der enttäuschenden Erkenntnis, dass er auf seine Mitmenschen offenbar doch unverkennbar schwul wirkt, an seinem kleinen Triumph über Mitchell festhalten darf, setzt dem Ganzen noch die wohlverdiente Krone auf. Denn die so wunderbar von Leslie Mann gespielte Katie legt ihrem neuen besten Freund zuliebe eine derart überzeugende Show hin, dass sogar Cam selbst zwei Mal überlegen muss, ob er nicht womöglich doch hetero sein könnte, während Mitchell so herrlich entgeistert aus der Wäsche guckt, dass man sich als Zuschauer förmlich kugelt vor Lachen.

"What do you want from me? I don't like dancing."

Als nicht ganz so gelungen, aber durchaus des ein oder anderen Grinsens würdig, erweist sich die Storyline um den alten Spaßverderber Jay, der nicht einmal Regenbögen etwas abgewinnen kann und dadurch seine so lebensfrohe Frau in latente Verzweiflung stürzt, weil Gloria es satt hat, den Großteil ihres Lebens zu Hause auf dem Sofa zu verbringen. So beschließt sie einfach mit Jays altem Kumpel Shorty und dessen Freundin Darlene abends alleine loszuziehen, als Jay sich wieder einmal alles andere als begeistert zeigt von der Idee, mit ihr Salsa tanzen zu gehen. Dass Gloria es letztlich doch nicht übers Herz bringt, mit fremden Männern die Tanzfläche zu stürmen, und Jay sich wiederum in einer kurzen, aber ganz wunderbaren Szene von Manny zunächst widerwillig Salsa beibringen lässt ("Stop marching! You're dancing, not invading Poland.") und dann auch noch Mitchells dubiose Pille schluckt ("Baby aspirin, orange-flavored. He could have chewed it."), um seine Frau im Club mit unerwartet ungehemmten Tanzkünsten zu überraschen, zeugt einmal mehr von der tiefen gegenseitigen Zuneigung des so ungleichen Paares. Und auch wenn hier mit Sicherheit nicht die spektakulärste Geschichte erzählt wird, lohnt sie sich allein schon für solch liebevoll eingebaute Details wie das Wiederaufgreifen von Shortys leicht homoerotischer Ader ("I would have danced with him, he's got nice shoulders.") sowie den Rollentausch der beiden Pärchen am Ende mit Darlenes so herrlich trotzig vorgetragenem Vorwurf, Shorty würde sie nie überraschen.

"What's the biggest obstacle you've ever had to overcome?"

Vorwürfe macht auch Haley ihrer Mutter, da diese sie schon immer erfolgreich gegen alle möglichen Gefahren abgeschirmt hat, so dass sie nun keinerlei genommene Hürde vorzuweisen hat, über die sie in ihrer College-Bewerbung schreiben kann. Angefangen mit dem wunderbar subtilen Wortspiel-Gag über Haleys verhaltene Rechen- und Buchstabierkünste im Teaser, über die ach so bittere Erkenntnis, dass ihre Laktose-Intoleranz wohl das einzige Hindernis darstellt, das sie in ihrem Leben jemals überwinden musste ("Dear college, cheese makes me gassy. See you in September!"), bis hin zu ihrer rasenden Rückkehr aus dem Nirgendwo, in welchem Claire sie mutwillig ausgesetzt hatte, bietet diese zwar nicht sonderlich denkwürdige, aber dennoch höchst amüsante Storyline Sarah Hyland endlich mal wieder Gelegenheit, dem Zuschauer die Bandbreite ihres komödiantischen Könnens zu demonstrieren. Nachdem sie in der dritten Staffel bislang schon allzu oft regelrecht unterfordert wirkte, kann man nur hoffen, dass Haleys Storylines von nun an wieder mehr Substanz haben werden.

"Honey, the dude in the tree is cool!"

Das i-Tüpfelchen auf der ohnehin schon starken Episode setzt letztendlich aber wie so oft Phil, der scheinbar aus reinen Nostalgiegründen ein Baumhaus für Luke baut, weil er sich nach den guten alten Zeiten zurücksehnt, in denen seine besten Freunde noch nicht über das gesamte Land verstreut waren, sondern vielmehr direkt nebenan wohnten. Dabei macht die Szene, in der er Luke sein "wife gets in the way"-Leid klagt und ihn von all dem Spaß zu überzeugen versucht, den er mit seinen Kumpels dort oben haben könnte, wieder einmal deutlich, welch grandiose Entwicklung Phil seit dem Piloten der Serie vollzogen hat. Denn Phil ist schon lange weit mehr als bloß der möchtegerncoole Dad, den nicht nur seine Kinder oftmals oberpeinlich finden. Vielmehr ist er mit seinem Herzen so eindeutig am rechten Fleck zu einem derart liebenswerten Charakter geworden, dass die Momente grenzenloser Bewunderung seitens des Zuschauers die des Fremdschämens mittlerweile bei weitem überwiegen. So kann man am Ende auch gar nicht anders, als selig zu grinsen und sich tierisch für ihn zu freuen, als er seinen Nachbarn Andre kennenlernt und dieser das offenbar genauso sieht. Gepaart mit der Rückkehr des bewährten "I gotta fix that"-Running Gags und der absolut köstlichen Interview-Schlussszene mit Phil und seinem neuen "brotha from anotha motha" auf der Couch, weiß diese kleine, aber feine Storyline sogar mit dem mit Frauen flirtenden Cam durchaus mitzuhalten. Und das muss was heißen!

Letztendlich überzeugt #3.07 Treehouse also durch viel Herz, gewitzten Charme sowie starke Gastauftritte und beweist damit einmal mehr, dass selbst die simpelste Grundprämisse durchaus Potential für blendende Unterhaltung bietet, vorausgesetzt man besinnt sich auf die eigenen Stärken und findet die richtige Balance zwischen den einzelnen Storylines. Alles in allem also sehr souverän, Mr. Levitan. Bitte mehr davon!

Paulina Banaszek - myFanbase

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