Bewertung
Coupland, Douglas

JPod

"Stehet auf und huldigt der Umarmungsmaschine!"

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Inhalt

Der JPod, das sind Ethan Jarlewski und seine fünf Kollegen, deren Nachnamen ebenfalls mit J anfangen. Sie teilen sich eine Arbeitsecke im Büro eines großen Videospielherstellers und schlagen sich mit den unsinnigen Änderungsplänen der Marketingabteilung herum. Um sich davon abzulenken, lassen sich die JPodler ständig neue Wetten und Streiche einfallen. Auch mit seiner Familie hat es Ethan nicht unbedingt leicht. Sein Vater versucht sich auf seine alten Tage erfolglos als Schauspieler, seine Mutter baut Marihuana an und begeht versehentlich einen Mord, und sein Bruder Greg macht Geschäfte mit chinesischen Menschenschmugglern.

Kritik

Wenn vier verschiedene Menschen unabhängig voneinander in einen Buchladen spazieren, den Roman "JPod" in die Hand nehmen und eine beliebige Seite aufschlagen, könnte es durchaus passieren, dass alle Vier dabei völlig unterschiedliche Eindrücke gewinnen. Einer der Vier liest eine Passage, die einfach herrlich komisch ist, ein anderer schlägt eine Seite auf, die ihn völlig verwirrt, der Dritte landet auf einer Seite, die ihn über Dinge nachdenken lässt, über die er noch nie zuvor nachgedacht hat, und der Vierte würde sich am liebsten umgehend beim Autor über diese (vermeintliche) Abzocke beschweren. Willkommen im JPod!

Die Handlung spielt in Kanada und wird aus der Sicht von Ethan erzählt, der von einem ganzen Haufen liebeswerter Spinner umgeben ist und nebenbei selbst so seine Macken hat. Seine fünf Kollegen sind Casper "Cowboy" Jesperson, ein kettenrauchender Hustensaftjunkie, der gerne über den Tod nachdenkt, Bree Jyang, die mit jedem Mann schläft, den sie sieht, allerdings nur ein einziges Mal, Crow Juniper, genannt John Doe, der eine so schräge Kindheit hatte, dass er heute alles tut, um dem absoluten Durchschnitt zu entsprechen, Brandon "Evil Mark" Jackson, ein Ordnungsfanatiker mit einem Geheimnis, und Kaitlin Joyce, die Neue im JPod, die diesem zu entfliehen versucht und nebenbei Ethans Herz erobert. Die sechs JPodler vertreiben sich ihre (Arbeits-)Zeit mit skurrilen Wettspielchen und verrückten Diskussionen, die sich von Popkultur über Mathematik bis zu Toilettenhygiene um alles und nichts drehen und dem Leser einfach nur riesigen Spass machen.

Wenn Ethan nicht gerade mit seinen Kollegen beschäftigt ist, muss er immer wieder seinen Verwandten zur Hilfe kommen. Seine Mutter ist im Drogenhandel tätig, was erwartungsgemäß nicht der sicherste Job ist, während sich sein Vater nach einer Karriere als Finanzberater nun im Schauspielgewerbe versucht, aber partout keine Sprechrollen ergattert. Ethans älterer Bruder Greg schließlich ist ein zwielichtiger Immobilienmakler, zu dessen Geschäftsfreunden der chinesische Menschenschmuggler Kam gehört, der sich bald auch in Ethans Leben breit macht.

Die Handlung wird immer wieder von kleineren und größeren Schnipseln aus der großen weiten Welt der Kommunikation unterbrochen, z.B. Spam-Mails, Texte von Hinweisschildern, Produktbeschreibungen, Werbeslogans, Namenslisten und mehr. Über viele Seiten des Romans erstrecken sich auch einfach nur lange Zahlenreihen, die Bestandteil der JPod-Wettspiele sind und an denen sich die Leser beteiligen können, sofern sie die richtige Mischung aus Genie und Wahnsinn mitbringen.

Schon bei "Generation A", dem ersten Roman von David Coupland, den ich gelesen habe, hat es mich begeistert, wie gekonnt und unterhaltsam der Autor alle wichtigen Phänomene der Gegenwart in einen einzigen Roman einbettet. "JPod" ist in der Hinsicht zwar nicht ganz so umfassend, dennoch fängt Coupland auch diesmal wieder zahlreiche Facetten unserer Welt mit so viel entlarvendem Witz ein, dass es eine Freude ist.

Coupland beweist dabei sogar Sinn für Selbstironie und baut auch sich auf nicht unbedingt schmeichelhafte Weise in die Handlung ein. Der Douglas Coupland in diesem Roman ist ziemlich verschlagen und ein Hassobjekt für den Ich-Erzähler Ethan, auf dessen Seite der Leser uneingeschränkt steht.

Fazit

"JPod" ist kein Roman wie jeder andere, sondern ein unterhaltsames und eigenwilliges Erlebnis, wie es nicht viele Autoren erschaffen können.

Maret Hosemann - myFanbase
06.03.2012

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