Bewertung

Review: #1.01 Strange Love

Als ich bereits vor über einem Jahr erfuhr, dass geplant war, eines meiner Lieblingsbücher vor einigen Jahren, "Vorübergehend tot" von Charlaine Harris, in eine Serie zu verwandeln, war ich mehr als angetan. Meine Vorfreude steigerte sich nur noch, als ich hörte, dass der amerikanische Pay-TV-Sender HBO die Serie adaptieren würde. Dementsprechend waren meine Erwartungen auch sehr hoch. Mit der Pilotfolge kam dann auch relativ schnell die Ernüchterung. Meine Anforderungen konnte die Serie nicht erfüllen - zwar wurden Dialoge teilweise 1:1 aus der Romanvorlage übernommen, doch kommt einfach nicht dasselbe Feeling auf. Vielmehr wirkt die Atmosphäre an vielen Stellen billig und die Schauspieler und vielleicht auch das Drumherum schaffen es einfach nicht, die Chemie und Anspannung zwischen Sookie und Bill glaubhaft herüber zu bringen. Diese Chemie ist es allerdings, die den Dreh- und Angelpunkt der Serie darstellt...

Sookie, that's an unusual name...

Natürlich habe ich als Buchkennerin den Vorteil, direkt zu wissen, worum es in der Serie geht und was es mit den meisten Charakteren auf sich hat, wobei ich sagen muss, dass es bei mir bereits eine Weile her ist, dass ich Band 1 gelesen habe und ich mich hauptsächlich noch an Sookie und Bill erinnern konnte. Allerdings weiß ich natürlich trotzdem nicht, wie es vielleicht für einen völlig unbefleckt an diese Serie herantretenden Zuschauer sein mag, ohne Vorwarnung in das Geschehen hineingeworfen zu werden. Die erste Szene macht jedoch schon mal recht schnell klar, worum es in der Serie geht: Vampire, ein Südstaatenslang, der einem die Fingernägel aufrollt, und Sex, Sex, Sex. Ein bisschen zu viel Sex für meinen Geschmack. Ich habe ja wirklich schon einige Serien gesehen und bin auch nicht zimperlich, was die Darstellung von Gewalt und Sex in Serien angeht, aber das war nun wirklich zu viel des Guten. Insbesondere Jason, der bereits den Anschein eines typischen Nervcharakters erweckt, war in einigen sehr provokanten Szenen mit von der Partie. In jeder zweiten Szene wird deutlich, wie wichtig das Thema Sex - und dabei insbesondere der Sex mit Vampiren - in der Serie ist.

Sookie ist dabei ja eher das holde Unschuldslamm, was eigentlich nicht schlecht ist, da es auch der Identifikation dient. Sookies Gesichtsausdruck, als der Koch Lafayette und die beiden Kellnerinnen Dawn und Arlene vom Leder ziehen, ist nur allzu repräsentativ für meinen Gesichtsausdruck, den ich während mindestens 50% der Pilotfolge drauf hatte. Da hört es dann aber auch schon mit dem Positiven bezüglich Sookie auf. Ich weiß nicht, wie ich mir den Charakter genau vorgestellt hatte, aber was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Darstellung durch Anna Paquin dem nicht einmal annähernd nahe kommt. Natürlich muss man ihr auch zugute halten, dass es sicherlich nicht ihre alleinige Entscheidung war, Sookie so naiv-dümmlich zu spielen, dass es fast nervtötend ist. Es hat sicherlich auch etwas mit der Interpretation durch den Serienmacher Alan Ball und einigen anderen Faktoren zu tun. Dennoch ist ein sehr wichtiger Faktor, der mir das Sehvergnügen das ein ums andere Mal gründlich vermiest hat. So habe ich mir die starke und intelligente Sookie, wie sie sich ja auch in der Pilotfolge selbst beschreibt, nicht vorgestellt. Wenn Sookie hier also vorgibt, nur das Dummchen zu spielen, um mehr Trinkgeld zu bekommen, muss man sich schon fragen, ob die Macher und Paquin vielleicht glauben, dass dasselbe Konzept auch beim Fernsehzuschauer zieht. Ich glaube nein...

Was die anderen Charaktere angeht, fällt bisher keiner wirklich positiv auf, wenn man mal von Sookies wirklich herzallerliebsten Omi absieht, die wirklich nur zuckersüß ist, wie sie sich wie ein kleines Kind freut, dass der Vampir Bill ihr und ihren Freunden vielleicht vom amerikanischen Bürgerkrieg erzählen könne. Auch Bill gefällt mir zumindest beim zweiten Ansehen des Piloten nun wesentlich besser. Er wirkt mysteriös und hat auch etwas Attraktives an sich. Die Chemie mit Sookie funktioniert jedoch wie gesagt bisher noch nicht optimal und wirkt in vielen Szenen eher durch die extreme Gestik und Mimik und die generell schwache musikalische Untermalung erzwungen.

You might be a vampire but when you talk to me, you talk to me like the lady that I am!

Sprüche wie obiger tragen sicherlich nicht unbedingt dazu bei, dass der Zuschauer Sookie wirklich ernst nehmen kann. Trotz allem gab es natürlich auch einige amüsante Momente und objektiv gesehen wird die Grundstruktur relativ gut eingeführt sowie alle Charaktere. Ein Mörder treibt also in Bon Temps sein Unwesen, wobei mich diese Story nicht wirklich vom Hocker reißt. Abgesehen davon wird es jedoch interessant sein zu sehen, inwieweit die Serie einen staffelübergreifenden Plot aufbauen kann. Allerdings mache ich mir da keine großen Sorgen, da viele Serien gut damit leben können, einfach gutes Drama zu zeigen, was hier jedoch bisher ausgeblieben ist. Die Charaktere sind insgesamt ziemlich klischeehaft von Sexprotz Jason angefangen, über die aggressive Tara, den treudoofen Sam und einen Haufen zurückgebliener Südstaatentrottel.

Wenigstens zwei durchweg positive Dinge habe ich zur Serie zu bemerken: Erst einmal der wirklich großartige Vorspann, der immer wieder neue Szenen offenbart, die einem beim vorherigen Ansehen noch nicht aufgefallen sind. Er ist ein bisschen wie ein Autounfall - irgendwie abartig und verquer, aber man kann nicht wegsehen. Auch die Musik gefällt mir dazu sehr gut, da ich ohnehin ein ziemlicher Countryfan bin. Zweitens liefert Sookies Oma für den genauen Zuschauer ein kleines Schmankerl. Sie liest nämlich, als die Enkelin nach Hause kommt, gerade einen Roman von Charlaine Harris, der Autorin der echten Sookie-Bücher...

Fazit

Beim ersten Anschauen war der Pilot für mich eine Riesenenttäuschung. Beim zweiten Mal, nun mit deutlich angepassten Erwartungen, bleibt der Einstieg weiterhin schwach, doch aufgeben kann und will ich die Serie so schnell noch nicht. In der Hoffnung auf eine markante Steigerung vergebe ich zaghafte vier Punkte.

Nadine Watz - myFanbase

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