Bewertung

Review: #4.07 Handicap

Foto: David Morrissey, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
David Morrissey, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Nach der letzten Episode war ich tatsächlich gewillt, dem der Gouverneur zuzugestehen, sich verändert zu haben. Zum Positiven, wohl gemerkt. Nach dieser Episode muss man dies leider wieder revidieren. Sicherlich, in Interaktion mit Meghan und ihrer Familie gibt sich Philip Blake weiterhin als geläuterter Mann, dem die Sicherheit seiner Gruppe über alles geht. Doch um dies zu erreichen geht er über Leichen, wenn es sein muss.

"Hey, if you do come back with us, there's two things you got to accept. One, I'm in charge. Two, no deadweight."

Dass Martinez den Gouverneur so bereitwillig in seine eigene, neue Gruppe aufnimmt, obwohl er miterlebt hat, wie brutal und kaltblütig er sein kann, überrascht am Anfang doch schon etwas. Zwar zögert er, Philip aus dem Loch zu befreien und sein Blick, als er erfährt, dass sich der Gouverneur mittlerweile "Brian" nennt und anscheinend Anschluss gefunden hat, deutet an, dass er noch immer skeptisch ist, was seinen ehemaligen Anführer betrifft, doch er ist gewillt, ihm eine Chance zu geben, zu beweisen, dass er sich in den vergangenen Wochen geändert hat.

Die Gruppe, zu der Martinez gestoßen ist, wirkt auf den ersten Blick genau wie Gruppe, die Rick mittlerweile um sich schart. Es gibt den ein oder anderen Charakter, der etwas zur Geschichte beiträgt, der Großteil wird früher oder später jedoch als Zombiefutter enden. Martinez führt ein strenges Regiment, was seine Gruppe betrifft und macht Philip sofort klar, dass es unter seiner Leitung keine "totes Gewicht" gibt. Jeder, der Schwäche zeigt, wird zurück gelassen, droht er unverblümt seinem ehemaligen Boss an und blickt dabei bedeutungsschwanger auf die Frauen, mit denen er unterwegs ist. Dummerweise unterschreibt Martinez gerade mit dieser Aussage sein eigenes Todesurteil.

Philip versucht sich zunächst möglichst unauffällig in die Gruppe zu integrieren und sieht sich an, wie Martinez an seine neue Aufgabe heran geht. Er sucht für sich und seine neue Familie einen sicheren Zufluchtsort und glaubt diesen auch gefunden zu haben, jedenfalls bis Martinez ihn darum bittet, seine rechte Hand zu werden. In diesem Moment holt Philip mit einem Golfschläger aus, brät Martinez eins über den Schädel und wirft ihn in eine Grube voller Beißer.

Der Schlag mit dem Golfschläger kommt nicht nur vollkommen unerwartet, sondern er macht auch eines klar – der Gouverneur hat sich kein bisschen geändert. Er ist noch immer das kaltblütige, unberechenbare Monster, das vor nicht allzu langer Zeit ohne zu zögern seine Untertanen mit einem Maschinengewehr niedergemäht hat. All das, was wir in der letzten Episode gesehen haben, war also nicht der Versuch, sich für seine Taten zu rehabilitieren. Vielmehr hat man nach dieser Episode das Gefühl, dass Philip an Meghan wieder gut zu machen versucht, woran er bei seiner eigenen Tochter gescheitert ist. Er hat eine Verbindung zu ihr, die jedoch nicht so wirklich erklärt wird, und um sicher zu gehen, dass es ihr gut geht, geht er zu Not auch über Leichen.

Dabei sieht sich Philip zunächst selbst nicht einmal in der führenden Position, sondern verlangt von dem jeweiligen Gruppenführer "einfach" nur, Stärke zu zeigen. Eben wie es Martinez gesagt hatte - es gibt kein "totes Gewicht", das sie mitschleppen können und werden. Entdeckt der Gouverneur im Folgenden auch nur ein klitzekleines Anzeichen von Schwäche, muss derjenige folglich sein Leben lassen und so trifft es nach Martinez auch noch Pete, der es nicht über das Herz bringt, ein Lager anderer Überlebender zu überfallen und sie um ihre Vorräte zu erleichtern. Und als Philip sieht, dass es keine Möglichkeit gibt, seine neue Familie in Sicherheit zu bringen vor den Gefahren, die hinter jeder Ecke lauern, übernimmt er kurzerhand selbst wieder das Zepter und will den perfekten Ort für sie finden - das Gefängnis.

"If you join me, I promise you you will never have to worry about whether you were doing the right thing or the wrong thing. Because we will do the only thing."

So ganz schlau werde ich aus der gesamten Geschichte nicht. Was sollte uns die letzte Episode in Anbetracht der Dinge, die in dieser Episode passiert sind, eigentlich beweisen? Philip Blake aka der Gouverneur, ist noch immer das kranke Arschloch, das er in der letzten Staffel gewesen ist. Er hat sich kein wenig verändert. Natürlich will er das Leben derjeniger beschützen, die er liebt, beschützen, doch dafür geht er zur Not auch über Leichen. Die ganze Sache mit der Reue und der neu gefundenen Menschlichkeit war also was? Ein nettes Zwischenspiel? Verarsche der Zuschauer? Gefällt mir ganz und gar nicht.

Das einzig interessante, was man aus der Episode am Ende mitnehmen kann ist die Parallele, die man zur Gruppe im Gefängnis (die übrigens schon die zweite Episode in Folge keine Rolle im Geschehen spielt) zieht. Während der Gouverneur glaubt, nur mit Stärke und Unnachgiebigkeit für die Sicherheit seiner Leute sorgen zu können, zeigt Rick auf der anderen Seite, dass es durchaus auch andere Wege gibt. Hier hat sich eine Gemeinschaft gebildet, die einen starken Führer braucht, die jedoch auch in Form des Zirkels, den Hershel ins Leben gerufen hat, durchaus auch in der Lage ist, selbst Entscheidungen zu treffen, ohne dabei ihre Menschlichkeit zu verlieren.

Dass mit dem Ende der Episode jetzt endlich die beiden Handlungsstränge zusammen geführt werden, wird auch langsam Zeit. Wie sich herausstellt, war das Geplänkel der letzten beiden Wochen eigentlich nur Vorgeschmack auf das wird, was im großen Herbstfinale auf die Zuschauer zukommen wird: ein Showdown zwischen Rick und Philip, die sich um das vermeintlich sichere Gefängnis in einen unnötigen Krieg werfen werden.

Fazit

Es ist durchaus keine schlechte Geschichte um den Gouverneur gewesen, die uns in den letzten beiden Episoden erzählt wurde, hätte sie am Ende nur mehr Gewicht für den Fortlauf der weiteren Staffel gehabt. Stattdessen sind wir wieder dort, wo wir auch am Ende der dritten Staffel schon gewesen sind. Alles läuft auf einen Showdown zwischen Rick und Philip hinaus, den wohl auf der einen, wie auf der anderen Seite Menschen mit dem Leben bezahlen müssen. Sicher wird das spannend und rasant inszeniert werden, das steht für mich außer Frage. Die Problematik ist jedoch einfach, dass man für den Aufbau dieses Szenarios ganze sieben Episoden gebraucht hat und im Moment keinen Deut weiter ist als vor einem halben Jahr.

Melanie Wolff - myFanbase

Die Serie "The Walking Dead" ansehen:


Vorherige Review:
#4.06 Lebendköder
Alle ReviewsNächste Review:
#4.08 Kein Zurück

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "The Walking Dead" über die Folge #4.07 Handicap diskutieren.