Bewertung

Review: #3.04 Kampf um den Thron

Foto: Eliza Taylor, The 100 - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Eliza Taylor, The 100
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Die ersten beiden Folgen stimmten optimistisch, dass es den Autoren gelingt durch eine geschickte Welterweiterung die Spannung auch im dritten Jahr aufrechtzuerhalten und die Serie weiterhin als komplexe Auseinandersetzung mit moralischen Ambivalenzen und kaum zu lösenden Charakterentscheidungen anzulegen. In Bezug auf die Ereignisse um Clarke und Lexa in Polis trifft diese Einschätzung auch weiterhin zu, in welche Richtung die Autoren aber die Ereignisse in Arkadia lenken, insbesondere in Bezug auf Pike und Bellamy, war aber schon in der letzten Folge schwierig und wird in dieser schnell zu einem echten Ärgernis und einer schwer zu ignorierenden Schwächung des narrativen Gesamtkonstrukts.

Beginnen tun diese Probleme bei der Anlegung von Bellamys neuer und im Staffelauftakt der dritten Staffel eingeführten Freundin Gina. Diese entwickelte bis zu ihrem Tod in der letzten Folge nie ein wirkliches Eigenleben und existierte für den Zuschauer nur in Abhängigkeit zu Bellamy. Mit der Entscheidung sie sterben zu lassen, wurde diese Figur dann vollständig zu einer schlichten narrativen Brücke, einem Mittel zum Zweck, um Bellamy zu traumatisieren und dadurch eine bestimmte Entwicklung in Gang zu setzen, die in dieser Folge rasant fortgeführt wird. Das ist eine Art des faulen Geschichtenerzählens, die man von "The 100" sonst nicht gewohnt ist und für sich schon ein Ärgernis darstellt. Noch schwieriger wird diese ganze Angelegenheit aber durch einen weiteren neuen Charakter.

Mit Pike konstruierten die Autoren nun eine weitere extrem eindimensionale Figur, welche zum jetzigen Zeitpunkt einzig als Aggressor angelegt ist, um die Story in eine bestimmte Richtung, zu einem zentralen Konflikt zu führen. Dieser Konflikt wird aber leider nicht behutsam entwickelt und für den Zuschauer nachvollziehbar dargestellt, sondern überhastet um eine Figur herum aufgebaut, zu der bisher noch keine Beziehung hergestellt werden konnte. Das tragische daran ist, dass auch Bellamy Pike in einer Rekordzeit vertraut, lautstark unterstützt und dadurch zum neuen, kriegshetzerischen Ratsvorsitzenden macht. Bellamy wurde bisher zwar oft auch als hitzköpfiger, aber trotzdem strategisch denkender Krieger dargestellt. Hier scheint er bei der Wahl der Fraktion nun überhaupt nicht mehr nachzudenken oder die Gesamtsituation in irgendeiner Weise zu reflektieren. Warum schließt er sich nicht noch mit Clarke kurz, bevor er einer der zentralen Anführer eines sinnlosen Krieges wird? Warum sucht er nicht das Gespräch mit seiner eigenen Schwester? Wieso übersieht er völlig die Komplexität der unterschiedlichen Clan-Agendas? Wieso gelingt es ihm nicht die Folgeschäden zu antizipieren, die ein überhasteter Angriff anrichten würde?

Innerhalb von ein paar vereinzelnden Momenten gelingt es den Autoren die Figur des Bellamy zu dekonstruieren und seine Entscheidungen vollkommen unplausibel wirken zu lassen. Das ist sehr schade und es bleibt abzuwarten, in welcher Weise diese sich momentan auf eine Sackgasse zu bewegende Storyline noch entwickeln wird. Momentan komme zumindest ich hier nicht mehr aus dem verärgerten Kopfschütteln heraus. Dazu frage ich mich auch wie groß die Armee in Arkadia überhaupt noch ist und wie es Pike eigentlich schaffen will einen Krieg mit allen Grounder-Clans zu beginnen, die von der Infrastruktur und den vorhandenen Ressourcen die Gruppierung der Sky People doch meilenweit überragen müsste. Es muss in diesem Kontext natürlich auch noch das wenig elegante Verhalten von Kane angeführt werden, der im Grunde auf dem richtigen Weg ist und versucht einen friedvollen Weg zu gehen. Warum er aber nicht direkt nach seiner Rückkehr aus Polis vollständige Transparenz gegenüber seinen eigenen Leuten herstellt und diesen ausführlich seine Beweggründe bezüglich des Beitritts in die Koalition schildert, ist auch eine schwer zu beantwortende Frage.

Stark kontrastiert werden die Ereignisse in Arkadia von den Entwicklungen in Polis, wo es den Autoren plötzlich wieder gelingt große komplexe Entscheidungsprozesse anhand starker Charaktermomente abzubilden. Der Konflikt mit der Ice Nation spitzt sich weiter zu und Nia schreitet mit ihrem Plan voran Lexa vom Thron zu stoßen. Es gibt dann tatsächlich einen physischen Kampf um den Thron und die Vorherrschaft über die 13 Clans. Nia schickt ihren eigenen Sohn Roan in einen Kampf um Leben und Tod, Lexa hingegen stellt sich selbst dem Kampf und schickt damit keinen ihrer Vertrauten an ihrer Stelle in den Ring. Clarke versucht derweil eigenmächtig Lexas lebensbedrohlichen Kampf und den drohenden Aufstieg der Ice Nation zu verhindern, indem sie versucht Roan gegen seine eigene Mutter auszuspielen und anschließend selbst voranschreitet, um die Nia zu vergiften. Clarkes Bemühungen scheitern zwar, dennoch gelingt es Lexa schließlich im Kampf Roan niederzuringen, dann aber nicht ihn, sondern mit einem gezielten Speerwurf Nia zu töten. Dadurch wird Roan schließlich zum König der Ice Nation.

Diese Entwicklungen werden sowohl auf der Ebene der Actionsequenzen, bei denen ganz besonders die Schwertkampfsequenz positiv hervorsticht, als auch auf Ebene der schwierigen Beziehung zwischen Lexa und Clarke packend vorangetrieben. Hier versteht man ganz genau wieso sich die einzelnen Charaktere aufgrund vergangener Erfahrungen, aber auch aus strategischer Zwangsläufigkeit so entscheiden, wie sie es schlussendlich tun. Die Beziehung zwischen Lexa und Clarke mausert sich in dieser Folge zur zentralen Stärke der Serie. Man wünscht sich nur, dass auch alle anderen Storyentwicklungen mit der gleichen Bedächtigkeit und erzählerischen Raffinesse umgesetzt würden. Lexa zeigt sich immer mehr als starke und überlegte Anführerin, die bis jetzt ihre Entscheidungsmacht nicht von Emotionen hat trüben lassen. Die sich immer weiter intensivierende Beziehung zu Clarke kann im weiteren Verlauf der Staffel aber noch weitreichenden Problemen führen. Es bleibt aber vielmehr zu hoffen, dass diese beiden starken Anführerinnen einen gesicherten Weg der gemeinsamen Zusammenarbeit finden. Neben den zwei großen und viel Raum einnehmenden Storylines in Arkadia und Polis geht es auch in vereinzelnden Momenten noch um Jaspers Leidensweg und seine fast in Trümmern liegende Freundschaft zu Monty. Hier berührt vor allem der Moment, in dem Monty Jasper gegenüber zu verstehen gibt, dass er seinen besten Freund vermisst, worauf Jasper nur antwortet, dass dieser am Tag des Massenmords in Mount Weather ebenfalls gestorben ist.

Fazit

Die vierte Folge ist eine sehr schwierige Angelegenheit und wohl auch wegweisend für den weiteren Verlauf der Staffel. Auf der einen Seite läuft die Serie weiter auf Hochtouren, wenn es um die Machtfragen in Polis und die darin verwobene Beziehung von Clarke und Lexa geht. Auf der anderen Seite haben wir aber auch den unterkomplexen Charakter des Pike, der als neue Figur weiterhin überhaupt nicht funktioniert und scheinbar nur für die Konstruktion eines Konflikts konzipiert wurde. In den Schlund dieser vorne und hinten nicht funktionierenden Story wird leider auch Bellamy gezogen, dessen rasante Entwicklung und Parteiergreifung für Pike kaum nachzuvollziehen sind.

Moritz Stock – myFanbase

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