Bewertung

Review: #1.03 Wozu hat man Freunde

Foto: Eli Goree, The 100 - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Eli Goree, The 100
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Nachdem "The 100" einen etwas holprigen Start hatte und nur in Ansätzen überzeugen konnte, gelingt der Serie mit der dritten Folge ein gehöriger Qualitätssprung in Sachen erzählerischer Intensität und überzeugender Charakterarbeit. Dies resultiert auch aus dem Umstand, dass erstmals ein kleiner Einblick in die Vergangenheit der Charaktere gewährt wird und mit der neuen Figur Charlotte ein ambivalenter Charakter die Szenerie betritt, welche sich gleich für die schockierendste Szene der noch sehr jungen Serienhistorie verantwortlich zeigt.

"When I say there is hope, there is hope."

In der dritten Folge konzentriert sich ein Teil der Folge auf vergangene Ereignisse, die einen tieferen Einblick in die einzelnen Motivationen und Narben der Vergangenheit gewähren. Im Zentrum stehen dabei Clarke, Wells und ein schwerwiegender Verrat. Dieser wurden in den ersten beiden Folgen immer wieder angedeutet, nun wird durch einen geschickt in das Gegenwartsgeschehen integrierten Rückblick das ganze Drama um den Tod von Clarkes Vater aber ausführlich beleuchtet. Dies führt dazu, dass vor allem die zentrale Hauptfigur Clarke, aber auch ihr alter bester Freund Wells sich zu vielschichtigeren Charakteren entwickeln, deren jeweilige Handlungen besser nachvollziehbar werden. Im Zentrum des Rückblicks steht Jake, welcher die Informationen über die schwindende Sauerstoffversorgung nicht länger zurückhalten wollte und damit schließlich drohte an die Öffentlichkeit zu gehen. Bevor er ist dies jedoch tun kann, wird er verhaftet und von Jaha zum Tode verurteilt. Clarke hatte zuvor von den Plänen ihres Vaters erfahren und sich ihrem besten Freund und dem Sohn des Ratsvorsitzenden anvertraut und glaubt nun, dass dieser sie verriet.

Die Folge spielt mit diesem Vertrauensbruch, der tiefen Enttäuschung Clarkes, welche Wells nicht mal mehr in die Augen sehen kann. Bei der Suche nach einem Heilmittel für Jasper wird die Gruppe um Wells, Clarke und Finn von einem gelben Nebel überrascht, welcher sie zum Schutz in ein altes Automobil zwingt. In dieser Kammerspielartigen Atmosphäre kochen die Emotionen weiter hoch. Als Clarke einen Grund von Wells für sein Handeln hören will, schweigt dieser nur und verzichtet auf eine Verteidigung. Mehr und mehr wird ersichtlich, dass mehr hinter der Geschichte steckt und schließlich kommt Clarke durch Finn selbst darauf, dass nicht Wells, sondern ihre Mutter Abby ihren Vater an den Jaha verraten hat. In einer berührenden und gleichermaßen schockierenden Enthüllungsszene erfährt Clarke, dass Wells sie nur beschützen wollte und dafür auch bereit war die langjährige Freundschaft schwer zu gefährden. Wells mausert sich in dieser Folge zu einem starken Charakter, dem man als Zuschauer viel Empathie entgegenbringen kann und dessen Handlungsmotivationen von viel persönlicher Aufopferung geprägt sind. Besonders auch in dem Konflikt zwischen Wells und Clarke zeigt die Serie erstmals starke, überzeugende und vor allem berührende Charakterarbeit, die in den ersten Folgen teilweise nicht vorhanden war. So viel Sympathien die Figur des Wells gewinnt, so grausamer ist auch sein überraschender Tod in der letzten Szene, die die Kompromisslosigkeit dieser Welt mehr als nur andeutet.

"Weakness is death. Fear is death."

Im zweiten großen Handlungsstrang geht es vor allem um den in dieser Folge neu eingeführten Charakter Charlotte, ein kleines Mädchen, welches beide Eltern verloren und nach einem darauf folgenden Angriff des Wachpersonals der Ark zur Straftäterin wurde. Diese Episode trägt den passenden Titel "Earth Kills" und die Auseinandersetzung und die direkte Konfrontation ist im Verlauf der Folge stets allgegenwärtig. Es geht um die Auseinandersetzung mit Leben und Sterben auf der wiederbesiedelten Erde. Dabei treffen unterschiedliche Philosophien aufeinander, kehren sich in bestimmten Situationen aber auch wieder um: Clarke steht dabei für die Hoffnung, für den Kampf um Jaspers Leben, Bellamy dagegen will Jasper keine Chance mehr geben und ihn sterben lassen. Der Kampf um Jaspers Leben ist ein tragendes Element der Folge. Jenes kann schließlich gerettet werden, wobei andere ihr Leben lassen müssen.

Mehr und mehr werden besonders in den Ereignissen dieser Folge die Parallelen zur Mystery-Serie "Lost" deutlich: So wird als neue ernstzunehmende Gefahr ein gelber Nebel eingeführt, der eine zersetzende und tödliche Wirkung hat und dabei ganz offensichtlich an das "Lost"-Monster Smokey erinnert. Eine weitere Parallele zu "Lost" ist die Kompromisslosigkeit, mit der Charaktere schon früh im Handlungsverlauf getötet werden. Zunächst stirbt Atom in einer aufwühlenden Szene, in der Clarke dem von Nebel angegriffenen Atom von seinem Leid erlöst und damit einem überfordernden Bellamy beisteht, der es nicht schafft diesen Schritt zu gehen. Die Figur des Bellamy wird auch zu einem ambivalenten Charakter, welcher sich zunächst als unbarmherziger Todesengel inszeniert, dann aber doch Schwäche und Menschlichkeit zeigt. Da Atom als Figur komplett unterentwickelt bliebt, zog die Szene vor allem ihre Kraft aus den Reaktionen von Bellamy und Clarke.

Eine andere Seite konnte Bellamy aber auch im Zusammenspiel mit Charlotte zeigen. Bei dem plötzlichen Angriff des Nebels flüchten die Beiden ebenfalls in einen sicheren Unterschlupf und Bellamy fällt die Rolle zu die junge Charlotte zu trösten und von ihrer Angst zu befreien. Charlotte ist seit dem Tod ihrer Eltern, den sie selbst hautnah miterlebte, tief traumatisiert und wird jede Nacht von Alpträumen geplagt. Bellamy rät ihr sich von ihrer Angst zu befreien, da Angst eine schwerwiegende Schwäche darstellt, die zum Tod führen kann. Auch hier zeigt Bellamy eine andere, einfühlsamere Seite, was dem Charakter nur gut tut. Bellamys Rat führt schließlich aber zur bisher schockierendsten Szene, in der Charlotte mit einem gezielten Messerstich Wells tötet, da sie in Wells seinen Vater sieht, der für die Tötung ihrer Eltern verantwortlich war. Die ganze Grausamkeit dieser Welt, des Lebens auf der Ark, in der der Tod und grausame Bestrafungen allgegenwärtig scheinen, symbolisieren sich in dieser Szene, in der ein junges Mädchen keinen anderen Weg mehr sieht, als sich durch einen Mord von ihrer Seelenqual zu befreien. Diese Szene, aber auch viele andere in dieser Folge, bringen die Serie in Bezug auf Charakterentwicklung und Dramatik einen gehörigen Schritt voran.

Fazit

Es scheint, als ob "The 100" langsam seinen Weg findet, denn nach zwei nur teilweise überzeugenden Folgen mit interessanten Ansätzen, aber mauer Umsetzung, kann die dritte Folge gleichermaßen schockieren und begeistern. Mit der Einführung einer unberechenbaren und gnadenlosen Bedrohung in Form eines mysteriösen Nebels, intensiver Charakterarbeit und einer kompromisslosen Erzählweise, die nicht davor zurückschreckt auch sympathische Charaktere zu opfern, hebt sich das Teen-Science-Fiction-Drama auf eine neue Ebene. Es scheint der Knoten geplatzt zu sein. Die nächsten Folgen können gerne kommen.

Moritz Stock – myFanbase

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