Die enttäuschendsten Storylines 2008/2009
Michaels Gehirntumor (Prison Break, Staffel 4)

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Zugegeben, die vierte Staffel von "Prison Break" war ein einziges Trauerspiel. Dennoch hat man sich einen Abschluss gewünscht, der nicht nur für den Zuschauer versöhnlich ist, sondern auch dem Hauptcharakter, Michael Scofield, ein Happy End beschert. Michael war immerhin in der ersten Staffel derjenige, der seine Freiheit geopfert hat um seinen (nun-doch-nicht-) Bruder Lincoln aus dem Gefängnis zu holen. Die zweite Staffel war damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass Linc und er auf freiem Fuß bleiben, und in der dritten Staffel schließlich hängt das Wohl seines Umfeldes wieder einmal davon ab, dass Michael sich selbst hinten anstellt, um allen anderen zu helfen.

"I wish I could be there with you but, as you probably know now, I wouldn't have had that much time anyway. so... I made my choice and... I don't regret it."

Drei Staffeln lang war Michael also derjenige, dem jegliches Glück versagt blieb. Mit der (hanebüchenen) Rückkehr Saras und dem Freikommen aus einem Gefängnis in Panama schien nun endlich seine Zeit eingeläutet. Doch bereits nach nur zwei Folgen sieht man, wie er wiederholt Nasenbluten bekommt und ahnt, dass die Macher von "Prison Break", wenig subtil wie sie sind, diesen Szenen nicht grundlos auf so penetrante Art und Weise kostbare Sendezeit einräumen. In den folgenden Episoden lässt man daher keine Gelegenheit ungenutzt, jede noch so erholsame Idylle für Michaels Truppe durch derartige Szenen zu zerstören.

Das muss nun wahrlich per se nicht schlecht sein, allerdings werden schon spürbar die Nerven des Zuschauers strapaziert, wenn man immer und immer wieder ohne Erklärung solche Momente präsentiert bekommt. Sie werden stattdessen mit nur minimalen Variationen eingestreut und stören dadurch auch zunehmend den Erzählfluss, da sie so gar keine Aufschlüsse geben, außer dass mit Michael was gehörig nicht stimmt. Viel zu spät wird dann klar, dass der Grund des Nasenblutens und des einen oder anderen Anfalls ein Gehirntumor ist.

Problematisch an dieser Enthüllung ist aber eigentlich nicht, dass Michael sterben wird. Natürlich kann man aus gutem Grund argumentieren, dass auch Michael endlich etwas Glück verdient hat, nachdem er sich immer nur für andere eingesetzt und seine eigenen Bedürfnisse links liegen gelassen hat. Aber schließlich ist das die letzte Staffel und es gibt so manche Serie, die den Mut hatte, einen Hauptcharakter sterben zu lassen, und vor allem dadurch einen großen qualitativen Sprung gemacht hat, weil man so demonstrieren konnte, dass niemand sicher ist.

Allerdings haben sich die Macher von "Prison Break" dafür entschieden, den Gehirntumor immer dann hervorzukramen, wenn er aus dramaturgischer Sicht gerade gut passt (siehe #4.11 In aller Stille) und damit den Schrecken der Unberechenbarkeit genommen, bis es richtiggehend nervig wurde. Zum anderen hatte man dann doch nicht den Mut, Michael einfach so sterben zu lassen, sondern ließ ihn das tun, was er über die Jahre so perfektioniert hat: sich zu opfern. Nachdem Michael nämlich erfährt, dass er an seinem Tumor trotz aller Anstrengungen der Company sterben wird, opfert er sein ohnehin nicht mehr langes Leben, um Sara zur Flucht aus dem Frauengefängnis zu verhelfen. Man hat also bewusst das relativiert, was dem Zuschauer mehr als 20 Folgen lang des Schockeffekts wegen vor die Nase gehalten wurde und hat damit zumindest indirekt einen Rückzieher gemacht, wenn es um die eigene Konsequenz geht.

Letzten Endes war die Storyline um Michaels Gehirntumor daher eher der Versuch, durch billigste Mittel Dramatik zu erzeugen und gleichzeitig die Signifikanz seines Todes abzuschwächen, als ein mutiger Schachzug. Von den zahlreichen Fans, die man enttäuscht hat, indem man einen der wenigen verbleibenden Sympathieträger der Serie überhaupt getötet hat, ganz zu schweigen.

Andreas K. - myFanbase

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