Die besten Staffeln 2011/2012
Switched at Birth, Staffel 1

"Switched at Birth" war einer der Neustarts, die letzte Season sowohl Publikum als auch Kritiker überzeugen konnten. Schon zwei Monate nach Beginn der Ausstrahlung wurde die erste Staffel der ABC-Family-Serie von zehn auf 32 Episoden verlängert, wovon die ersten 22 Episoden bereits ausgestrahlt worden sind und die verbleibenden ab dem 3. September 2012 ausgestrahlt werden. Zwischenzeitlich wurde die Serie mit mehreren Awards ausgezeichnet, zuletzt mit einem TCA Award. Das Thema der Serie klingt auf den ersten Blick zwar nicht sehr innovativ, denn wie der Titel es schon vermuten lässt, dreht sich die Story um die Auswirkungen, die die Vertauschung zweier Babys nach der Geburt mit sich zieht. Als sich die beiden Familien kennen lernen, stellt sich heraus, dass eines der beiden Mädchen, die bereits im Teenageralter sind, schwerhörig ist und die Serie zeigt in erster Linie, wie die beiden Familien mit der für sie neuen Situation umgehen. Was hat "Switched at Birth", trotz dieser an sich nicht so vielversprechend klingenden Thematik, in einer Season, wo viele Neustarts es eher schwierig hatten, anders oder sogar besser gemacht?
People like this kind of true horror story with a happy ending

© D.W. Moffett
Ein Happy End ist es nicht, was der Zuschauer zunächst serviert bekommt. Denn nachdem die Kennishs und die Vasquez' Jahre später von der Vertauschung erfahren, beginnt vorerst ein langer und gleichermaßen unterhaltsamer Weg. Ich möchte mich gar nicht so sehr an den einzelnen Storylines aufhalten, von denen mich die meisten hundertprozentig überzeugen konnten. Wer die Serie nicht kennt, findet in der Staffelreview einen guten Überblick.
Der Fokus liegt natürlich auf den beiden vertauschten Kindern: der künstlerisch begabten Bay und der sportlichen, gehörgeschädigten Daphne. Während Bay sich in ihrer Familie nie wirklich dazugehörig gefühlt hat, materiell aber alles hat, was sie sich wünschen konnte, und zudem gesund ist, war Daphne zwar finanziell schlechter gestellt und verlor als kleines Kind ihr Gehör, dafür hatte sie aber immer ein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter und Großmutter und Sicherheit durch die große Community ihrer gehörlosen Freunde. Während Daphne nun einen Vater, der ihre Leidenschaft für Basketball teilt, und ein Leben in materieller Sicherheit bekommt, da sie und ihre Mutter bei den Kennishs ins Gartenhaus einziehen, bekommt Bay wiederum eine Mutter, die wie sie Künstlerin ist, und Daphnes bester Freund, der ebenfalls gehörlose Emmett, wird ihr fester Freund. Trotzdem ist nicht alles auf einmal perfekt und beide Mädchen kämpfen nicht nur mit Identifikationsschwierigkeiten und dem Gefühl, nicht genau zu wissen, zu wem sie gehören.
Daphne bekommt nicht nur den Druck ihrer neuen Eltern zu spüren, sondern auch den der Gehörlosen-Community, als sie erst zum Basketball-Team an eine normale High School wechselt, dann in ihr altes Team zurück kehrt und als großes Vorbild gefeiert wird. Das wird so überzeugend und realistisch umgesetzt, wie man es sich nur erhoffen kann, und ohne falsches Mitleid zu erzeugen. Zwar sieht der Zuschauer, wie schwer es Daphne oft von ihren hörenden Mitschülern gemacht wird, aber genau so, sieht er Bay, die anfangs von Emmetts ebenfalls gehörlosen Mutter Melody nicht akzeptiert wird, weil sie eben nicht gehörlos ist. Da Bay sich sehr um Emmett bemüht, ist es absolut ungerecht, wie Melody sich verhält, da sie sich sogar über Bay lustig macht, weil sie die Zeichensprache nach wenigen Wochen noch nicht perfekt beherrscht. Und die Autoren schaffen es nicht nur hier die Balance zu halten, denn zur Grundthematik gesellen sich viele abwechslungsreiche Storylines und dabei bietet die Serie eine Vielzahl an Themen und liebenswerten, wenn auch gewiss nicht fehlerfreien Charakteren.
Ein gutes Beispiel dafür ist Kathryn, bei der Bay aufwuchs. Anfangs wirkt sie noch nahezu überfürsorglich und oftmals selbstgerecht Regina gegenüber. Aber im Laufe der Staffel erkennt sie, dass ihr als Mutter und Hausfrau, die nie arbeiten musste, doch irgendwo ein Stück Lebensqualität fehlt und sie macht es sich nicht nur zur Aufgabe, den Rechtsstreit gegen das Krankenhaus, das für die Vertauschung verantwortlich ist, zu führen, sondern beschließt auch ein Buch über ihre Geschichte zu schreiben.
Was die Serie so besonders macht, ist die Tatsache, dass den Autoren der Spagat zwischen der Grundproblematik, die die Vertauschung von Bay und Daphne mit sich bringt, und der zumindest für die Kennishs unerwarteten Problematik, die Daphnes Taubheit mit sich bringt, absolut gelungen ist und zwar ohne in die Klischeehaftigkeit abzurutschen. Der Zuschauer wird, genau wie die Familie, langsam in die Welt der Gehörlosen eingeführt und bekommt, sofern er der Gebärdensprache nicht mächtig ist, die Dialoge als Untertitel eingeblendet. Und es wird sehr deutlich gemacht, dass die mögliche Ausgrenzung, die eine Gehörlosigkeit mit sich bringen kann, keinesfalls einseitig sein muss. Der Gehörlose ist hier nicht kategorisch das Opfer von Ausgrenzung und Kommunikationsschwierigkeiten, sondern zieht sich, wie in Emmetts Fall freiwillig in seine Community zurück und spricht aus Prinzip nicht, da die meisten Hörenden auch nicht die Gebärdensprache erlernen.
Einen großen Beitrag zur Intensität der Serie leisten natürlich die Schauspieler, die zum Teil selbst taub (Sean Beardy und die einzige, gehörlose Oscargewinnerin aller Zeiten, Marlie Matlin) oder schwerhörig sind (Katie Leclerc). Hauptdarstellerin Leclerc, die an der Menière-Krankheit (Morbus Menière) leidet, die zu Drehschwindel, einseitigen Hörverlust und/oder Tinitus führt, hat sich extra für die Serie einen "Gehörlosen-Akzent" antrainiert, mit dem Ziel diesen so würdevoll wie möglich umzusetzen, was ihr auch gelingt. Ebenso ist es den Autoren gelungen, mit "Switched at Birth" ein ernstes Thema nicht nur sensibel und mit einer guten Portion Humor umzusetzen, sondern dabei auch noch eine absolut unterhaltsame und für das Genre unerwartet vielseitige Serie zu erschaffen.
Anja P. - myFanbase
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