Bewertung
Men, The

New Moon

Bei den Aufnahmen zu ihrem letzten, grenzgenialen Album "Open Your Heart" haben The Men Postpunk, Punkrock, Country und Grunge in einen Topf geworfen, drei Mal gegen den Uhrzeigersinn umgerührt und mit listigem Blick beobachtet, welche Songbastarde daraus emporstiegen. Auf "New Moon" gehen sie diesen Weg weiter – die Messlatte haben sie sich selbst aber ein bisschen zu hoch gelegt.

Foto: The Men - "New Moon" - Copyright: Sacred Bones Records
The Men - "New Moon"
© Sacred Bones Records

"Open Your Heart" war für die Brooklyner Band, die ihre Karriere irgendwo zwischen Punk und Noiserock startete, ein großer Schritt in Richtung stilistische Freiheit und Vielfalt. In dieser Hinsicht ist "New Moon" dem Vorgänger sehr ähnlich – beide basieren auf der Einstellung, dass man in einer Band alles tun und lassen kann, solange es nur richtig viel Energie freisetzt. So überrascht auch "New Moon" mit stilistischen Hakenschlägen und kreativem Kuddelmuddel – zwischen Oldschool-Rock'n'Roll, Meat-Puppets-Anleihen und scheppernden Punk-Nummern tummeln sich eine einnehmende Quasi-Country-Nummer, verkappter Shoegaze mit Yo-La-Tengo-Sehnsuchts-Gitarren und wackeres Klaviergeklimper.

Kurzweilig und unterhaltsam ist das allemal – wo "Open Your Heart" aber richtig kompakt war, wirkt "New Moon" etwas roher, gewissermaßen unfertiger. Zusätzlich zum ohnehin kratzigeren Sound kann man das vielleicht auch darauf zurückführen, dass die Band das Album ohne Rücksicht auf Verluste innerhalb von 32 Stunden hingeknallt hat. Doch auch wenn "New Moon" nicht ganz so auf den Punkt kommt und weniger griffig ist, hat es die unwiderstehliche Ausstrahlung eines Albums, das selbstsicher genug ist, sich vor allem auf Bauchgefühl zu verlassen, und sich traut, spontan zu sein.

Meist geht es um pure Energie; es geht um Gitarren, die einander über tosendem Lärm verrückte Ideen zurufen, bis das Songthema alles wieder überrollt. Es geht um ganze Instrumentengeflechte, bei denen das Klavier tapfer vor sich hin marschiert, während Mundharmonika und Countrygitarre miteinander flirten und der Gesang auf einmal völlig nebensächlich wird. Es geht darum, dass man gar nicht genau versteht, was an der Melodie von "The Seeds" so verführerisch ist, dass man belämmert vor sich hingrinsen muss – oder warum man die ersten paar Takte von "Half Angel Half Light" in voller Lautstärke hören muss, wieder und wieder.

Fazit

Der Vorgänger "Open Your Heart" war alles in allem in seiner Maßlosigkeit und mit seinen übersprudelnden Ideen mehr auf den Punkt gebracht und gewitzter als das aktuelle Album – oben beschriebene Momente gab es darauf zuhauf; aber auch auf "New Moon" gibt es noch immer genug davon, um von einem ungemein vielseitigen Album zu sprechen, das seinen eigenen Schädel hat – und mit diesem geradewegs durch die Wand will.

Anspieltipps

Half Angel Half Light

The Seeds

High and Lonesome

The Brass

Artistpage

WeAreTheMen.Blogspot.com

Tracks

1.Open the Door
2.Half Angel Half Light
3.Without a Face
4.The Seeds
5.I Saw Her Face
6.High and Lonesome
7.The Brass
8.Electric
9.I See No One
10.Birdsong
11.Freaky
12.Supermoon

Stephanie Stummer - myFanbase
27.03.2013

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