Bewertung
Mahr, Yannick

Die Praktikantin

"Never fuck the company!"

Foto: Copyright: Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

Inhalt

Johann Walder ist davon überzeugt, der neue Chefredakteur einer großen Münchner Zeitung zu werden, doch stattdessen wird er in das Provinzkaff Wützen versetzt, um die dortige Regionalzeitung wieder auf Vordermann zu bringen. Walders Verlobte lässt sich eine solche Demütigung nicht bieten und macht sich aus dem Staub.

In Wützen angekommen, muss Walder feststellen, dass seine neue Redaktion aus alternden, arbeitsscheuen und unkooperativen Individuen besteht. Um dies zu ändern, stellt er spontan die Praktikantin Elisabeth ein, die tatsächlich bald für viel frischen Wirbel sorgt – auch in der Gefühlswelt des Chefredakteurs.

Kritik

Manche Romane können die in sie gesetzten Erwartungen einfach nicht erfüllen. Yannick Mahrs "Die Praktikantin" ist kein Totalausfall, aber auch nicht die bissige Satire, die ich erhofft hatte. Mehr als seichte Unterhaltung vermag die Geschichte um einen Chefredakteur und eine Praktikantin nicht zu bieten.

Der Mangel an Bissigkeit ist im Wesentlichen auf die Charaktere zurückzuführen, die ziemlich einfach gestrickt sind. Die Redaktion der kleinen Regionalzeitung mag zwar kein besonders angenehmer Haufen sein, doch im Endeffekt sind sie allesamt harmlos und ziemlich durchschaubar. Nachdem ihre grundlegenden Eigenschaften in wenigen Sätzen dargelegt wurden, agieren sie nur noch dementsprechend und lassen jedes Überraschungspotential vermissen. Da Trägheit eine dieser erwähnten Eigenschaften sämtlicher Redakteure ist, kann man auch nicht wirklich davon sprechen, dass es im Büro viel Feuer gibt. Mehr als ein paar Geplänkel entstehen nicht.

Über die Tatsache, dass die bezahlten Redakteure die meiste Arbeit der unbezahlten Praktikantin zuschieben, kann man sich als Leser auch nicht wirklich aufregen, da dies der Praktikantin sogar Spass macht, sie finanziell abgesichert ist und sie letztlich davon profitiert und zum preisgekrönten Nachwuchsstar heranreift. Ich bezweifle, dass sich die so genannte "Generation Praktikum" hier mit der nötigen Authentizität dargestellt sieht. Es gibt zwar ein Gegenbeispiel zu der Super-Praktikantin Elisabeth, aber auch dabei fehlt es an echtem Biss und Mut zu einer schonungslosen Auseinandersetzung mit Themenkomplexen wie Ausbeutung und sexuelle Nötigung.

Im Vordergrund steht letztlich die Romanze zwischen Walder und Elisabeth, bei der ebenfalls die Reizpunkte fehlen. Beide können und wollen zunächst nicht glauben, dass sie als Chef und Praktikantin (die aber keine zehn Jahre Altersunterschied trennt) zueinander finden sollten, doch wenn echte Sympathie im Spiel ist und keiner den anderen ausnutzt, gibt es eigentlich auch keinen Grund, großartig um den heißen Brei herumzureden. Das Ende fällt definitiv nicht in die Kategorie "unerwartet".

Fazit

Mehr als eine harmlose Liebeskomödie mit ganz zarten Anflügen von Medien – und Gesellschaftskritik ist "Die Praktikantin" nicht.

Maret Hosemann - myFanbase
08.02.2011

Diskussion zu diesem Buch