Bewertung
Tropper, Jonathan

Der Stadtfeind Nr. 1

Von Kleinstadthelden, der Liebe und anderen Neurosen.

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Inhalt

Seit Joe seine Heimatstadt Bush Falls vor 17 Jahren direkt nach dem Schulabschluss verlassen hat, hielt sich sein Wunsch, jemals wieder dorthin zurückzukehren, merklich in Grenzen. Nachdem er auch noch einen Roman über seine Jugend in Bush Falls geschrieben hat, sind seine Gründe, die Kleinstadt zu meiden, noch gewaltiger. Immerhin hat er in dem Buch, das zu einem Bestseller und überdies auch noch erfolgreich verfilmt wurde, kräftig mit den Einwohnern abgerechnet. Als Joes Vater jedoch erkrankt, bleibt dem Schriftsteller nichts anderes übrig, als nach Bush Falls zurückzukehren. Dort nimmt man ihm seinen bitterbösen Roman nach wie vor sehr übel und er stößt auf Hass und Ablehnung. Die Geister seiner Vergangenheit holen ihn wieder ein, doch einige davon sind ihm gar nicht so unwillkommen, wie etwa seine Jugendliebe Carly.

Kritik

Es gibt sicher nicht wenige Menschen auf dieser Welt, die gerne das tun würden, was Joe in "Der Stadtfeind Nr. 1" getan hat: ein Buch über die eigenen Jugenderinnerungen schreiben und dabei kräftig mit den Verwandten, Nachbarn, Lehrern und Mitschülern abrechnen, die einem auf die eine oder andere Weise das Leben schwer gemacht haben. Wenn man durch das Buch dann auch noch reich und berühmt wird, umso besser. Das Problem ist nur, dass die Menschen, denen man literarisch ins Gesicht schlägt, auch lesen können.

Joe ist seit seinem Erfolgsroman der meistgehasste Mensch von Bush Falls. Als Stadtfeind Nr. 1 bekommt er nach seiner überraschenden Rückkehr in den Ort seiner Jugend so einiges ab - im wahrsten Sinne des Wortes. Von Lebensmitteln und Getränken, über Wasser und Feuer, bis hin zu Fäusten und Einrichtungsgegenständen wird alles gegen ihn verwendet – und gegen seinen Mercedes. Autofreunde müssen beim Lesen wirklich sehr, sehr tapfer sein. Trotz der vielen zynischen und witzigen Momente wird es im Laufe des Romans jedoch auch sehr emotional. Wir erfahren, was in dem Sommer 1986, der Joe so stark prägte, geschah. Joes Entfremdung von seinem Vater und seinem älteren Bruder, das tragische Schicksal seiner beiden besten Freunde Wayne und Sammy sowie sein Wiedersehen mit seiner Jugendliebe Carly entlocken dem Leser auch die eine oder andere Träne.

Die Kleinstadt Bush Falls definiert sich wie viele kleine Ortschaften, in denen es logischerweise nur wenige Gebäude, Attraktionen und Aktivitäten gibt, über ein einzelnes Element, in diesem Fall über den Basketballsport. Wer im Basketballteam der Highschool spielt oder gespielt hat, gehört zur Elite von Bush Falls, wird respektiert und bei Fehltritten auch mal gedeckt. Der seit vielen Jahrzehnten amtierende Basketballtrainer ist so etwas wie der inoffizielle Bürgermeister, dessen Wort großes Gewicht hat. Wer freilich kein Talent für diesen Sport besitzt, wie Joe, ist von vornherein außen vor und hat sicher guten Grund, Basketball zu hassen. Auch wenn sich der Basketballaspekt sicher nicht auf viele deutsche Kleinstädte übertragen lässt, sind Phänomene wie die schnelle Verbreitung von Gerüchten, eine gewisse Engstirnigkeit in Bezug auf Veränderungen und die Machtstellung einzelner Personen, die außerhalb des Ortes niemand kennt, in kleinen deutschen Ortschaften ebenso zu beobachten wie im fiktiven Bush Falls.

Fazit

Jonathan Troppers "Der Stadtfeind Nr. 1" ist ein amüsanter und auch zu Herzen gehender Roman über einen Mann und seine Heimatstadt.

Maret Hosemann - myFanbase
01.04.2009

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