Bewertung
Weber, Annika Sylvia

Lillys Schweigen: Die Organisation

"Ich liebe den Verrat, aber ich hasse Verräter" - Julius Cäsar

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Inhalt

Lilly gehört zu den besten Kämpferinnen ihrer Organisation, die von Deutschland aus Jagd auf jene übernatürliche Kreaturen macht, die sich nicht an die Regeln halten. Als Lilly eines Tages einen weiblichen Werwolf tötet, scheint dies nur ein Routinejob gewesen zu sein - bis sie in der Wohnung der Getöteten ein kleines Mädchen entdeckt. Lilly nimmt Selina, so der Name der Werwolfstochter, mit zu sich in die Organisation. Ungewollt spielt Lilly damit der bösen Seite einen Trumpf zu, denn Selinas Rachedurst wird bald erwachen.

Kritik

Im Jahr 2009 veranstaltete der Heyne Verlag einen Wettbewerb unter dem Motto "Schreiben Sie einen magischen Bestseller!". Dieser Aufforderung ist die Journalistin Annika Sylvia Weber nachgekommen und schaffte es durch "Lillys Schweigen" geradewegs unter die fünf Finalisten und in die Bücherregale der Fantasyleser.

Mit ihrem Debütroman, der den Auftakt zu einer neuen Reihe darstellt, distanziert sich die Neu-Autorin recht deutlich von jenen poppigen, kurzweiligen Urban-Fantasy-Werken, die von einem hohen Romantic-Comedy-Anteil leben. "Lillys Schweigen: Die Organisation" ist zwar nicht unverhältnismäßig brutal, aber doch sehr düster und intensiv. Es gibt im Laufe der Handlung neben mehreren tödliche Kämpfen auch hinterhältige Morde und Folterungen, die sich mitunter gegen unschuldige, wehrlose Opfer richten und einen morbiden Ton haben. Annika Sylvia Weber beweist durchaus Mut zu schockierenden Entwicklungen, die beim Leser das Gefühl wecken, dass es so gut wie jeden Protagonisten treffen kann.

Obwohl es eindeutige Bösewichte gibt, die dieser Bezeichnung mehr als gerecht werden, ist auch die gute Seite, die Organisation, nicht frei von Schuld und offenbart Vorurteile, einen gewissen Leichtsinn und mangelndes Fortschrittsdenken. So beschäftigt sich der Roman zum Beispiel mit einer realistischen Frage, die in vielen Fantasyproduktionen tunlichst vermieden wird, da sie spannenden Nahkämpfen und dem mystisch-historischen Flair im Wege steht: warum nicht moderne Schusswaffen gegen übersinnliche Kreaturen einsetzen?

Ein wenig unausgewogen wirkt "Lillys Schweigen: Die Organisation" trotz interessanter und mutiger Ansätze aber doch. Geschrieben ist der Roman in der Außenansicht, mit einem Erzähler, der uns die Gedanken und Gefühle der wichigsten Charaktere mitteilt, aber bei den Nebenfiguren eher objektiv bleibt und kaum das Innere wiedergibt. Das ist eine moderne Variante, die aber streckenweise ein bisschen steril wirkt und es dem Leser schwer macht, eine echte Bindung zu den Charakteren aufzubauen. In die Handlung eingeschoben sind immer wieder Dokumente aus den Akten der Organisation, wie Briefe, Tagebucheinträge oder Rundschreiben, mit deren Hilfe einige Fragen nicht in der laufenden Handlung beantwortet werden müssen. Gegen Ende des Romans gesellen sich zu diesen Einschüben auch die Erzählungen eines rätselhaften Beobachters, der unsichtbar durch die Szenerie streift. Was das eigentlich soll und ob sich dieser Kniff angesichts der Tatsache, dass der gesamte Roman sowieso in der Außenansicht geschrieben ist, lohnt, bleibt vorerst offen.

Fazit

Der Debütroman von Annika Sylvia Weber bietet düstere, ernsthafte und in gewisser Weise auch realistische Fantasy, dringt aber nicht so ganz zu den Lesern durch.

Maret Hosemann - myFanbase
30.07.2010

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