Bewertung

Review: #3.07 Von Männern und Enttäuschungen

Nach der Wiederbelebung der Staffel (okay, das "wieder" kann man hier streichen) mit der Episode #3.06 Untreue letzte Woche kam diesmal eigentlich eine scheinbar mit dem Holzhammer gemeißelte Vertrauensfolge daher – Veronica kapselte sich von Logan und Keith ab, weil sie von beiden schwer enttäuscht wurde. Aber dann: in den letzten zweieinhalb Minuten kommt noch einmal ein richtiger Knaller daher. Aber erstmal zum Hauptteil der Folge.

Totale Kontrolle

Schon in den vergangenen Wochen wurde deutlich, dass sich LoVe auf dem absteigenden Ast befindet. Während Veronica noch vor einigen Folge dazu bereit war, ein wenig ihres Kontrollfanatismus abzutreten und Logan zu vertrauen, stellte Logan sie mit seinem undurchsichtigen Alibi für Mercer letzte Woche doch erneut hart auf die Probe. Und die Effekte dessen sehen wir diese Woche: Veronica versteckt sich vor Logan (schläft sogar, ohne es ihm zu sagen, mit Piz in einem Zimmer) und als sie sich begegnen, streiten sie sich auch noch auf's Heftigste.

Immer wieder wird im Verlauf der Folge deutlich, dass sie nicht bereit (oder vielmehr nicht in der Lage) ist, Logan gänzlich zu vertrauen; ihm keinen Freiraum zugesteht. Stets muss sie die totale Kontrolle über ihn haben. Dass Logan eine Person ist, die damit schwer umgehen kann, brauche ich euch fleißigen Zuschauern nicht zu sagen und so sehe ich hier in dieser Folge einen weiteren Schritt in Richtung Ende von LoVe.

Inwieweit Veronicas Bedürfnis, Logan so stark zu kontrollieren, gerechtfertigt ist, steht offen zur Diskussion, aber ich möchte hier einmal anmerken, was sich in dieser Folge erneut heraus stellt: Logan ist ein mystischer Magnet für diverse schlechte Umstände und Ereignisse. Dass Veronica ihm dies nicht mehr wird austreiben können, muss ihr offensichtlich sein.

Leider kommt dieser Aspekt (wie Vieles an dieser Folge) mit dem Holzhammer daher (mehr dazu später). Dass es ausgerechnet Veronica und Piz sind, die allein zusammen Nächte verbringen, scheint mir zu offensichtlich ein Schritt in Richtung "lasst uns diese beiden doch zusammenbringen" von Seiten der Schreiberlinge zu sein.

Ende des Higher Grounds

Neben Logan wird Veronica gleich von dem zweiten Anker in ihrem Leben bis ins Tiefste enttäuscht. Ausgerechnet ihr eigener Vater, der nicht nur in seinem Beruf so viel Schlechtes sehen musste, was aus Seitensprüngen resultiert, sondern selbst einst "Opfer" eines solchen war und an der eigenen Haut miterlebte, wie schwerwiegend die Konsequenzen für eine ganze Familie sein können, lässt sich hier dazu herab, ein Mensch zu werden, der auf diesem Wege eine Ehe zerstört. Inwieweit diese Ehe überhaupt noch der Zerstörung bedurfte, ist dabei für Veronica gänzlich irrelevant. Stets war es Keith, der die moralische Position einnahm, der immer wieder vorlebte, was richtig und gut ist. Dieses Vorbild wird Veronica hier genommen und Keith wird hier auf die Ebene des "normalen" Menschen heruntergeholt.

Dass es für sie schwer ist, damit umzugehen, sollte jedem einleuchten, denn Veronica ist schließlich das Musterbeispiel für eine Person, die etwas nicht einfach hinnehmen kann, wenn es nicht ihren Vorstellungen entspricht. Also zwingt sie mit der Verbissenheit eines Kleinkindes ihren Vater wieder in die Einsamkeit. Unglaublich egoistisch und beschränkt, gezwungen moralisch von ihr.

So oder so: Keith verliert hier (erneut mit der Handwerkskunst eines Steinbrechers inszeniert) seinen moralischen Stand.

Autsch – warum schlägst du mich mit dem Zaunpfahl?

Es scheint fast so, als würden die Schreiberlinge es ihren Zuschauern nicht mehr zutrauen, einen Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen. Nicht nur, dass immer und immer wieder darauf rumgeritten wird, wie stark Veronica von ihren zwei Bezugspunkten losgelöst wird, sondern mit der (unglaublich oberflächlichen) CotW wird auch noch das Gegenbeispiel – totales Vertrauen kann sich auszahlen, es gibt wahre Liebe... blablabla – dargestellt. Wallace ist für mich in dieser Staffel übrigens aus der Serie quasi herausgeschrieben – seine ehemaligen Funktionen als ihr Anker, Helfer und bester Freund sind längst Makulatur und er ist nicht mehr als ein gänzlich austauschbarer Sidekick. Extrem Schade, denn ich habe seine Rolle und seine Beziehung zu Veronica wirklich geliebt – es war eine sehr gut gezeichnete Freundschaft, die uns immer wieder vor Augen führte, wie unfähig Veronica ist, eine ausgeglichene Beziehung zu führen... Einer der absoluten Schwachpunkte dieser Staffel, dazu aber mehr im Staffelrückblick und nun zurück zur Folge.

Die Krone wird der Holzhammermethode dann durch Veronicas Abschlusssatz aufgesetzt. Mit dem Wendepunkt dieser Folge, als Logan sie gerade so vor der Vergewaltigung rettet und sich ihre beiden Männer rührend um sie kümmern, wird wieder einmal dargestellt, dass es Menschen gibt, die anders sind als Veronica – Menschen die bedingungslos zu ihr halten und sich niemals von ihr abwenden. Dass sie dies erlebt – erleben darf – ändert jedoch nichts an dem Vorgefallenen: Keith ist nicht länger ihr moralischer Bezugspunkt und sie nicht gewillt, Logan gänzlich zu vertrauen.

Schnipsel

- Wie oben schon erwähnt: Wallace ist nicht mehr wirklich ein Teil von Veronicas Leben, so wie es die Schreiberlinge konzipieren. Das wird hier deutlich, denn sonst wäre er als Bezugspunkt ebenfalls bei dieser Vertrauensverlustfolge mit unter die Räder gekommen.

- Wo ist eigentlich Mac?

- Die Staffelhandlung wird hier beinahe beiläufig vorangetrieben: der werte Mercer kann nicht der Vergewaltiger sein. Anscheinend ist Veronica ihm aber auf der Spur, denn nur durch Zufall wird er sie nicht als nächstes Opfer ausgewählt haben. Außerdem wird hier (sehr versteckt) gezeigt, dass die Dorm-Tantchen (also die Aufseher, oder wie auch immer man sie nennen will) einen Schlüssel für alle Räume besitzen. Denkt mal darüber nach...

Fazit

Eine mit dem Holzhammer geschriebene Folge über Vertrauensverlust, die mit einem ganz großen Knaller aufwartet, der sie aber nicht retten kann.

Wie immer wieder gesagt: dieser Folge ist einfach in ihrer gesamten Botschaft unglaublich plump gestaltet. Auch der Knalleffekt, den Veronicas gerade so abgewendete Vergewaltigung mit sich bringt, kann sie nicht aus der Kategorie "Zeitverschwendung" erheben. Ganz, ganz kleines Kino, dass nach der wirklich guten Aufbaufolge letzte Woche immens enttäuscht.

Martin Schultze - myFanbase

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