Bewertung

Review: #3.06 Untreue

Endlich, endlich. Endlich gibt es wieder eine Folge, über die man tatsächlich nachdenken kann und die beweist, dass das alte "Veronica Mars" nicht tot ist und diese dritte Staffel nicht einfach nur produziert wurde, weil CW keine andere Serie gefunden hat, die den Sendeplatz ausgefüllt hätte. Wirklich überragend war die Folge zwar nicht, aber doch ein Quantensprung nach den letzten, vor sich hinplätschernden und langweiligen Füllfolgen. Eine nette CotW, die sich endlich mal wieder auf geschickte Art und Weise in die Staffelhandlungen integriert, endlich mal wieder ein bisschen tatsächliche Handlung um Wallace und endlich ein Durchbruch in der Vergewaltigungsgeschichte, der sich nicht ausschließlich auf den Verbindungskampf bezieht.

Ein Verdächtiger mehr, eine Tat weniger

Nachdem in der letzten Folge offenbart wurde, dass einer der Vergewaltigungsfälle fingiert war – und man nun als aufmerksamer Beobachter dazu verleitet werden könnte, zu denken, dass sie es alle seien – taucht aus dem Nirgendwo ein Verdächtiger auf. Und noch dazu einer, den wir schon als unsympathischen Vollidioten kennen gelernt haben. Dass Parkers Vergewaltigung echt ist, steht für mich nach dieser Folge außer Frage und dass es nach den Verdächtigungen gegen Dick Casablancas ausgerechnet ein weiterer Kumpel Logans ist, zeigt uns wieder einmal eindeutig, dass Logan mit den falschen Leuten herumhängt.

Inwieweit sich nun die Indizien, die Veronica in Mercers Zimmer gefunden hat, als richtig herausstellen, steht noch völlig offen, aber wie schnell in diesem Fall, der doch meist mit der Durchsetzung der Gerechtigkeit eher behäbige Lamb reagiert hat, ist bemerkenswert. Man könnte fast meinen, dass es zu einfach ging: immerhin soll hier Parker ihren Vergewaltiger am Geruch erkannt haben. Dem ganzen traue ich hier nicht wirklich und glaube, dass wir noch Einiges an Hin und Her erwarten dürfen, wenn es um den tatsächlichen Täter geht. Zumal nun Logan auch noch als schwammiges Alibi auftaucht und behauptet, mit ihm zusammen gewesen zu sein, aber nicht sagt, was sie getan haben.

Auf der anderen Seite der Medaille schwebt immer noch der Verdacht, dass alles nur fingiert sei. Immerhin stellte sich heraus, dass Claire ihre Vergewaltigung aus irgendwelchen Gründen inszeniert hat. Wer sich nicht erinnert, hier noch mal eine kurze Stütze: Claire ist ausgerechnet das Mädchen, um das es in der Geschichte um das Foto ging. Ihr erinnert euch? Die Frauen hatten ein Foto veröffentlicht, in dem sie sich als Vergewaltigungsopfer anboten und ein "Satireblatt" hatte im Gegenzug Claire als einzige echte Kandidatin ausgewählt. Wenn das Zufall sein soll, nachdem der Feministinnenverband so sehr gegen alle gewettert hatte, dann ist das hier nicht mehr "Veronica Mars". Aber es scheint, als stecke in dem politisch motivierten Aspekt der Vergewaltigungsaufklärung einiges mehr im Argen – wir werden es in den nächsten Folgen sehen.

Wer betrügt schon in der Uni?

Wie es ein ausgeklügelter Handlungsaufbau so an sich hat (die Ironie ist schwer zu lesen), werden hier gleich mehrere Leute in ein vergleichbares Problem gezogen. Wallace wurde schon letzte Woche des Betrugs überführt und findet hier einen wahrhaft Wallace-esken Abschluss dazu – wer außer ihm wäre in der Serie dumm genug, einen solchen Fehler zu begehen (das schließt Veronica aus), aber dann wiederum eine so ehrliche Haut, zu gestehen und wahrhaft reumütig zu sein (und hier fällt Logan weg). Wallace bleibt auch in seinen fast schon auf Gastauftritte reduzierten Handlungssträngen sehr engstirnig in seiner Figur – eine gewollte Weiterentwicklung seines Charakters ist hier nicht erkennbar. Zwar gut, dass sein Leben verändert wird (immerhin gibt er das Basketball Spielen auf) aber wirkliche Auswirkungen kann ich dadurch auf die Serie nicht erkennen. Kaum mehr sehen wir die wundervolle Interaktion zwischen Veronica und ihm, die so manche Folge der letzten zwei Staffeln ein wenig versüßen konnte. Es scheint, als bliebe er auch in den nächsten Folgen einfach ein immer weniger ausgefeilt gezeichneter Charakter, der sich mit Gastrollen begnügen muss. Sehr schade.

Aber auch Veronica wird hier des Betrugs beschuldigt. Und hier sehe ich endlich wieder einmal eine gute CotW. Nicht nur, dass sie durchaus ausgefeilt viele Charaktere umspinnt, sondern es scheint, als haben die Entwicklungen dieser CotW weitreichendere Konsequenzen als die nicht mal schuhsohlentiefen Geschichten, die uns (als verkleidete Enttäuschungen) in den letzten Wochen präsentiert wurden. Nun aber scheinen sich vor allem Veränderungen in Veronicas universitärer und beruflicher Zukunft zu ergeben. Denn dass ein Professor sie als sehr talentiert auswählt, ist wenig verwunderlich, bei den Talenten, die sie uns in den letzten zwei Jahren präsentiert hat, und dass dieser dann Dreck am Stecken hat, ist ebenso wenig überraschend. Das interessanteste ist für mich hierbei aber die Rolle des Assistenten Timothy Foyle, der mit einigen Wassern gewaschen zu sein scheint. Was könnte ihn wohl bei seiner eindeutigen Abneigung gegenüber Veronica dazu veranlasst haben, ihr solche wichtige Informationen über den Professor mitzuteilen. Vielleicht ist er daran interessiert, den Professor auszubooten? Alles Spekulation, aber für mich doch ein Lebenszeichen der Serie, wenn ich mir über die Motive und die Zukunft bei solchen Handlungssträngen Gedanken mache.

Liebesgeflüster

Sehr richtig, dass sich Veronica (als überzogen erwachsene Studentin) an die Grundschulzeiten erinnert fühlt, als Parker sie zum Auskundschaften aussendet. Schön aber zu sehen, dass nicht alle Charaktere von solcher fast schon beängstigenden Reife wie Veronica und (in dieser Folge) Wallace sind und sich dadurch einige nette, nicht fallbezogene Konstellationen ergeben. Parker steht auf Piz, Piz auf Veronica, Veronica auf Logan... jetzt fehlt nur noch, dass Logan auf Parker steht und schon sind wir bei "Dawson’s Creek". Aber trotzdem schön, dass auch die in den vergangenen Folgen sonst gänzlich inhaltsleeren Szenen nun mit einer Struktur versehen werden.

Auch die Entwicklungen um Keith empfand ich in dieser Folge als nett zu betrachten: wie er sich zwar ein wenig verknallt, aber dennoch erwachsen genug ist, um nichts Körperliches mit einer verheirateten Frau anzufangen (gerade weil er des Öfteren mitbekommt, was das auf Beziehungen für Auswirkungen haben kann; und außerdem weil er – wie Veronica von sich selbst auch meint – gegenüber dem "gemeinen Volke" auf einer moralisch höheren Ebene steht). Erst ein "beinahe-Tod-Erlebnis" entreißt ihm seiner moralischen Zwänge und er gibt letztlich seinem Herzen nach. Wie schon vorletzte Woche erwähnt, finde ich es gut, Keith mal wieder ein wenig in menschlicher Interaktion zu sehen, die sich nicht nur auf seine Tochter bezieht.

Fazit

Eine gute Folge, mit einer potentiell konsequenzträchtigen CotW, interessanten Entwicklungen um die Staffelhandlung und einigen Charakterkonstellationsverändernden Szenen.

Wie schon gesagt, war ich froh endlich wieder ein Folge zu sehen, die Konsequenzen haben könnte und nicht nur durch den Anker der Vergewaltigungsgeschichte von der kompletten Loslösung aus dem Rest der Staffel gerettet wird. Schön, auch mal wieder Wallace für mehr als nur drei Minuten zu sehen und insgesamt eine Charakterkonstellation zu sehen, die nicht total statisch erscheint. Fehlt nun nur noch eine überragende, spannende und mitreißende Folge, die auf diesem Fundament aufbaut und schon könnte man sich wieder als tatsächlich unterhalten betrachten. Bis das aber passiert, ist diese Folge zwar gut und weist VM endlich wieder in die richtige Richtung, aber mehr auch nicht.

Martin Schultze - myFanbase

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