"Vikings"-Interview mit Ivan Kaye

11. September 2017 | Die aktuelle vierte Staffel der History-Serie "Vikings" schockierte ihr Publikum mit der brutalen Hinrichtung des Haupthelden Ragnar Lodbrok durch seinen angelsächsischen Erzfeind König Aelle von Northumbria – letztgenannter meisterhaft zum Leben erweckt durch den britischen Schauspieler Ivan Kaye. Wegen seiner Rolle als Henker des Helden wird König Aelle weithin als der zentrale wiederkehrende Schurke der ersten 4 Staffeln der Serie wahrgenommen. Aber ist er das wirklich? Im Interview mit Susanne Kurz, Co-Admin der offiziellen Facebook-Fanseite Ivan Kaye Fans, spricht Ivan Kaye über seine Sicht auf König Aelle, Ragnars Hinrichtung und sein persönliches Verhältnis zu den Wikingern.

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Ivan Kaye
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Achtung: Das Interview enthält Spoiler zu den "Vikings" Episoden ab #4.15.

Hier könnt ihr das Originalinterview nachlesen. | Read the original interview in English.

Als König Aelle in "Vikings" haben Sie in der letzten Staffel schließlich die Chance bekommen, Ragnar Lodbrok zu foltern und zu töten. Was haben Sie dabei empfunden?

Als König Aelle hatte ich lange darauf gewartet, Vergeltung für die Ermordung meiner Untertanen und die Entweihung meiner Kirchen zu üben. Für mich als gläubigen Christen waren die gotteslästerlichen Ausschreitungen der heidnischen Barbaren eine Beleidigung und eine Bedrohung der Überzeugungen, auf denen unser Königreich beruhte. Es war ein brutaler und ungerechtfertigter Angriff von Heiden und konnte nicht ignoriert werden. Das erforderte eine schlagkräftige Antwort, wenn nicht jegliche Glaubwürdigkeit verlorengehen sollte. Als wir mehr Informationen über ihre andauernden Gewalttaten erfuhren, wuchs die Notwendigkeit, Vergeltung zu üben, immer mehr. Als König hatte ich keine andere Möglichkeit als Ragnar zu vernichten und ihn als bloßen Heiden vorzuführen, der sich uns und Gott entgegenstellte. Ursprünglich sollte ich ihn in Staffel 2 töten, aber die Testgruppen entschieden anders!

Hat es Spaß gemacht, diese Szenen zu drehen?

Die Szenen von Ragnars Folter und Tod waren ein vollkommenes Vergnügen für mich als Schauspieler und wurden lediglich durch das unvermeidliche unfreundliche Wetter beeinträchtigt.

König Aelle hatte viele Jahre lang nicht viel mit Ragnar zu schaffen. Warum ließ sein Hass auf ihn nie nach?

Wenn die eigene Familie, Untertanen und Religion eine solche Beleidigung erlitten haben, wächst der Rachedurst einfach immer weiter. Als die Testgruppen entschieden, dass Ragnar nicht so früh sterben konnte, musste König Aelle gewissermaßen in die Warteschleife gelegt werden, da historisch betrachtet zwischen dem Angriff der Wikinger und meiner Vergeltung nicht viel geschehen ist.

Warum war es so wichtig für König Aelle, Ragnar zur Reue zu bewegen? Was will uns die Gebetsszene vor der Hinrichtung sagen? Und hat König Aelle durch Ragnars Tod schließlich bekommen, was er wollte?

Es gab keine Alternative, um die Würde eines Königs zu wahren. Besser sterben als den Respekt zu verlieren. Ich musste auf meinen Glauben vertrauen und hoffen, von Gott beschützt zu werden. Ragnars Hingabe an seine Sache beeindruckte mich, aber es gab keine andere Möglichkeit, und meine Untertanen mussten seine Erniedrigung sehen, um ihnen zu zeigen, dass er sterblich war.

Als derjenige, der Ragnar tötet, wird König Aelle als der wichtigste wiederkehrende Schurke der Serie wahrgenommen, aber manche Stimmen fechten das mit guten Gründen an. Was denken Sie darüber?

Ich halte Aelle überhaupt nicht für den Schurken. Ganz ähnlich wie im Internat hat man brutale Strafen und Praktiken verwendet, um für Disziplin zu sorgen. Die Schlangengrube war lediglich ein Instrument und ein starker Anreiz, sich ehrenhaft und prinzipientreu zu verhalten. Sie mögen Aelle für einen Dinosaurier halten, aber er war einfach nur ein Mann seiner Zeit.

Ein Aspekt von König Aelles Verhalten, der ihm keine Sympathien bei einem modernen Publikum eingebracht hat, ist die Art, wie er mit Frauen umgeht, insbesondere mit seiner Tochter Judith. Können Sie mehr Licht in sein Verhältnis zu Frauen im allgemeinen und zu Judith im besonderen bringen?

Damals hatten Kinder zu tun, was man ihnen sagte. Wenn sich die Tochter eines Königs auf so ungeheuerliche Weise widersetzte und Schande über ihre Familie brachte, konnte das nicht ignoriert werden. Sie war gut mit einem heldenhaften Mann verheiratet worden und betrog ihn trotzdem mit ihrem eigenen Schwiegervater, der eindeutig mein Feind war, und dachte dann auch noch, dass Ragnar eine Art heiliger Mann war, obwohl er ihren Onkel abgeschlachtet und unser Königreich angegriffen hatte!

Aelle hatte eine liebevolle Beziehung zu seiner Ehefrau und die typische schwierige Zeit mit seinen halbwüchsigen Töchtern. Ich wäre nicht überrascht, wenn ein weniger toleranter König Judith bei den ersten Anzeichen von Rebellion beseitigt hätte.

König Aelle wird als ein Mann mit sehr konventionellem mittelalterlichen Denken dargestellt, der in traditionellen Denkmustern und einem wörtlichen Verständnis religiöser Gebote gefangen ist, das er mit besonderem Eifer verteidigt. Warum ist er so ein Eiferer und welche Bedeutung und/oder Funktion hat die Religion für ihn?

Damals war die Religion ein Regelbuch, eine Interpretation wurde nicht in Erwägung gezogen. Um die Ordnung zu erhalten, hielt man sich ohne Einschränkungen an die Bibel. Es war eine kalte, brutale, schwierige Zeit, und das Leben war kurz. Man klammerte sich an den Glauben und an Regeln in der Hoffnung, dass Gott einen beschützen würde. Der Herrscher und die Kirche hielten das Volk im Zaum.

Was das Feststecken in traditionellen Deutungen angeht: Es gab keine Alternativen. Soweit es mich betraf, folgten wir dem einzigen Gott. Plötzlich entweihten einige furchtlose Unmenschen unsere Kirche und schlachteten unsere gottesfürchtigen Untertanen ab. Wir mussten Gottes Ehre verteidigen und darauf vertrauen, dass er uns beschützen würde.

Was drücken die Gebetsszenen mit Blick auf König Aelles religiöse Überzeugungen und das Wesen seines Glaubens aus?

Ja, Aelle musste seine Zweifel unterdrücken und ernsthaft beten. Die Schwierigkeit mit dem Glauben ist, dass es keine Garantien gibt.

Was denken Sie über König Aelles Lage? Haben Sie etwas mit ihm gemeinsam?

Aelle war ein König mit einem verhältnismäßig kleinen Reich. Benachbarte Reiche waren immer ein Grund zur Sorge. Vertrauen war rar und die Informationen begrenzt. Bündnisse waren notwendig, aber riskant. Der Einfall (der Wikinger) erforderte es, Macht und Einfluss zu teilen. Was Gemeinsamkeiten angeht: Wir sehen uns sehr ähnlich.

Würden Sie uns erzählen, wie es dazu kam, dass Sie die Rolle des König Aelle übernommen haben, und was Ihr Interesse daran weckte, an "Vikings" mitzuwirken?

Ich hatte gerade einen Film über die Wikinger gedreht ("Hammer of the Gods"), und sie hatten mich immer fasziniert, weil meine Vorfahren in Russland behaupteten, dass wir von ihnen abstammen.

Was weckt bei einer Rolle oder in einem Drehbuch Ihr Interesse, wonach halten Sie im allgemeinen Ausschau?

Im allgemeinen halte ich nach einem Handlungsbogen mit vielen Ebenen Ausschau, aber wie die meisten Schauspieler bin ich daran interessiert, eine auffällige Figur mit einer interessanten Geschichte angeboten zu bekommen, in die ich mich voll einbringen kann.

Foto: Ivan Kaye, Vikings - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Ivan Kaye, Vikings
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Sie haben auch Ivar den Knochenlosen in "Hammer of the Gods" gespielt. Welche Unterschiede sehen Sie zwischen "Hammer" und "Vikings"?

"Hammer of the Gods" war ein Roadtrip, bei dem es um Mut und Durchhaltevermögen, beruhend auf Brüderlichkeit und Spiritualität ging. "Vikings" ist wesentlich politischer.

Nachdem Sie beide Perspektiven erfahren haben, die der Wikinger und der Angelsachsen, was empfinden Sie bezüglich der Wikinger?

Ich persönlich fühle mich mehr wie ein Wikinger.

Abgesehen von Ihren Figuren im Wikingerumfeld blicken Sie auf die beeindruckende Anzahl von über vierzig Rollen in Film und Fernsehen zurück. In letzter Zeit haben Sie sehr überzeugende Schurken gespielt, z.B. Polo Yakur in "Assassination Games", aber davor haben Sie auch bedeutende komödiantische Rollen übernommen wie Bryan in "The Green Green Grass". Wie kamen Sie zu den Schurkenrollen?

Ich bin 1,93 m groß, dunkel und habe schwarze Haare. Casting Direktoren fragen mich automatisch für gewalttätige Figuren an. Allerdings bin ich auch oft als missverstandene nette Kerle besetzt worden oder als nette Kerle, die böse werden.

Welche Art von Rollen spielen Sie persönlich am liebsten?

Ich persönlich ziehe Comedy vor, aber Bösewichte machen auch großen Spaß.

Hat die Figur des König Aelle besondere Herausforderungen geboten?

Die Herausforderung bei Aelle war es, das Interesse zu erhalten, weil er in beklagenswertem Maße unzulänglich ausgearbeitet war und für mehr als eine Staffel auf Eis gelegt wurde, nur um zurückgeholt und schnell und nachlässig beseitigt zu werden.

Bonusmaterial und Interviews vermitteln den Eindruck, dass Michael Hirst beim Schreiben manchmal Vorschläge von Schauspielern berücksichtigt. Gab es auch Diskussionen über König Aelle?

Die Darsteller einiger bestimmter Figuren hatten täglich Michaels Ohr. Ich habe nicht die Gewohnheit, zum Zwecke persönlicher Vorteile enge Beziehungen zu Autoren und Regisseuren zu knüpfen. Es gab keine Diskussionen dieser Art für Aelle.

Manche Leute halten König Aelle für einen Dummkopf, weil er sich stur weigerte, Warnungen zur Kenntnis zu nehmen, und nicht einmal Kundschafter aussandte, um die herannahende Wikingerarmee zu beobachten. Wie sehen Sie das?

Aelle war zu stolz, um eine Nachricht zu beachten, die von Egbert durch seine Tochter übermittelt wurde, und zu unsicher, um irgendjemandem zu trauen. Zu dem Zeitpunkt, als die Invasion bevorstand, hieß es Ruhm oder Tod.

Ich glaube, die meisten Zuschauer waren überrascht von König Aelles schnellem und vollständigen Zusammenbruch, nachdem man ihn zur Schlangengrube geschleift hatte. Wie sehen Sie die plötzliche Wende der Figur in dieser Szene?

Vielleicht, wenn Aelles Weg von Ragnars Tod zu seinem eigenen mehr Substanz gehabt hätte, wäre das eher möglich gewesen. Ich persönlich glaube, er hätte sich verhalten wie Ragnar und seine Bestrafung stoisch hingenommen wie ein Mann.

Haben Sie Lieblingsszenen?

Mir haben die Szenen in meiner Burg mit meinen treuen Untertanen am meisten Vergnügen bereitet. Die Gebetsszenen mochte ich auch ziemlich gern, und mir lag nicht viel an den Pferden!

König Aelles "Blutadler" hat sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen, aber niemand bestreitet, dass Ihre Darstellung fantastisch war. Wie fühlte es sich an, dem "Blutadler" unterzogen zu werden?

Die Gefangennahme und der "Blutadler" dauerten einen Tag und eine Nacht. Ich wurde durch Pfützen und Dreck geschleift, die Temperatur war unter dem Gefrierpunkt, und gewisse übereifrige Wikinger waren tatsächlich nicht in der Lage, das Aufschneiden meines Rückens zu simulieren, so dass ich viele Narben hatte. Aber wie immer in meinen Engagements habe ich jede Minute geliebt.

Was empfanden Sie beim Ende dieser Figur, nachdem Sie ihn mehrere Jahre lang immer wieder gespielt hatten?

Aufgrund der Beschaffenheit langfristiger Verträge war ich von der Annahme vieler Engagements abgehalten worden, die man mir angeboten hatte (obwohl ich sie vollständig hätte ausführen können, ohne einen Tag zu versäumen). Daher fühlte ich mich beim Abschluss des "Blutadlers" befreit und begeistert, "Vikings" zu beenden.

Wenn Sie König Aelle treffen würden, was würden Sie zu ihm sagen?

Hallo Hübscher!

Ich stelle mir vor, dass es über die Jahre viele denkwürdige Momente am Set gegeben hat. Gibt es eine bestimmte Erinnerung, die Sie gern mit den Fans teilen würden?

Als ich Travis traf und meine erste Szene mit ihm drehte. Wir hatten nur in der Szene miteinander gesprochen, und als wir damit fertig waren, ging er durch die Kulisse und strahlte und schüttelte mir begeistert die Hand. Anerkennung und Willkommen. Das erste Mal, dass ich mich als Teil des Teams fühlte.

Sie waren ziemlich beschäftigt, seit Sie "Vikings" abgeschlossen haben, und einige neue Produktionen werden diesen Herbst ausgestrahlt. Welches Ihrer neueren Projekte wird nach Ihrer Ansicht dem Geschmack der "Vikings"-Fans entsprechen?

Ich bin nicht sicher, ob etwas davon genau in die Richtung von "Vikings" geht. Aber ich bin dabei, etwas zu tun, wozu ich zurückkehren wollte, seit meine Kinder zur Welt kamen. Ich bin wieder im West End (London) in einer Bühnenshow, bei der Sam Mendes Regie führt: "The Ferryman". Ich kann es kaum erwarten.

Sie sind bekannt dafür, in Social Media außergewöhnlich liebenswürdig und entgegenkommend auf Fans zu reagieren. Wie gehen Sie mit überschwänglichen Fans um?

Ich fühle mich geschmeichelt und freue mich sehr, dass andere sich die Zeit nehmen und die Umstände machen, sich für meine Arbeiten zu interessieren. Wenn ich jemanden sehe, den ich bewundere, muss ich zu ihm gehen und es ihm sagen. Ich verstehe den Impuls und weiß es zu schätzen.

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben!

Das Interview wurde uns zur Verfügung gestellt von Susanne Kurz, Co-Admin von Ivan Kayes offizieller Facebook-Fanseite Ivan Kaye Fans und Gründerin des von ihm bestätigten Social-Media-Promotion TeamIvanKaye.


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