The Newsroom - Review des Piloten

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HBO setzt seinen Siegeszug der vielversprechenden Serien durch fast blinde Treffsicherheit mit "The Newsroom" einwandfrei fort. Am 24. Juni 2012 startete die neue Serie über die Arbeit, die hinter einer Nachrichtensendung steht, und deren Nachrichtensprecher, Anchorman im Amerikanischen, Will McAvoy. Die Pilotepisode bringt gleich etwa 70 Minuten auf die Bildschirme und kann voll und ganz überzeugen. Eine Meisterleistung, die seinesgleichen sucht, aber auch für die gesamte Staffel eine hohe Messlatte setzt.

"America is not the greatest country in the world anymore"

Als beliebter Anchorman wird Will McAvoy in eine politische Talkshow eingeladen, wo anwesendes Publikum Fragen stellen kann. Will gilt als unpolitisch und versucht sich aus jeder Frage herauszuwinden, indem er sehr oberflächlich oder mit einem Witz antwortet. Damit verärgert er jedoch den Moderator, der unbedingt ein politisches Statement aus dem Newsmann heraus bekommen will. Wills Taktik geht auf, bis eine junge Studentin fragt, warum Amerika das beste Land der Welt sei. Als Will versucht, sich aus der Affäre der Frage zu ziehen, bleibt der Moderator hartnäckig und trifft einen wunden Punkt. Will sieht jemanden im Publikum einen Zettel hochhalten. "It's not, but it can be" ist darauf geschrieben und Will nimmt sich den Tipp zu Herzen. Er erklärt lang und breit, warum Amerika nicht das beste Land der Welt ist, ergänzt seinen Beitrag aber mit dem Satz, dass es das wieder werden kann. Das Publikum, die Gäste und der Moderator sind sprachlos, dass sich der neutrale Anchorman, der nur deswegen seine Beliebtheit hat, so differenziert zu der Frage äußert. Daraufhin fährt Will erst einmal drei Wochen lang in den Urlaub.

"He just walked into his office without noticing that his staff isn't here"

Diese kleine Vorgeschichte bringt den Umbruch für das Team von "News Night", Wills Sendung. Fast das gesamte Team verlässt die Sendung, um sich einer neuen zu widmen, aus Angst, dass Will nun keine Zuschauer mehr haben wird, allen voran sein Produzent Don Keefer (Thomas Sadoski). Dafür stellt der Leiter des Senders eine neue Produzentin ein, die einmal Wills Freundin war und mit der er nicht so gut zurecht kommt. Die Dynamik, die Will in Interaktion sowohl mit seinem Chef und Freund Charlie Skinner (Sam Waterston), als auch mit seinem ehemaligen Produzenten Don sowie mit MacKenzie, seiner neuen Produzentin, ist ein wahrer Genuss. Darsteller Jeff Daniels schafft es, das große Ego des Anchorman perfekt zu mimen. Will muss realisieren, dass die Welt nicht immer so läuft, wie er es gerne hätte, trotzdem findet er sich darin zurecht und kann sie stückweise so bearbeiten, dass sie zumindest in die selbe Richtung läuft. Er kann den drei-Jahres-Vertrag von MacKenzie auf einen Vertrag über 156 Wochen ändern, mit der Klausel, dass Will jede Woche die Möglichkeit hat, seine neue Produzentin zu feuern. MacKenzie hingegen weiß genau, was sie sagen muss, um ihren Exfreund zu manipulieren. Dieser ist sich dessen durchaus bewusst, versucht es aber durch Wortklauberei zu verdecken. Es entstehen Szenen, deren Wortgewandtheit mit anderen erstklassigen Serienformaten mithalten kann. Ein Ereignis fließt ins nächste und ehe man sich versieht, ist man voll in der Story gefangen. Eine hervorragende Leistung der Autoren, des Regisseurs und der Darsteller.

"It's still yellow"

So mitreißend die Story auch ist, man lernt sogar etwas aus ihr. Und zwar werden Nachrichten schon bevor sie an eine Nachrichtenstation, in diesem Fall eben das Team von "News Night", gelangen, in verschiedene Kategorien eingeteilt. Gelb scheint zwar eine wichtige Nachricht zu sein, ist aber trotzdem nur eine Randnotiz in der Sendung wert. Orange kommt einer wichtigen Nachricht mit mehr Einspielzeit zwar näher, reicht aber in keiner Weise an rot heran, das eine sehr wichtige Nachricht klassifiziert. Zu diesem Zeitpunkt lernt der Zuschauer, dass die Handlung der Serie im April 2010 stattfindet, genauer gesagt am 20. April 2010. Das ist der Tag, an dem im Golf von Mexiko, keine 50 Meilen von der Küste entfernt, die Ölbohrplattform Deep Water Horizon explodierte und eine der größten Umweltkatastrophen der USA lostrat. Durch die bekannte Geschichte, dass die verantwortliche Firma BP lange Zeit alle im Dunkeln über das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe hielt, ist eine Grundlage geschaffen, der man leicht folgen kann. Nun werden heute bekannte Fakten von dem Team zusammengetragen, wodurch der Zuschauer nicht nur einen Einblick in das Fernsehgeschäft mit Nachrichten erlangt, sondern vor allem alle Charaktere besser kennenlernt. Man vergisst dabei komplett die Zeit und wundert sich, wie schnell die Serie nun voran schreitet, nicht dass es zuvor ein langsames Tempo der Ereignisse gab. Die Personen beginnen miteinander zu interagieren und zu arbeiten, was faszinierend zu beobachten ist. Hat man bis dahin vor allem Will, MacKenzie, Charlie und Don kennen gelernt, sind es nun die kleineren Lichter, die am hellsten scheinen. Da ist der neue Aufnahmeleiter, Jim, die Co-Aufnahmeleiterin, die eigentlich nur Praktikantin ist, Maggie und der Computergeek Neal. Sie alle werden zum Mittelpunkt des Geschehens, was ein kluger Schachzug ist, denn nun wirkt das vorgestellte Team rund und komplett.

"What did everybody else run?"

Zwischen all der Charakterarbeit wird auch der Druck, der auf der Nachrichtensendung liegt, ein Erfolg zu werden, deutlich. Denn es gibt unzählige Nachrichtensendungen in den USA, die alle zur selben Zeit on air sind und um Zuschauer buhlen. Durch Jims Hartnäckigkeit und ein Quäntchen Glück berichtete "News Night" noch bevor die Meldung über die "Deep Walter Horizon" zur obersten Schlagzeile wurde, also die Signalfarbe rot bekam, kritisch über das Ereignis im Golf von Mexiko. An der Stelle ist es völlig unwichtig, was die Nachricht war, hier geht es darum, dass Will erkennt, dass das neue Team unter MacKenzies Leitung funktioniert, auch wenn er sie lieber nicht als Produzentin hätte.

Fazit

Mit "The Newsroom" schafft es HBO zu überzeugen. Alle Charaktere können auf ihre Weise eine Bindung zum Zuschauer herstellen, was doch recht einzigartig für eine Pilotepisode ist. Dadurch, dass die Hintergrundstory allen bekannt sein dürfte, wird eine Grundlage geschaffen, die aufgrund der Dramatik sowohl spannend als auch leicht verständlich ist. Man weiß, worum es geht und wohin es gehen soll, denn in "The Newsroom" ist der Weg das Ziel. Eine perfekte Zusammenarbeit zwischen jedem einzelnen Teammitglied ist der Garant für den Erfolg. Schlussendlich muss auch Will das einsehen und will sich bei seinem Team für die hervorragende Arbeit bedanken, leider erwischt er den falschen Technikraum. "The Newsroom" ist eine der Sommerserien, die sich wirklich lohnen, einmal angeschaut zu werden, da sie vor eleganten Gesprächen und faszinierenden Charakteren nur so sprüht. Die Pilotepisode ist eine in sich geschlossene Geschichte, die mit viel Können erzählt wird und so fesseln kann, dass sicherlich viele Zuschauer wieder einschalten werden.

Jamie Lisa Hebisch - myFanbase

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