Spartacus - Review Staffel 3
War of the Damned

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Es war keine leichte Aufgabe, die die finale Staffel von "Spartacus" zu bewältigen hatte. Zum einen stand von Anfang an fest, dass man in dieser Staffel den Krieg zum Ende bringen würde und sich somit, um der Geschichte treu zu bleiben, mit dem Tod fast aller Helden beschäftigen musste, zum anderen galt es, in den letzten zehn Episoden der Serie neue Antagonisten einzuführen, die Spartacus als würdige Endgegner entgegentreten konnten und die beim Zuschauer ähnlich starke Emotionen hervorzurufen vermochten wie die liebgewonnenen Hassfiguren, die allesamt bis zum Ende der zweiten Staffel, "Vengeance", das Zeitliche gesegnet hatten. Batiatus, Glaber, Ashur, Lucretia und Ilithyia, sie alle hatten ebenso viel Fokus bekommen wie die Protagonisten, man konnte ihre Entwicklung sehen, ihre Liebe, ihre Intrigen, ihren Hass, Neid, Habgier und Geltungssucht. Man konnte ihre ausartenden Ränkeschmiedereien und Boshaftigkeiten mit dem Guilty Pleasure eines Schaulustigen verfolgen, da man sich angesichts ihrer Arroganz sicher war, dass sie jemandem wie Spartacus in einer fairen Auseinandersetzung nicht das Wasser reichen konnten und ihr verdientes Ende finden würden. Es musste für die letzte Staffel also ein Gegner entwickelt werden, der Respekt vor Spartacus und seiner Kriegsführung hat und der sich damit den Respekt der Zuschauer verdient. Und dies hat man mit der Figur des Crassus erreicht.

Crassus trainiert wie ein Gladiator und nimmt Spartacus ernst, anstatt sich dem ehemaligen Sklaven per se überlegen zu fühlen. Arroganz gehört auch zu seinem Naturell, diese aber nicht allein darauf basierend, dass er als Römer geboren wurde, sondern auf selbst erarbeitetem Erfolg. Er beobachtet Spartacus' Strategien und setzt seine Legionen mit eiskalter, aber wohl kalkulierter Taktik ein, was ihn leicht unnahbar und emotionslos wirken lassen könnte. Aber auch er ist von Überheblichkeit, Hass und Machtgier umgeben, die ihn weit über den kühlen Strategen erheben, den der Zuschauer als Spartacus' Endgegner einfach verabscheuen könnte. Auch Crassus ist ein Mensch aus Fleisch und Blut, der Fehler in der Erziehung seines Sohnes Tiberius macht, seine Leibsklavin Kore über alles liebt und sich damit verletzlich macht. Während hier Caesar als wilder, draufgängerischer Bad-Ass-Charakter gezeichnet wird, den man beizeiten leidenschaftlich hassen kann, und vor allem der junge Tiberius sämtliche Sympathien verspielt und in kürzester Zeit eine Entwicklung zum grausamen Hasscharakter durchmacht, so kann man den Mann, der Spartacus letztlich zu Fall bringt, an keiner Stelle hassen. Ganz im Gegenteil, man schätzt Caesar für seine Loyalität gegenüber Crassus, man empfindet Kores Liebe zu Crassus nach, und das kurze Gespräch zwischen Crassus und Spartacus im Serienfinale gehört zu den besten Szenen der Staffel. Und wenn Crassus im letzten Moment zu Spartacus sagt, er wünschte sich, Spartacus wäre Römer, damit sie Seite an Seite stehen könnten, dann wünscht man sich auch als Zuschauer das Unmögliche – nur eben nicht auf römischer Seite.

Am Ende der zweiten Staffel gab es in vielerlei Hinsicht einen Abschluss. Rache an den Römern, die unmittelbar an Spartacus' Schicksal beteiligt waren, war genommen, Suras Tod war gerächt, Crixus hatte seine Naevia befreit und sie hatte ihre Rache bekommen, Oenomaus und Gannicus hatten ihren Frieden gemacht. Die Liebe der zentralen Figuren hinter dem Sklavenaufstand, wie es im Rahmen der Serie dargestellt wurde, schien als Motivation fürs Weiterkämpfen in der dritten Staffel nicht mehr ausschaggebend zu sein. Das große Ziel der unzähligen Sklaven, die nun Spartacus folgten, wurde in Spartacus' Entwicklung letztlich auch zu seinem persönlichen Ziel: ein Leben in Freiheit. Und hier unterschied sich die persönliche Entwicklung der vier zentralen Krieger in Spartacus' Camp. Spartacus wurde mehr und mehr gewahr, dass die Rache an den Römern nicht auch zielloses Töten und grausame Handlungen an Frauen und Kindern beinhalten sollte. Waren sie angesichts solcher Gräueltaten überhaupt noch besser als die Römer? Zudem lastete die Schuld am Tode unzähliger während des Aufstandes niedergemetzelter ehemaliger Sklaven auf seinem Gewissen. Ihm wurde klar, dass seine Aufgabe nun darin bestehen sollte, so viele seiner Leute wie möglich in Sicherheit zu bringen. Gannicus, der noch lange Zeit nach einem persönlichen Sinn für sein Mitkämpfen suchte, konnte sich am Ende mit diesem Weg identifizieren und machte den damit größten Schritt in seiner gesamten Entwicklung, weg vom Streben nach Genuss und Ruhm für sich als einzelne Person hin zur Opferung für die Freiheit vieler. Crixus und Agron hingegen, die im Grunde glücklich mit der Liebe ihres Lebens vereint waren, wollten Rom bis zu ihrem letzten Atemzug bluten sehen und sich in den Kampf stürzen.

Die mitreißenden Storylines, die facettenreichen Charaktere, die phantastischen Darsteller, die den Figuren Leben eingehaucht haben, all dies sind große Stärken der Serie, aber die "Spartacus"-Welt ist erst komplett mit Blut und Sand, mit den unwahrscheinlich gut choreographierten Kampfszenen, den Stunts, der expliziten Darstellung von Sex und Gewalt und auch der ganz eigenen Sprache, die hier kreiert wurde und sich durch signifikante Zitate ("What fever grips brain, that Spartacus would think me to band with him." oder "Once again the gods spread the cheeks and ram cock in fucking ass!") sicher noch lange in den Köpfen der Fans halten wird. Die riesig angelegte Schlachtszene aus dem Staffelfinale mit hunderten von Statisten, Pferden und unzähligen Schauplätzen ist auf jeden Fall etwas, was man nicht alle Tage im Fernsehen sieht und was beispielsweise den Vergleich mit der grandiosen "Game of Thrones"-Episode "#2.09 Blackwater" nicht zu scheuen braucht.

Serienmacher Steven S. DeKnight sagte mal, man wollte sich angesichts der Tötungen nicht wiederholen, und die Kreativität in diesem Zusammenhang ist zweifellos hervorzuheben. Crixus' Köpfung auf dem Schlachtfeld, die man nur in den Augen seiner Naevia gespiegelt sieht, Gannicus' Kreuzigung, in deren Verlauf er Oenomaus sieht, der ihm einen anerkennenden Blick zuwirft, und schließlich Spartacus, der von Lanzen durchbohrt nach dem violetten Band seiner Sura greift und später im Kreise der verbliebenen Vertrauten mit den Worten "There is no greater victory than to fall from this world a free man." und einem Lächeln auf den Lippen dem Afterlife entgegengeht, um dort von Sura endich wieder bei seinem richtigen Namen genannt zu werden. Diese Momente sind überaus ergreifend und so perfekt in Szene gesetzt, dass wohl kaum ein Auge trocken bleiben dürfte.

Die letzte Staffel war in gewisser Hinsicht härter als ihre Vorgänger, zwar gab es weniger sadistische Orgien seitens der Römer, dafür aber auch weniger spielerisches Miteinander bei Trainingsszenen oder triumphale Erfolge in der Arena oder auf dem Schlachtfeld, die Hoffnung machen konnten. Man hielt sich an den groben Verlauf der Geschichte und somit war es eine Staffel der Kriegsstrategie. Es war aber auch eine Staffel der Freundschaften und dem Auf und Ab zwischenmenschlicher Beziehungen, die ihren Höhepunkt sicherlich in der vorletzten Episode fand, in der Spartacus mit den gefangenen Römern ebensolche Spiele veranstaltet, wie die Römer es mit den Sklaven getan haben, um Crixus' Tod zu rächen und seinem Gladiatoren-Bruder damit die letzte Ehre zu erweisen.

Trotz aller Tragik, die aufgrund der geschichtlichen Fakten nicht zu umgehen war, entlässt die Serie uns auf einer hoffnungsvollen Note, denn für einige Charaktere besteht noch Hoffnung auf ein Leben in Freiheit. Darunter eines der Fanlieblingspaare, Agron und Nasir, deren Homosexualität innerhalb der Handlung erfrischender Weise niemals problematisiert wurde, was neben den wahnsinnig starken Frauencharakteren nur noch ein weiterer großer Pluspunkt für die Serie ist.

Fazit

"Spartacus" ist eine Serie, die eigentlich noch sehr viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat, denn nach ein paar Anfangsschwierigkeiten wurde hier wunderbares Drama erschaffen, Mut zur ausgefallenen Inszenierung gezeigt, eine eigene Welt kreiert und eine Geschichte erzählt, die auf historischen Fakten beruht und diese auf eine Art und Weise inszeniert, die Interesse an den wahren historischen Figuren weckt, die über 70 Jahre v. Chr. gelebt haben. Zudem empfindet man durch das tragische, frühe Ableben des ursprünglichen Hauptdarstellers Andy Whitfield und dem Umgang von Cast und Serienmacher mit den daraus resultierenden Umständen eine emotionale Verbundenheit mit den Darstellern, wie es selten der Fall ist. Wer seine Tränendrüsen noch ein wenig weiter massieren möchte, dem sei der Abspann des Serienfinales ganz besonders ans Herz gelegt, denn für diesen haben sich DeKnight und Rob Tapert etwas ganz spezielles einfallen lassen.

Nicole Oebel - myFanbase

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