Die besten Charaktere 2009/2010
Platz 3: Walter Bishop (Fringe)

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Obwohl die zweite Staffel der Mystery-Serie "Fringe" wahrlich Welten besser war als das, was uns noch in der vorherigen Season abgeliefert wurde, so muss leider festgehalten werden, dass es den Machern immer noch nicht gelungen ist, all ihre Charaktere interessant zu gestalten. Man hat sich zwar bemüht, die FBI-Agentin Olivia menschlicher und emotionaler darzustellen und ihren Kollegen Peter ebenfalls ein tieferes Profil zu verleihen, doch leider stechen beide Hauptcharaktere auch weiterhin nicht sonderlich aus den unzähligen US-Seriencharakteren heraus. Doch schon in der ersten Staffel kristallisierte sich mit dem verrückt-genialen Walter Bishop eine Figur heraus, die wie der Diamant in einem Kieselsteinmosaik wirkte. Und in der zweiten Staffel wurde deutlicher als zuvor, dass man mit Walter einen der sympathischsten, facettenreichsten und interessantesten Charaktere aus der Irrenanstalt geholt hat.

"I'm looking for a man who seems to have gotten lost. He's not from any school, he's a man. His name is Walter Bishop." - "Hm. I see. A special needs individual?" - "Yeah, you have no idea."

Foto: John Noble, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
John Noble, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Was Walter zunächst so liebevoll macht, ist seine kindliche Facette. Man könnte fast meinen, bei einem seiner Experimente mit 'Belly', wie er seinen ehemaligen Laborpartner William Bell so gerne nennt, hätte man ein kleines Kind in den Körper eines Erwachsenen gesteckt. Seinem Verhalten nach zu urteilen, ist das Experiment auch durchaus geglückt, denn seine hin und wieder auftretende Naivität, sein neugieriges Verhalten und seine unbeholfene Art passen tatsächlich mehr zu einem Kind, als zu einem hochbrillanten Wissenschaftler, der gerne mal aus den Überresten einer menschlichen Bombe Puzzle spielt, aus Würmern Cocktails mixt oder Versuchsabläufe mittels Früchten darstellt, was seine Laborpartnerin Astrid gerne mal auf die Palme bringt, da sie die ganze Schweinerei aufwischen darf, wenn erneut eine Papaya im Labor explodiert. Mit einem "No more fruits, Walter!" versucht sie des Öfteren, dieses Martyrium zu stoppen, obwohl sie doch zu gut weiß, dass sie Walter nicht davon abbringen kann. Und das sind nur einige von vielen Szenen, die den Zuschauer dank Walter immer wieder zum Schmunzeln bringen. Apropos Astrid: Die gemeinsamen Szenen mit ihr zeigen einmal mehr, wie viel Spaß Walter machen kann und verleihen der Serie einen gewissen Charme. Denn nicht selten wirkt Astrid wie eine verzweifelte Mutter, wenn sie mal wieder auf ihren Schützling Walter aufpassen muss.

Walter versucht währenddessen in dieser zweiten Staffel, unabhängiger zu werden. Ihm entgeht nicht, dass sich speziell sein Sohn Peter um ihn Sorgen macht und ihm so gut wie nichts zutraut. Seine gescheiterten Versuche, seinem Sohn zu beweisen, dass er unabhängig sein kann, lassen ihn letztlich dann doch einsehen, dass er auf seinen Sohn angewiesen ist. Am deutlichsten wurde das in der neunten Folge der zweiten Staffel. Denn um seinem Sohn zu beweisen, dass er auch ohne ihn klarkommt, macht sich Walter auf den Weg, eigenhändig in einem Fall zu ermitteln. Leider führt sein Weg nicht weit, denn Walter verläuft sich in Bostons Chinatown. Verzweifelt versucht Walter irgendwie seinen Sohn zu kontaktieren, doch er kann sich einfach nicht an die Telefonnummer erinnern, sodass er wenig später weinend auf einer Bank sitzt und hofft, Hilfe zu bekommen. Das war einer der vielen großartigen Momente, in denen man sich am liebsten neben Walter setzen und ihn umarmen würde.

Doch es ist kein seniler alter Mann, dem wir hier Bronze verleihen – das wäre schließlich alles andere als facettenreich und da hätten wir genauso gut Arthur Spooner aus "King of Queens" nachträglich dafür auszeichnen können. "Family is very important to me. There's nothing I wouldn't do", sagte Walter in #2.14 The Bishop Revival zu seinem Sohn, kurz nachdem er mit kalter und ungewohnt bedrohlicher Mine einen Mann getötet hatte, der davor war, seinen Sohn zu verletzen. "Theres nothing I wouldn't do"… keine melodramatische Hyperbel, sondern die pure Wahrheit, wie uns spätestens in #2.16 Peter gezeigt wurde. Denn schließlich hat ein damals verzweifelter Walter mit ansehen müssen, wie sein kleiner Sohn in seinen Armen stirbt, woraufhin er trotz aller Risiken heimlich in eine alternative Realität reiste, um seinen Sohn zurückzuholen. Die gesamte zweite Staffel werden wir als Zuschauer Zeuge davon, was für eine große Angst Walter hat, Peter erneut zu verlieren. Selbst in den sonst relativ belanglosen "Fall der Woche"-Folgen spielt Walters Angst, Peter könne sich von ihm entfernen bzw. die Wahrheit herausfinden, eine wichtige Rolle. So versuchte Walter, eine stärkere Bindung zu seinem Sohn aufzubauen, und dabei ist das Puddingkochen bzw. ein gemeinsamer Angelausflug für Walter typisch der ultimative Weg zum Erfolg. Doch wenn Peter in Gefahr schwebt, dann ist von dem sonst so relativ liebevollen Walter wenig übrig. Er tötet, riskiert sein eigenes Leben und überschreitet gegen Ende sogar erneut Welten, um das Leben seines Sohnes zu beschützen. Und diese Bereitschaft, das eigene Leben für sein Kind herzugeben, hat man wohl bei kaum einem Charakter so intensiv spüren können, wie bei Walter. Derweil plagen Walter in der zweiten Staffel auch etliche Schuldgefühle, da ihm klar ist, dass er Peter irgendwann die Wahrheit über seine Herkunft sagen muss – auch wenn das bedeutet, dass sich Peter eventuell von ihm distanzieren wird. In Gesprächen mit Olivia, Astrid und Menschen, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben wie er, versucht er immer wieder, sein Handeln zu erläutern und verständlich zu machen. Dabei versucht er mehr sich selbst, als seine Mitmenschen zu überzeugen. Als Zuschauer ist es nicht schwierig, das anhand seiner Mimik festzulegen, denn wie kaum einem anderen gelingt es Walter (bzw. John Noble) perfekt, den Zuschauern zu zeigen, was gerade in ihm vorgeht.

Walter ist also ein Charakter, mit dem der Zuschauer immer Empathie hat und dessen Gemütslage sich wie ein Virus auf die des Zuschauers überträgt. Fragt Walter beispielsweise seinen Sohn, ob er ihm erlaubt, mit einem Leichenwagen mitzufahren und freut er sich, wenn er die Erlaubnis bekommt, so freut man sich als Zuschauer mit ihm. Und wenn ein verzweifelter Walter, der gerade erneut seinen Sohn verloren hat, in einem Supermarkt steht und einen Wutanfall bekommt, da offenbar gefährliche chemische Substanzen in einem Erdbeerjoghurt als Geschmacksverstärker genutzt werden ("You know what you're putting into our bodies? Death! Delicious strawberry-flavored death!"), leiden wir mit ihm, da wir schließlich wissen, dass das Walters eigenwillig Art ist, seine innere Zerrissenheit zu zeigen. Walter ist einfach vielschichtig, unglaublich liebenswert und man mag gar nicht glauben, zu was er doch alles fähig ist. Deshalb gibt es Platz 3 für Walter Bishop. Und ich hoffe, das tröstet diejenigen darüber hinweg, die traurig sind, dass es Walter und seine Hauskuh Gene nicht in unsere Rubrik der Top-Beziehungen geschafft haben. Vielleicht ja nächstes Jahr...

Manuel H. - myFanbase

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