Die verstörendsten Momente 2012/2013
#6.09 The Better Half (Mad Men)

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"Mad Men" war schon immer meisterhaft darin, den Zuschauer mit den wahnwitzigsten Szenen zu überraschen und diese dann auch noch so glaubwürdig rüberzubringen, dass man es vor lauter Absurdität regelrecht genial findet, wenn mal eben jemand mit einem Rasenmäher in einem Großraumbüro überfahren wird, ein renommierter Werbetexter sich in die Hosen pinkelt oder die dienstälteste Sekretärin an ihrem Schreibtisch einschlummert und nie wieder aufwacht. Das Groteske gehört bei "Mad Men" zum Alltäglichen und kaum eine Serie schafft es auf derart brillante Weise, diese abstrusen Szenen organisch in ihr Erzählgeflecht einzubauen. Auch Staffel 6 hatte mal wieder einige dieser so genannten WTF-Momente parat. Neben der völlig verrückten Steppeinlage von Ken Cosgrove in #6.08 The Crash oder Don Drapers drogeninduziertem Nahtoderlebnis in #6.10 A Tale of Two Cities bleibt am Ende aber vor allem eine Szene im Gedächtnis: Peggy sticht ihren Freund Abe mit einem selbstgebastelten Bajonett in den Bauch.

"Oh my God! Oh my GOD!"

Foto: Elisabeth Moss, Mad Men - Copyright: Frank Ockenfels/AMC
Elisabeth Moss, Mad Men
© Frank Ockenfels/AMC

Ja, lasst euch dies bitte auf der Zunge zergehen: Peggy sticht ihren Freund Abe mit einem selbstgebastelten Bajonett in den Bauch. Sticht. Mit einem selbstgebastelten Bajonett! Es ist eine völlig surreale, aber dafür umso verstörendere Szene, die sich da nachts im turbulenten New York abspielt. Peggy hat seit Tagen Angst um ihre Sicherheit, ihr neues Apartment befindet sich inmitten der (zur damaligen Zeit noch nicht gentrifizierten) Upper West Side, wo Straßenkämpfe und Überfälle an der Tagesordnung stehen. Ihr Freund Abe ist am Vortag ausgeraubt worden und sie selbst hat die Nase voll: Sie will umziehen. Abe beugt sich ihrem Wunsch nur ungern, denn der liberale 68er will sich nicht in einem reichen, weißen, elitären Viertel niederlassen, sondern in Kontakt mit den Leuten von der Straße bleiben, mit der Vielfalt New Yorks, mit den Revoluzzern.

Vor dem Hintergrund dieser Differenzen, die die Beziehung zwischen Peggy und Abe langsam aber sicher zugrunde gehen lassen, passiert dann das Unglaubliche: Peggy hört mitten in der Nacht Geräusche, greift zu ihrem selbstgemachten Bajonett (ein Messer, das an einer langen Stange befestigt ist) und schleicht durch die Wohnung, weil sie glaubt, jemand sei eingebrochen. Während sie ängstlich aus dem Fenster schaut, erscheint plötzlich Abe hinter ihr und vor Schreck rammt sie ihm das Messer in Bauch. Völlig entsetzt sackt Abe zusammen, während Peggy – noch entsetzter – das Bajonett in der Hand hält. Als Zuschauer sitzt man derweil mit einer Mischung aus eben diesem Entsetzen und einem ungläubigen Lachen vor dem Bildschirm ob der völlig absurden Szene, die sich da gerade vor einem abspielt. Denn wie oft kommt es vor, dass eine Freundin ihren Freund mal eben mit einem Bajonett fast ersticht?

Die Krönung kommt, als Abe nach diesem Vorfall erkennt, dass er, der Freidenker und Antikapitalist, und Peggy, die erfolgreiche Werbetexterin, die für eben jene Korporationen arbeitet, die er hasst, eigentlich überhaupt nicht zusammenpassen. Im Krankenwagen, mit einem Messer im Magen, trennt er sich daher von der völlig überforderten Peggy. Ein Beziehungsende, das in seiner Groteske wohl nicht zu überbieten ist. Für diese heillos makabere, völlig abstruse, aber gleichzeitig enorm unterhaltsame Szene, die schwarzen "Mad Men"-Humor vom Allerfeinsten bietet, verdient diese Serie definitiv erneut einen Platz in unserer Kategorie der verstörendsten Momente der Season und wird – das ist sicher – nicht so schnell vergessen werden.

Maria Gruber - myFanbase

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