Musikalische Szenenuntermalung I

Wie auch in Filmen bedient man sich in TV-Serien der Musik um gewisse Szenen zu unterstreichen, Spannung zu erzeugen oder die gewünschte Gefühlsregung beim Zuschauer zu verstärken. In manchen Szenen läuft die Musik eher im Hintergrund und wird kaum wahrgenommen, während es daneben Szenen gibt, in der die Musik klar fokussiert wird. Auch werden Serien, wie beispielsweise "Glee" und "Nashville", produziert, in welche die Musik sogar zum Hauptthema der Serie gemacht wird. In der aktuellen "Was uns bewegt" Kolumne haben unsere Autoren und Autorinnen in ihren Texten versucht, die Szenen herauszusuchen, welche ihnen persönlich, unter anderem wegen der Musik, besonders in Erinnerung geblieben sind oder sie besonders berührt haben.


"Person of Interest", #3.10 / Johnny Cash - Hurt


"What have I become
My sweetest friend
Everyone I know
goes away
In the end"

Foto: Jim Caviezel & Michael Emerson, Person of Interest - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jim Caviezel & Michael Emerson, Person of Interest
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Die neunte Episode der dritten Staffel von "Person of Interest" wartete mit einem wahrlich schockierendem Ende auf. Gerade war es Joss Carter gelungen, die korrupten Cops mit Hilfe von Finch, Reese und Shaw dingfest zu machen, da fällt ein Schuss, der einen immensen Einfluss auf das Geschehen der Serie haben sollte. Dieser gezielte Schuss beraubt der die Fans einem Hauptcharakter und dem Team um Finch einer geschätzten Kollegin und Freundin. Folge zehn beginnt daher mit richtig dunklen Wolken über den Protagonisten, unterstützt durch einen unglaublich melancholischem,aber doch eindringlichen Song des großartigen Johnny Cash. Zu den Klängen von "Hurt" erleben wir, wie Familie und Freunde von Joss Carter vollkommen fassungslos Abschied nehmen. An anderer Stelle geht Finch nach dem Begräbnis zum Alltag über und nimmt die nächste Nummer entgegen, jedoch nicht ohne zu erkennen, dass er manchmal einfach vollkommen machtlos ist. Shaw und Reese hingegen versuchen, denjenigen zu finden, der für das Übel verantwortlich ist: Officer Simmons. Und dafür gehen Shaw und Reese zur Not auch über Leichen. Fast vier Minuten gibt es keinerlei Dialog, nur Johnny Cashs Stimme, die die Protagonisten dieser Episode begleitet. Selbst Simmons Blickwinkel wird dabei nicht außer Acht gelassen, der sehr wohl weiß, dass er sich mit dem Mord an Carter eine Menge Feinde geschaffen hat und für den es eigentlich kein Entkommen mehr geben kann. Die einzelnen Strophen des Songs passen unglaublich grandios auf die Situation, die sich gerade abspielt und man spürt die Wut, die Fassungslosigkeit, die Trauer und den Schmerz in den Figuren. Absolut fantastisch umgesetzt, gerade weil man den Song in den Vordergrund stellt und Johnny Cash einfach singen lässt, während alles andere wie betäubt weiter läuft.

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"Scrubs", #1.02 / Leroy - Good Time


"Are you having a good time?"

Foto: Zach Braff, Scrubs - Copyright: 2007 Touchstone TV. All rights reserved. No Archiving. No Resale./Mitch Haaseth
Zach Braff, Scrubs
© 2007 Touchstone TV. All rights reserved. No Archiving. No Resale./Mitch Haaseth

Die erste Zeit in einem neuen Job kann Angsteinflößend sein, doch wenn man einmal die erste Furcht überwunden hat, sich klar macht, dass man nicht alles wissen kann und erkennt, dass man manchmal einfach nur um Hilfe bitten muss, um sich sicherer zu fühlen, da kann man wesentlich entspannter an die Aufgaben herangehen. J.D. hat nach dem ersten Schock in der neuen Klinik seinen Groove gefunden und ist endlich selbstsicherer geworden. Nicht nur selbstsicher, er ist nach zwei Wochen in einem gewissen Alltagstrott gekommen. Und während er bei einem Patienten die Vitalzeichen überprüft, setzt er einen Walkman auf und beobachtet die Klinik. Zu den Klängen von Leroys "Good Time" beginnen die Schwestern im Takt Akten wegzuräumen und Betten zu machen, während Elliot gegen eine Spritze schnippt, um die Luftblasen herauszubringen und Turk gegen den Bauch eines Patienten klopft. Während der Zuschauer amüsiert ist, ist J.D. fasziniert-irritiert beobachtet, wie selbst der Hausmeister nach dem Takt den Boden wischt und irgendwann sogar Bob Kelso zu singen scheint "Are You Having a Good Time". Dies Anfangsszene von #1.02 Mein Mentor beweist einmal mehr die Kreativität der Serienmacher, die immer wieder mit überraschenden und interessanten Dingen aufwarten und Musik immer wundervoll in die Szenen einbauen konnten, sei es subtil oder wie hier herrlich skurril.

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"The Blacklist", #1.11 / Johnny Cash - The Man Comes Around


"And I heard a voice in the midst of the four beasts,
And I looked and behold: a pale horse.
And his name, that sat on him, was Death.
And Hell followed with him.
"

Nicht selten finden sich Songs von Country-Legende Johnny Cash in Serien oder Filmen wieder. Alleine in meiner Top-Five-Liste befindet sich der Sänger zwei Mal. Seine Stimme und die recht minimalistische Instrumentierung zahlreicher seiner Songs transportieren eine großartige Stimmung in Episoden, die sich mit Tod, Verlust, Einsamkeit und Rache beschäftigen. Und so verwundert es nicht, dass die Autoren sich für "The Man Comes Around" entschieden haben, wenn es darum geht zu zeigen, wie entschlossen Raymond Reddington ist, den Tod seiner Freunde zu rächen und diejenigen ausfindig zu machen, die ihn hintergangen haben und letztendlich dafür verantwortlich sind, dass er zwei enge Vertraute verloren hat. Cash zitiert in seinem Song einen Teil der Offenbarung aus der Bibel und erzählt dann von einem Mann, der umhergeht und sich Namen derjeniger Menschen notiert, die er bestrafen will. Dazu sieht man einen mehr als entschlossenen Red, der loszieht und die Menschen ausfindig macht, die an seiner Entführung unmittelbar beteiligt waren. Egal wie viel sie am Ende wissen, sie werden von ihm liquidiert. Doch nicht die musikalische Untermalung geht unter die Haut, sondern die beiden Momente des Songs, in dem Cash Zeilen aus der Bibel zitiert, die apokalyptischen Reiter erwähnt und durch eine Nahaufnahme von Red seine Entschlossenheit klar wird. Eine ganz große Montage!

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"Dr. House", #3.01 / The Rolling Stones - You Can't Always Get What You Want


"You can't always get what you want; but if you try sometimes you get what you need"

Foto: Hugh Laurie, Dr. House - Copyright: 2006 Fox Broadcasting Co.; Andrew MacPherson/FOX
Hugh Laurie, Dr. House
© 2006 Fox Broadcasting Co.; Andrew MacPherson/FOX

Der Song der Rolling Stones zieht sich wie ein roter Faden durch die Serie. Er ist ein Markenzeichen von "Dr. House" geworden und taucht immer wieder in Szenen auf, in denen House oder einer seiner Mitarbeiter in seine Schranken gewiesen wird. Selten ist er jedoch so prominent in Szene gesetzt, wie im Auftakt zur dritten Staffel. House hatte sich am Ende von Staffel zwei einer riskanten Behandlung unterzogen, nachdem man ihn angeschossen hat und er unters Messer musste. Seither ist er schmerzfrei, zum ersten Mal in Jahren. Er joggt zur Arbeit und stürzt sich voller Übermut gleich in zwei Fälle. Bei einem beginnt er sogar, sich für seine Patienten zu interessieren. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt scheint er zu scheitern. Zwar kommt er auf die richtige Diagnose, kann sie jedoch nicht beweisen, weswegen Cuddy ihm die Behandlung seines Patienten verbietet. Obwohl er tatsächlich dafür sorgt, dass eine Mann, der jahrelang vor sich hin vegetierend im Rollstuhl gesessen hat, sich plötzlich wieder bewegen und artikulieren kann, beschließt Wilson, ihm dies nicht zu sagen, damit er endlich lernt, was ein „Nein!“ bedeutet. Und genau dies ist es, was House dazu bringt, in Wilsons Büro einzubrechen und sich in dessen Namen ein Rezept über Vicodin zu verschreiben, da sein Bein im Laufe der Tage angefangen hat, weh zu tun. Er versucht gar nicht erst durch andere Mittel und Methoden die Schmerzen zu bekämpfen, denn er sieht keinen Sinn mehr darin. Und während House in seinem Büro sitzt und die positive Energie, die er zu Beginn der Folge noch hatte, schwinden sieht, spielt im Hintergrund "You Can't Always Get What You Want". Tja. Manchmal kann man eben nicht alles haben. Auch ein Dr. Gregory House nicht.

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"The Walking Dead", #4.13 / Lee DeWyze - Blackbird's Song


"Pack your things, leave somehow
Blackbird's song is over now
"

Foto: Larry Gilliard Jr., The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Larry Gilliard Jr., The Walking Dead
© Gene Page/AMC

"The Walking Dead" arbeitet häufig mit Musik und die Untermalung der einzelnen Szenen sind häufig durch enorm melancholische Songs ein Spiegelbild der tristen Situation, in der sich die Protagonisten befinden. Nach einer halben Staffel als Hauptcharakter wird uns in #4.13 Allein ein kleiner Einblick in die Vergangenheit von Bob Stookey gewährt. Zu einem eigens für die Serie komponierten Song, stapft Stookey alleine durch eine trostlose Welt voller Gefahren, die für ihn nur schwer zu ertragen ist. Durch das minimalistische in "Blackbird's Song" wird die Hoffnungslosigkeit dieses postapokalyptischen Amerikas ungeheuer greifbar und es wird ein wenig klarer, wieso Stookey sich in den Alkohol geflüchtet hat, immerhin musste er sich dieser Welt vollkommen alleine stellen, ohne Ahnung, wohin er gehen sollte oder was hinter dem nächsten Baum lauert. Er ist alleine, doch Zeit für Furcht und Trauer gibt es nicht, wenn er überleben will. Er muss weiter ziehen, wenn er überleben will und so wandert er weiter, tagein tagaus. Stoisch. Ohne Ziel. Resignierend. Einsam. Bis Daryl und Glenn ihn auf der Straße auflesen und ihn aus dieser Hölle des Alleinseins befreien. Eine starke Szene, die letztlich nur deswegen so großartig funktioniert, weil man einen Song ausgewählt hat, der die Stimmung des Charakters so einfängt, dass man regelrecht mit ihm mitleiden muss.

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Melanie Wolff - myFanbase

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