Bewertung

Review: #1.14 Bruderliebe

Foto: Clare Bowen, Nashville - Copyright: 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate
Clare Bowen, Nashville
© 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate

Eine Geburtstagsparty, ein Rückfall in alte Gewohnheiten, unerwartete Verbündete, Klatsch und Tratsch in der Presse sowie ein überraschender Todesfall: das ist die Themen-Mixtur der neuesten Nashville-Folge, die das Erzähltempo weiter hoch hält.

"You owe me eight years for the time I served. You owe me a life. You owe me a life supposed to be mine."

Auch wenn die Handlung um Gunnar und seinen Bruder Jason eher nebenbei abzulaufen schien, will ich darauf als erstes eingehen. Zugegebenermaßen bin ich von der Entwicklung doch ziemlich überrascht und das nicht unbedingt im positiven Sinn. Der plötzliche Tod von Jason kam zu diesem Zeitpunkt mehr als unerwartet und ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht, was sich die Autoren dabei gedacht haben. Die Geschichte um ihn fühlte sich bislang für mich noch immer sehr im Aufbau an. Mir war zum Beispiel immer noch unklar, was hier eigentlich erzählt werden soll. Warum sah sich Jason genötigt, eine Waffe bei sich zu tragen. Fühlte er sich bedroht von Altlasten aus der Vergangenheit? Es sah bislang auch ein klein wenig danach aus, als könnte Jason ein Auge auf Scarlett geworfen haben. Die in gemeinsamen Szenen häufig sehr gute Chemie und Vertrautheit der Brüder, hätte dadurch wieder kräftig ins Wanken kommen können. Da will ich übrigens noch einmal das Casting loben, denn auch optisch sind die beiden das perfekte Bruderpaar.

Um so mehr ärgert es mich, wie wenig die Autoren aus dieser Konstellation gemacht haben. Auf einmal ist Jason tot und damit die große Chance vertan, hier noch eine spannende Geschichte erzählen zu können. Das durch die Figur des Jason vorhandene Potential wurde überhaupt nicht genutzt und die Geschichte zu einem Ende gebracht, bevor sie eigentlich erst richtig beginnen konnte. Offenbar hatten die Macher hier ein einschneidendes Ereignis für Gunnar im Sinn, das diesem Charakter eine bestimmte Richtung für Kommendes geben soll. Er wurde ja bereits von Schuldgefühlen geplagt, weil er Jason damals im Stich ließ und nun wird er sicher auch noch die Schuld für dessen Tod auf sich nehmen wollen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man sich das auch noch für einen späteren Zeitraum hätte zurückbehalten können. Dass dann Scarlett zum Trost von Gunnar auch noch mit ihm zu schlafen scheint, macht das alles auch nicht besser. Zu Scarlett passt ein solches Verhalten meines Erachtens nämlich überhaupt nicht.

"I don’t think it is a phone call kind of a conversation."

Die Reaktion von Rayna auf Teddys Verhältnis mit Peggy fällt doch relativ verhalten, aber durchaus positiv aus. Zunächst einmal bleibt sie die fürsorgliche Mutter, die auf das Wohl der Kinder bedacht ist, in dem sie sie vor der Presse schützen will und auch vor der Konfrontation mit Peggy. Das macht sie Teddy unmissverständlich klar und lässt es dabei dann auch bewenden. Für mich ist das auch ein Zeichen, dass sie mit der Ehe bereits abgeschlossen hat. Ganz im Gegenteil zu der Sache mit Deacon, der sich, informiert durch die Presse, natürlich auch Sorgen um Rayna macht. Da gefällt mir auch Raynas Erkenntnis gut, dass sie es Deacon quasi schuldig ist, mit ihm besser persönlich anstatt am Telefon zu sprechen. Auch wenn ihre Unterhaltung im Bluebird selbst keine große Entwicklung mit sich bringt, so zeugt doch ihr vorgetragener Song "Stronger Than Me" von ihrer gemeinsamen von Höhen und Tiefen begleiteten Zeit von ihren wahren Gefühlen und ihren damit verbundenen Ängsten für die Zukunft. Deacon hat das unter den Zuhörern sicher am besten verstanden.

Positiv überrascht hat mich übrigens Lamar mit seinen bestärkenden Worten an Rayna ("Rayna, you didn’t do anything wrong. Don’t you dare walk down the street anything less than proud to be who you are."). Er kann also auch ganz anders, als nur poltern und intrigieren. Auch Rayna scheint davon berührt zu sein, auch wenn sie ihm das nicht mit Worten oder einer Umarmung zeigen kann. Dennoch scheinen ihr die Worte die Kraft verliehen zu haben, sich nicht einschränken zu lassen und trotz der Presse auf Deacons Party zu gehen. Selbst eine weitere Spitze von Juliette gegen sie, kann ihr da nichts mehr anhaben.

"For the record 'Old Yeller' is not a sad movie, it is the uplifting tale of the unconditional love between a boy and his dog."

Rund um Deacons Party gab es aber noch eine Reihe weiterer erwähnenswerter Szenen, die diesen Handlungsstrang zu einer runden Sache machten. Schön war zum Beispiel Juliettes Idee, Scarlett als Lockvogel für Deacon einzusetzen. So entstand nicht nur erstmals eine richtige und begrüßenswerte Verbindung der Handlungsstränge dieser beiden Figuren, sondern auch eine recht kuriose Szene mit Juliettes nächtlichem Besuch bei Scarlett ("Don’t be afraid."). Scarletts darauf folgender Besuch bei ihrem Onkel profitierte erneut von der guten Chemie der beiden und überzeugte zudem mit Scarletts smarten Cupcake-Trick, den ich mir unbedingt merken muss. Lustig waren dann noch Juliettes Bemerkung zum Auftritt von Scarlett und Gunnar auf der Party ("Idon’t know they were that good. I might not asked them to get on stage with me.") und vor allem Deacons hilfloser Gesichtsausdruck, als er mit Juliettes geschenktem, süßen Welpen allein vor seinem Haus steht. Da hat sie seine Worte zu seinem Lieblingsfilm wirklich geschickt aufgegriffen. Nicht zu vergessen ist die Party aber auch gespickt mit einer Reihe von bekannten (Country) Musikern. Vince Gill, Kip Moore, Dan Auerbach von "The Black Keys", Pam Tillis oder auch die an einigen Nashville-Songs beteiligte Songwriterin Kate York wurden hier nicht nur als reine Statisten eingebunden. Erneut eine tolle Würdigung der Country Music Szene. Warum auf einer Party allerdings nur Balladen zum Besten gegeben werden, anstelle stimmungsmachender Songs, bleibt mir ein Rätsel. Toll waren die Songs aber trotzdem.

"Here’s what I don’t understand: Why ask your mum to stay with you if you don’t wanna be a part of her recovery process?"

Das ist wirklich eine gute Frage mit der sich ein weiterer Neuzugang bei "Nashville" präsentiert. Dante ist der Suchtberater von Jolene und soll offenbar auch zusammen mit Juliette die Therapie seines Schützlings fortführen. Juliette macht es ihrer Mutter wirklich alles andere als leicht, beachtet zu werden und so muss man sich durchaus fragen, warum sie Jolene überhaupt zu sich geholt hat. Die am Ende gebotene Erklärung, warum Juliette die Ausrichtung von Deacons Party wichtiger war als ihre Mutter, kann da eigentlich nur ein kleiner Bestandteil des Ganzen sein. Dass Juliette durch Jolenes Abhängigkeit keine einfache Kindheit hatte, wissen wir ja schon länger, so dass die besprochene Episode um ihren neunten Geburtstag jetzt auch keine ganz neuen Erkenntnisse brachte. Dass sie sich damals den Tod ihrer Mutter wünschte, ist allerdings schon etwas heftig, wenn man sich ihres damaligen Alters bewusst wird. Mir gefiel es aber durchaus gut, wie sehr sich Juliette nach dem Rückfall der sich wohl zu wenig beachtet gefühlten Jolene um ihre Mutter kümmerte. Das war überraschend liebevoll und Juliette wirkte aufrichtig besorgt um sie. Die Öffnung gegenüber Dante tut ihr möglicherweise selbst gut und kann Mutter und Tochter vielleicht wirklich wieder näher bringen. Dante erwies sich bislang auf jeden Fall als guter Zuhörer und angenehmer Zeitgenosse. Ich bin gespannt, welche Entwicklung dieses Dreiergespann nun nehmen wird.

"Because like you I’ve now seen first hand how Lamar does business and I want no part of it."

Abseits der persönlichen Dramen und Konflikte, geht es dieses Mal auch wieder um die Politik und Teddy scheint mit der Trennung von Rayna auch einen generellen Befreiungssschlag von ihrer Familie in Angriff nehmen zu wollen. So langsam bekommt er Oberwasser gegenüber Lamar und es zollt mir durchaus Respekt ab, dass er sich im persönlichen Gespräch mit seinem Schwiegervater so vehement gegen eine Einmischung in sein Privatleben ausspricht. Der Überraschungscoup schlechthin gelingt ihm aber mit der Verpflichtung von Coleman als stellvertretender Bürgermeister. Das hätte ich Teddy gar nicht zugetraut und verspricht nun auch direkt neues Konfliktpotential mit Lamar, der darüber sicher alles andere als amüsiert sein wird. Ein Eigentor hat sich Teddy meines Erachtens aber mit der Verpflichtung von Peggy für sein Team geschossen. Die Scheidung ist bereits an die Presse gedrungen und im Rahmen der Aufarbeitung durch die Klatschpresse, wird doch sicher auch das Verhältnis von Peggy und ihm an die Öffentlichkeit dringen. Eine solche Vergabepraxis von Beraterposten an die Geliebte wird doch wohl kaum positiv aufgenommen werden. Unter der von Peggy angesprochenen "smarten" Entscheidung verstehe ich etwas anderes.

"Well, 'sure' is not the right word when it comes to music, son. That’s my advice."

Avery spielt in der Folge wieder einmal nur eine untergeordnete Rolle. Er zweifelt nach wie vor an der Richtung, die seine Musik gerade einschlägt und tut zur Abwechslung sogar einmal das Richtige, indem er den gerade zufällig getroffenen Watty um einen Rat bittet. Zuletzt schien Avery stets selbst am besten zu wissen, was richtig ist. Und auch wenn Wattys Rat ziemlich verklausuliert daher kommt, scheint mir bei Avery eine Änderung in seinem Denken einzusetzen. Welche Folgen das genau für ihn und seine Karriere haben wird, werden wir dann sicher schon bald zu sehen bekommen.

Fazit

Die Folge wurde mir durch das überstürzte Abhandeln der Geschichte um Jason leider etwas verhagelt. Hier wurde mir einfach zu viel Potential mit dieser Figur verschenkt und die ganze Story wirkt, rückblickend einfach wenig ausgegoren. Deacons Party, sein Aufeinandertreffen mit Rayna, die vielen realen Gaststars und die Songs gefielen mir dagegen sehr gut. Mit Dante scheint es zudem eine neue Figur zu geben, die tatsächlich zu einer Annäherung von Juliette und Jolene führen könnte. Da bin ich schon gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird. Teddy wusste mit der Sache um Coleman zu überraschen, agierte im Hinblick auf Peggy aber doch eher ungeschickt. Das könnte ihm noch zum Verhängnis werden.

Jan H. - myfanbase

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