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Communicaution

This Monkey Is An Artist

Losgelöst von jeglicher musikalischen Verpflichtung schnappt sich der Luxemburger Eric Rosenfeld seine Akustikgitarre und verschafft sich unter dem Synonym "Communicaution" Gehör. Er hat sich von seinen Bands "Rise Up" und "Broken Stars", in denen er für gewöhnlich recht amtlichen Skate-Punk praktiziert, verabschiedet und beschreibt sein neues Projekt folgendermaßen: "It's an all acoustic thing. So just me, my fucked up voice and my crappy acoustic guitar. I guess I started this ‘cause I just write too damn many songs to do ‘em all with the bands I'm in."

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"Hallo, ich bin Eric und halte ziemlich wenig von mir selbst. Ich bin nicht gerade der Schönste, die Ladies reißen sich nicht um mich und mein Gesicht hat verblüffende Ähnlichkeit mit dem eines Affen. Hab ich irgendwann im Laufe der Zeit realisiert, dann ging's abwärts. Ich bin daraufhin in ein mentales Loch gefallen. Seitdem sauf' ich auch wie eines. Spiele normalerweise in zwei Bands, lasse dort Dampf ab. Bin da aber erstmal ausgestiegen, mache jetzt mein eigenes Ding. Mag mich nicht so, rede ständig vom Sterben und vom Selbstmord. Würde wahrscheinlich eh keinem auffallen, wäre ich weg. Vor allem nicht den Frauen, bei denen hab ich sowieso keine Schnitte. Ich bin schon ein armes Schwein… Ist zum Verrücktwerden. Hatte ich schon erwähnt, dass ich mich nicht besonders gut leiden kann?"

So oder so ähnlich würde es klingen, wenn sich Eric Rosenfeld einer Selbsthilfegruppe für anonyme Alkoholiker und/oder potenzielle Kamikazen vorstellen würde. Genau genommen wäre er bei ihnen nicht nur richtig aufgehoben, sondern vor allem in guter Gesellschaft. Männer und Frauen, des Lebens müde, die mitunter nicht nur seine Psychosen teilen, sondern auch nachvollziehen können, was es heißt, ein Drahtseilakt zwischen Genie und Wahnsinn zu vollführen. Die sich ohne fachmännische Anleitung vielleicht nicht heilen, aber immerhin heil durch den Tag bringen können. Durch einen weiteren, vergeudeten Tag.

Und Eric? Geht nicht hin und therapiert sich selbst. Der singt einfach weiter. Ohne Band(s) und ohne Selbsthilfegruppe. Plus ganz viel Frust, Wut und Traurigkeit, noch mehr Zigaretten und literweise Fusel. Minus Rücksicht auf Verluste: "I'm drinking early today. The same pain inside my lungs. I feel so dead inside. My mind won't play tricks on me/ 'cause I killed it an hour ago."

Fassen wir zusammen: Eric Rosenfeld trinkt, raucht und bringt mentale Krisen aufs Papier. Nur: Wie kann das möglich sein? Sämtliche Psychiater dieser Welt müssten aufschreien, luxemburgische Sanatorien ihre Zimmer leeren (Sprich: Alle Hypochonder raus!), wenn man hört, was unser Sorgenkind so alles zu berichten hat. Von Freunden viel zu oft verraten, von Frauen viel zu oft enttäuscht rechnet er kurz und bündig mit ihnen ab: "Do you regret all the times where you were right and I wrong? Turn my back. never needed you in any way. I do not have the time to talk to you!" und genau mit diesen Worten endet dann auch prompt "Hell Of A Friend", auf dem zurückgeschossen wird. Längst nicht immer so bestimmt geht es in den Songs zu, die Eric der Frauenwelt gewidmet hat: "I'm telling myself that I gotta keep this up/‘cause I never meet another like you. But the harder I try/the harder I fail." Eine gehörige Portion Unsicherheit und Selbstzweifel schwingen in seinen Worten mit, als er ein Mädchen besingen will, es aber nicht übers Herz bringt: "I wrote you this song but I won't sing it to you." Die traurige Begründung: "‘Cause you'll laugh and I'd die inside." Der selbsternannte Affenmann hat kein Glück beim anderen Geschlecht. Dabei meint er es eigentlich nur gut: "There's nothing that I'd rather feel than your company lying next to me and to see your eyes alive again and not just trying to pretent […] I could've be the one that saving you if you'd just given me a chance to stay at your side."

Aber – vergeblich. Die Frau lässt ihn nicht und es folgt –zum wiederholten Male– der Griff zur Flasche: "I admit I drank the whole week. How could you accept what I'm doing to myself?" Allheilmittel Alkohol. Also ab in die Nervenklinik – denn Vorsicht ist nicht nur die Mutter der Porzellankiste. Aber selbst hinter verschlossenen Türen scheint er vor sich selbst nicht sicher, denn: "Today I might turn myself in. You'll find me hanging on a rope in my cell. […] There's a sound/ a sound of a neck that cracks." Ein kalter Entzug muss auch her. Denn unser Problemfall ertränkt sein Leid, und wenn er nicht aufpasst auch irgendwann sich selbst, nur allzu gern im Alkohol. Der ist, könnte man meinen, neben der Musik, die er macht, sein einzige Freude im Leben: "All I really like is the shit you're listening to and just hang out drunk getting this stupid smile." Die gute Laune steigt und fällt also proportional zum Promillepegel. An dem orientiert sich der Zigarettenkonsum. Beides wiederum nimmt offensichtlich Einfluss auf die Songqualität. Denn auch wenn es vielleicht verwundert, dass er sich überhaupt noch auf seinen eigenen halten kann: Was der wie ein Schlot rauchende Trunkenbold zwischen beachtlich hohem Nervengift-Verschleiß und ausgefeiltem Denkertum auf die Beine stellt, ist ein erfrischend ehrlicher Cocktail aus Ironie, Selbstmitleid und Verdruss.

Die Leiden des jungen Rosenfeld – auf einem Album zusammengefasst. Bilderbuch-Neurosen und hausgemachter Trübsinn – auf 14 Songs und gerade mal 35 Minuten Laufzeit untergebracht. Die personifizierte Unzufriedenheit greift zur Akustischen und meldet sich zu Wort. Und die Lieder, deren Texte Eric mit unheimlich viel Fingerspitzen- und Feingefühl zu Papier, gehören erhört.

PS: Gute Nachrichten für hoffnungslose Romantiker. Die Liebe ist noch lang nicht tot. Denn selbst ein Sauertopf oberster Güte Eric Rosenfeld mit tendenzieller Trunksucht findet als sprichwörtliches blindes Huhn auch mal ein Korn. In diesem Falle: (S)eine Frau. Und der dankt er so liebevoll und aufrichtig in seinem Booklet ("my better half eilidh – for inspiration and showing me what a real smile is about"), dass sich die eine oder andere ärgern würde, dem Äffchen weder Aufmerksamkeit, noch Zucker oder geschweige denn Liebe gegeben zu haben.

Anspieltipps

If I Could Make It Rain, It Would Never Rain.

Hell Of A Friend

Just What I Needed

Situation

Break The Glass!

Tracks

1.Justification failed.
2.Smile Monkey, Smile!
3.Like Hell
4.See You Soon.
5.You’re Not Dead!
6.Cursed
7.If I Could Make It Rain, It Would Never Rain.
8.Hell Of A Friend
9.Just What I Needed
10.Situation
11.From Lung To Lung
12.Silently Gone
13.You Are Dead!
14.Break The Glass!

Aljana Pellny - myFanbase
19.06.2006

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